Es ist keine einfache Zeit für die Schweizer Landesregierung. Sie muss Donald Trump dazu bringen, die hohen Zölle aufzuheben oder wenigstens zu reduzieren. Dann gibt es weitere Herausforderungen: Welches Mitglied des Bundesrates besucht den Eurovision Song Contest in Basel?
Die Klärung dieser Frage war kompliziert. Die Regierung stand kurz davor, einen Krisenstab einzusetzen – der freilich Taskforce genannt worden wäre. Es müssen ja nicht alle darauf aufmerksam gemacht werden, wie gravierend das Problem ist, das einer Lösung harrt.
Die Schweiz hat den paneuropäischen Gesangswettbewerb seit 1988 nicht mehr ausgerichtet. Nach einem zwischenzeitlichen Tief ist die Veranstaltung wieder populär. Wer wird da nicht gerne als Ehrengast eingeladen? Man schreitet über einen roten oder andersfarbigen Teppich, wird verpflegt, lässt sich in einer Loge nieder, tauscht sich mit anderen Honoratioren aus. Man kommt sich wichtig vor.
Nun gibt es sieben Bundesräte, aber nur ein Eurovision-Finale. Schwierig. Jemandem in der Bundesverwaltung fiel brühend heiss ein: Da sind noch die beiden Halbfinals. Ergibt bereits drei Plätze für Mitglieder des Bundesrates.
Die Lösung schien nahe. Elisabeth Baume-Schneider ist für Kulturbelange zuständig – sie vertritt die Regierung am Final. Albert Rösti wacht über das Mediendossier – er besucht den zweiten Halbfinal. Beat Jans ist Stadtbasler – er besucht den ersten.
Es schienen alle zufrieden. Zumal Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter ihr Desinteresse am Song Contest bekundet hatte. Dann jedoch: die Peripetie. So nennt man im klassischen Drama einen plötzlichen Umschlag. Den Wendepunkt.
Die Regierungsräte des Kantons Basel-Stadt luden den vormaligen Kollegen Beat Jans ans Finale ein. Böse Zungen sagen: Dem Justizminister sei selber die Idee gekommen, dass die Exekutive des Stadtkantons aktiv werden könnte. Jans sah jedenfalls keine Veranlassung mehr, dass er sich mit einem Halbfinale zufriedengeben sollte.
Irritiert war Bundesrat Rösti. Sollte er sich als einziger Bundesrat mit einer Vorausscheidung abspeisen lassen, während Baume-Schneider und Jans am Finale herumstolzieren? Äuä de scho.
Albert Röstis Medienchefin Franziska Ingold erklärt auf Anfrage: «Wir verzichten auf einen Besuch des Song Contest, weil bereits zwei Bundesräte am Finale sind.»
Zerknirscht ist nun die Veranstalterin des Wettsingens. Hatten sich der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung der SRG nicht nach Kräften um ein gutes Einvernehmen mit dem Medienminister bemüht, der dem öffentlichen Rundfunk eher skeptisch gegenübersteht?
Wäre der Song Contest nicht eine Gelegenheit gewesen, um Bundesrat Rösti aus der Nähe zu zeigen, wie professionell die SRG arbeitet? Wie sie eine richtig grosse Kiste stemmt? Hätte man in der VIP-Zone hinter der Bühne nicht mit Champagner anstossen können auf eine gedeihliche Zusammenarbeit?
Am 17. Mai besuchen die Bundesräte Baume-Schneider und Jans das Finale des Song Contest. Die Präsidentin des Nationalrats wird in der St. Jakobshalle Basel sein, der Präsident des Ständerates und sogar mehrere Amtsdirektoren. Albert Rösti aber bleibt zu Hause.