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Ständerat lässt neues AKW als «mögliches Szenario» prüfen

Sperrzone um das AKW Tschernobyl.
Sperrzone in Tschernobyl.Bild: Shutterstock

Ständerat lässt neues AKW als «mögliches Szenario» prüfen

06.03.2024, 13:41
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Der Ständerat rüttelt ein wenig am 2017 beschlossenen Verbot des Baus neuer Atomkraftwerke. Er hat ein Postulat angenommen, in dem steht, zur Sicherung der Stromversorgung sei der Neubau von AKW's als «mögliches Szenario» zu prüfen.

Der Satz ist Bestandteil eines Postulats von FDP-Präsident Thierry Burkart, dessen einzelne Punkte der Ständerat am Mittwoch mit deutlichen Mehrheiten annahm. Der Vorstoss geht damit zur Umsetzung an den Bundesrat.

Im Postulat fordert der Aargauer Ständerat den Bundesrat primär aufzuzeigen, was getan werden muss, damit die Schweizer AKW in einen Langzeitbetrieb gehen könnten.

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FDP-Präsident Thierry Burkart.Bild: keystone

Im von Burkart verlangten Bericht soll die Landesregierung aber auch aufzeigen, wie sich der Strommix in der Schweiz entwickelt und wie viele Stromerzeugungsanlagen bis 2030 aufgebaut werden müssen. Dies, damit die bestehenden AKW ohne Risiko für die Versorgungssicherheit ausser Betrieb genommen werden können.

Burkart schreibt:

«Dabei soll auch der Neubau von Kernkraftwerken ein mögliches Szenario sein, falls der Ausbau anderer emissionsarmer Kapazitäten zu langsam vorankommt.»

Im Rat sagte er in Bezug auf das «mögliche Szenario» AKW-Neubau, es gehe lediglich um den Auftrag, eine Auslegeordnung zu erstellen.

Wer zu gesicherten Grundlagen die Diskussion verweigere, sage aus ideologischen Gründen Nein. Die vier Punkte des Postulats stiessen – mit Abweichungen – bei Vertreterinnen und Vertretern der Mitte, der FDP und der SVP auf Zustimmung, während Grüne und Linke Nein sagten.

Burkart: «falsche Annahmen»

Die Energiestrategie 2050 des Bundes sei unter falschen Annahmen erstellt worden, sagte Burkart im Rat. Sie sei daher nicht geeignet, die künftige Stromversorgung sicherzustellen.

Der Präsident der FDP Schweiz fordert vom Bundesrat unter anderem aufzuzeigen, wie die Kostenstruktur der AKW-Betreiber entlastet oder zusätzliche finanzielle Anreize für Tiefpreisphasen geschaffen werden können. Auch soll die Landesregierung darstellen, wie der Austausch von Kernkomponenten eines Kernkraftwerks, etwa des Reaktordruckbehälters, ermöglicht werden könnte.

Die Kernenergie habe 2022 mit 36 Prozent zum verfügbaren Schweizer Strom beigetragen, sei also zentral, und leiste insbesondere in den kritischen Wintermonaten einen essentiellen Beitrag zur Versorgungssicherheit.

Auf die Bedeutung der AKWs zur Versorgungssicherheit wiesen auch andere Befürworter des Postulats hin, etwa Pirmin Bischof (Mitte/SO). Seit der Verabschiedung der Energiestrategie 2050 des Bundes habe sich die Faktenlage geändert. Ein AKW-Neubau sei zwar «völlig irreal», doch die bestehende AKW-Stromproduktion müsse gesichert werden.

Der grüne Glarner Ständerat Mathias Zopfi hingegen sagte, auf der Webseite des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI sei nachzulesen, dass ein Reaktordruckbehälter nicht ersetzt werden könne. Das Postulat sei unnötig. Aus ideologischen Gründen könne man auch ein Postulat dieses Inhalts einreichen und ihm zustimmen.

Zopfi erhielt Unterstützung von Céline Vara (Grüne/NE) und Mathilde Crevoisier Crelier (SP/JU). Letztere sagte, das Postulat stimme nicht mit dem vom Volk genehmigten Atomausstieg überein.

Für Rösti sinnvoller Antrag

Der Bundesrat beantragte Annahme des Postulats und schrieb, ein Ja dazu stelle kein Präjudiz für die Aufhebung des Neubauverbots von Kernkraftwerken dar. Die Berücksichtigung des «möglichen Szenarios» bedeutete, dass «in voller Kenntnis der Sachlage Entscheide getroffen werden können.»

Thierry Burkart, FDP-AG, links, spricht mit Bundesrat Albert Roesti, rechts, waehrend der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 29. Februar 2024 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE ...
Umwelt- und Energieminister Albert Rösti mit Thierry Burkart.Bild: keystone

Umwelt- und Energieminister Albert Rösti sagte im Rat, es gehe um die Versorgungssicherheit. Derzeit brauche es sowohl den Aufbau neuer erneuerbaren Energien und die Kernkraft. Die von Burkart geforderten Abklärungen lägen nicht vor. Das Postulat sei also sinnvoll.

Ab dem Jahr 2029 werde entschieden, ob die beiden AKWs Beznau I und II ab 2032 vom Netz genommen würden. Er wisse heute nicht, woher die rund sechs Terawattstunden Strom kämen, wenn die beiden Meiler stillgelegt würden, so Rösti. (yam/sda)

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216 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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scrum-half
06.03.2024 13:14registriert Oktober 2023
Täubelei Marke Burkart. Der Ober-Ideologe wirft anderen vor, sei seien Ideologen 🤦🏼‍♂️
Man schaue auf das im Bau befindliche AKW Hinkley Point C in Grossbritannien. Die Kosten stiegen von 21 Milliarden inflationsbereinigt auf 50 Milliarden Euro. Ein Wahnsinn. Die Dinger sind ein Fass ohne Boden und der von einem neuen AKW produzierte Strom wird unbezahlbar. Nach bewährter FDP Art wird die Industrie einen Kumpelpreis erhalten. Während der Mittelstand dann die 50 Milliarden amortisieren darf. Wer noch FDP wählt, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen
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Aldous Huxley
06.03.2024 13:44registriert Oktober 2022
...unter anderem aufzuzeigen, wie die Kostenstruktur der AKW-Betreiber entlastet oder zusätzliche finanzielle Anreize für Tiefpreisphasen geschaffen werden können.

Kommt einfach nicht auf die Idee ein AKW, Betrieb oder/und Rückbau mit Steuergeldern zu finanzieren.
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sgianfer
06.03.2024 13:46registriert Juli 2015
Albert Rösti und Thierry Burkart verschwenden hier Zeit und Steuergeld welche man beide für andere Projekte benötigen würde (Solar- und Windenergieprojekte).
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