Die Botschaft an die Schweiz sollte klar, verbindlich und ein Signal der Einigkeit sein. So hörte man es im Vorfeld des Treffens der Europa-Minister vom Dienstag in Luxemburg, an dem eine Aussprache über die laufenden Verhandlungen mit der Schweiz auf dem Programm stand.
Im Anschluss an das Treffen muss man sagen: Ziel erreicht. Die 27 EU-Mitgliedsstaaten schlossen die Reihen und stellten sich hinter die EU-Kommission und ihre Verhandlungsstrategie gegenüber der Schweiz.
Der Schweizer Forderung nach einer einseitigen «Notbremse» für die hohe EU-Zuwanderung erteilten sie eine Absage. Europa sei nicht ein «Menu à la carte», wo man sich heraussuchen könne, was einem gerade passe, sagte Luxemburgs Aussenminister Xavier Bettel bei der Ankunft.
Deutschland und Frankreich, die EU-Schwergewichte und grossen Nachbarn der Schweiz, betonten beide, die Freizügigkeit sei fester Bestandteil des Binnenmarktes, den es in seiner Einheit zu schützen gelte. Ähnlich klang es von Schweden aus dem hohen Norden. Und der spanische Minister machte den direkten Link zum Brexit-Abkommen, wo man den Briten auch keine Ausnahme zugestanden habe.
Maros Sefcovic, der für die Schweiz zuständige Vize-Präsident der EU-Kommission, fasste die Diskussion so zusammen: «In der EU gibt es keine Unterstützung für eine einseitige Schutzklausel und das haben wir der Schweizer Seite auch bei verschiedenen Gelegenheiten so mitgeteilt, inklusive auf der politischen Ebene».
Sefcovic verweist hier nicht nur auf die Kontakte, die er mit Aussenminister Ignazio Cassis hatte. Sondern offensichtlich auch auf das kürzliche Treffen zwischen EU-Kommissions-Chefin Ursula von der Leyen und Bundespräsidentin Viola Amherd in Genf.
Und Sefcovic hatte noch einen Fingerzeig: Die Freizügigkeit von Studierenden sei etwas, was von vielen Mitgliedsstaaten angesprochen wurde. Man kann es als Warnung verstehen: Falls ihr zusätzliche Forderungen habt, haben wir auch welche.
Aber auch in Sachen Terminkalender macht die EU-Seite nun deutlich Druck. Es sei die Absicht, sich an die gegenseitig abgegebene Zusage zu halten und die Verhandlungen bis Ende Jahr abzuschliessen, sagte die ungarische Ratspräsidentschaft, deren Minister Janos Boka das Ministertreffen leitete.
Angesprochen auf den Fakt, dass die neuen EU-Abkommen dereinst eine Volksabstimmung überstehen müssten und das ohne Zugeständnisse bei der Freizügigkeit schwierig werden könnte, hatte Boka eine klare Botschaft: Das Ergebnis müsse ausgewogen sein und die Interessen der EU respektieren.
Natürlich wisse man auch, dass es verfassungsrechtliche Hürden in der Schweiz gebe, um das Verhandlungsresultat zu validieren. Aber das sei «etwas, was die Schweiz regeln muss, sobald die Verhandlungen abgeschlossen sind». Oder wie es in EU-Diplomatenkreisen zu hören war: «Die Schweizer Volksabstimmungen sind nicht unser Problem.» Die Mitgliedsstaaten hätten auch ihre roten Linien und die EU-Kommission wisse ganz genau, wie weit sie gehen könne.
In diesem Sinn geht man bei der EU davon aus, dass mehr Zeit nicht mehr zu einem besseren Resultat führt. Alles liege auf dem Tisch, alles sei lösbar, heisst es. Bei der Freizügigkeit werde es keine grossen Verschiebungen mehr geben. Aufs Tempo gedrückt wird zudem, weil man weiss, dass das politische Klima in der Schweiz nicht besser wird.
Tatsächlich gibt es längst nicht nur die übliche Total-Opposition der SVP, sondern auch die frisch lancierte Initiative des EU-skeptischen «Kompass Europa»-Komitees um die Unternehmer Fredy Gantner und Urs Wietlisbach. Weil der Bundesrat erst in die öffentliche Debatte eingreifen will, sobald das Verhandlungsresultat vorliegt, wird das Feld dem Gegner überlassen.
Deshalb sieht der Plan nun anscheinend so aus, die Verhandlungen so weit voranzutreiben, dass sich der Bundesrat in einer für Anfang November geplanten Europa-Klausur über das provisorische Resultat beugen kann. Er kann es dann annehmen. Ablehnen. Oder aber in einem letzten Anlauf nochmals sein Verhandlungsglück suchen.
(aargauerzeitung.ch/lyn)
Und die SVP Schweizer werden trotzdem behaupten es gehe alles so wie die Schweiz wolle.
Dann nächste Prognose: Wir nehmen die Zuwanderungsinitiative an, die EU sagt "sorry Bro mir heiders ja gseit" und dann jammert die SVP wieder vom nicht umgesetzten Volkswillen.
Nähere Anbindung an die EU und NATO ist gefragt, nicht weniger.