31 Prozent: Die US-Strafzölle auf Schweizer Güter führten beim Bundesrat zu einem bösen Erwachen. «Enttäuscht» zeigte sich Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter letzte Woche nach Donald Trumps Ankündigung. Enttäuscht, spottete SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer am Mittwoch in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen, könne man nur sein, «wenn man das nicht erwartet hat, wenn man es nicht hat kommen sehen».
Mittlerweile konnte Wirtschaftsminister Guy Parmelin mit dem US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer telefonieren. Es war der erste Kontakt überhaupt eines Bundesrates mit einem Vertreter der Trump-Regierung. Über den Inhalt des Gesprächs wurde Stillschweigen vereinbart. Immerhin so viel: Man bleibe im Gespräch. Stille Diplomatie nennt man das in Bundesbern.
Das versucht auch die Staatssekretärin für Wirtschaft, Helene Budliger, in Washington. Seit Sonntag ist sie dort. Sie nutze «alle Kanäle, um mit den US-amerikanischen Behörden in Kontakt zu treten», teilte ihre Medienstelle mit. Die Staatssekretärin führte bis Mittwoch verschiedene Gespräche, «um unseren Partnern in den USA die Situation der Schweiz zu erklären und mögliche Missverständnisse auszuräumen».
Sie soll auch den Besuch von Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter in Washington vorbereiten. Die beiden nehmen am 23. April am Frühlingstreffen des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank teil. Die Erwartungen an diese Reise innerhalb des Bundesrates sind gross. Die Vorbereitungen zielen darauf ab, dass sich Parmelin und Keller-Sutter mit Vertretern aus dem innersten Zirkel von Trump treffen können.
Wie erfolgreich Budligers USA-Reise war, ist offen. Sie hatte keine Zeit um Medienanfragen zu beantworten.
Der Bundesrat hat nun aber realisiert, dass er das Team neu aufstellen muss – um schlagkräftiger zu werden. Zwar besteht bereits seit längerem eine interdepartementale Arbeitsgruppe – doch diese sei sehr, sehr gross, wird moniert. Deshalb hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden, eine «Steuerungsstruktur »zu errichten. Er hat eine «Projektorganisation eingesetzt, die die Beziehungen zwischen der Schweiz und den USA steuern soll.» Die Kontakte mit den USA sollen intensiviert werden, um Lösungen für offene Fragen, insbesondere in den Bereichen Handel, Wirtschaft und Finanzen, zu finden.
Die neue Struktur, der Bundesrat vermeidet das Wort Krisenstab tunlichst in seiner Medienmitteilung, tritt sofort in Kraft. Sie besteht aus einer Kerngruppe, einer erweiterten Gruppe und einem Sondergesandten für die USA. Der Bundesrat hat Gabriel Lüchinger, Chef der Abteilung Internationale Sicherheit im EDA, zum Sondergesandten des Bundesrates für die USA ernannt. Diese vorübergehende Funktion sorge für einen gezielten und ergänzenden Kontaktkanal mit Schwerpunkt auf der internationalen Sicherheit.
Lüchinger war einst Generalsekretär der SVP Schweiz und kandidierte 2023 erfolglos für das Amt des Bundeskanzlers. Lüchinger verfügt über ein gutes internationales Kontaktnetz: Er hatte die Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock organisiert. (aargauerzeitung.ch)