Es gibt nicht viele Dinge, auf die man sich im Fussball-Zirkus, der von Schnelllebigkeit und Fluktuation lebt, verlassen kann. Aber eine Regel, die konnte man eigentlich immer anwenden: Ist Fabian Frei fit, dann spielt er beim FC Basel. Egal, ob es die erste Cup-Runde ist oder ein Europacup-Halbfinal. Egal, ob der Trainer Paulo Sousa oder Patrick Rahmen heisst. Frei, der ewige Fabian Frei, spielt. 543 Mal hat der Rekordspieler das für den FCB schon getan.
Seine Position, sie war jeweils Grund zur Diskussion. Mal war er Sechser, mal Zehner, mal Innenverteidiger. Manchmal alles in einem Spiel. Manchmal wechselte er in einer Saison mehr als nur einmal die eigentlich angedachte Rolle. Was aber nie zur Diskussion stand: sein Wert.
Zwar gab es unter Trainer Alex Frei im Herbst der Saison 2022/23 eine kleine Ausnahme dieser Regel. Frei spielte plötzlich kaum mehr, musste sich öffentlich erklären und Fragen zu seinem Fitnesszustand beantworten - nur um dann zur WM 2022 in Katar zu fahren und noch stärker zurückzukommen, vielleicht sogar so fit wie nie. Und siehe da, die Regel setzte wieder ein: Frei spielt.
Doch beim FC Basel ist mittlerweile vieles nicht mehr so, wie man es mal kannte. Ende letzten Jahres war der Klub plötzlich Tabellenletzter. In dieser Spielzeit spielt er erstmals seit 25 Jahren nicht europäisch mit. Und hinter Fabian Frei steht plötzlich ein riesiges Fragezeichen. In wettbewerbsübergreifend sieben Spielen stand er nur einmal in der Startelf, kam bislang gerade mal auf total 209 Einsatzminuten. Wie weiter mit dem Captain, dem Rekordspieler der Basler?
Gut möglich, dass es für Frei beim FC Basel gar nicht mehr weitergeht. Wie diese Zeitung weiss, und auch die «Basler Zeitung» diese Woche berichtete, stand Frei nahe am Abschied. Der FC Winterthur hat sich stark um die Dienste des Routiniers bemüht. Finanziell streckte sich der Klub bis zur Decke, um Frei holen zu können. Als Innenverteidiger sollte er die wackelige Defensive Winterthurs stabilisieren.
Doch der Deal kam nicht zustande. Die Parteien schafften es nicht, sich in puncto Finanzen zu einigen. Dabei hätte Frei wohl nicht einmal Ablöse gekostet. Wie zu hören ist, hätte der FCB den Vertrag mit seinem Captain aufgelöst. Der Weg wäre frei gewesen.
Dass die Basler nicht abgeneigt wären, Frei trotz seines Status' im Klub und in der Region abzugeben, ist kein Geheimnis mehr. Nach dem verpatzten Saisonauftakt gegen Lausanne wurde dem Captain nahe gelegt, seinen Vertrag aufzulösen. Weil er sportlich nicht mehr den Wert hat, den er einmal hatte. Weil er nun mal immer noch einen Lohn hat, den man beim FCB gerne einsparen würde. Und weil er, so ist zu hören, auch mannschaftsintern bereits kritisiert wurde.
Damals willigte Frei nicht ein. Vielleicht auch, weil sich die Option Winterthur zu diesem Zeitpunkt noch nicht so konkret eröffnet hatte.
Doch nach dem schwachen Saisonstart des FCW änderte sich das.. Und zumindest auf dem Papier wäre der Wechsel von Frei ein sogenannter «no-brainer». Trainer Ognjen Zaric kennt Frei aus seiner Zeit in Basel, als er Patrick Rahmen assistierte. Er wüsste, was für einen Spieler er bekäme. Zwar hat Winterthur mittlerweile mit dem 27-jährigen, früheren Nürnberg-Profi Lukas Mühl die Vakanz in der defensiven Schaltzentrale anderweitig besetzt.
Wie jedoch zu hören ist, ist das Thema Frei noch nicht ganz durch. Noch bis zum Montag (17:59 Uhr für internationale, 23:59 Uhr für nationale Deals) könnte der Flirt zwischen Frei und Winterthur in einer Beziehung resultieren. Bis dann können in der Schweiz noch Transfers getätigt werden.
Nicht nur für Winterthur, sondern auch für Frei gäbe es diverse Punkte, die für einen Wechsel sprechen würden. Der FC Winterthur ist jener Verein, in welchem Frei im Nachwuchs gespielt hatte, bevor er zum FCB stiess. Für Frei wäre es gewissermassen ein Heimkommen. Er wäre näher bei seiner Familie in Frauenfeld, wo Frei auch seinen Hauptwohnsitz hat und im Fussballklub Junioren trainiert. Er könnte wieder mit seinem guten Freund Luca Zuffi zusammenspielen. Und vor allem: Er könnte auf dem Platz stehen.
Denn in Basel dürfte das schwierig werden. Nicht nur, weil Routiniers in Basel generell keinen einfachen Stand mehr haben. Sondern auch, weil die Konkurrenz seit Freitag vor einer Woche und der Schliessung des internationalen Transferfensters nicht kleiner geworden ist.
Mit Romário Baró hat der FCB einen Spieler verpflichtet, der nicht als Ergänzung gedacht ist. Im Testspiel gegen den SC Freiburg deutete der 24-jährige Portugiese mit seiner Technik und Agilität bereits an, dass er eine Verstärkung fürs Zentrum sein kann. FCB-Trainer Fabio Celestini sagt: «Wir haben im Zentrum fünf Spieler für zwei Positionen. Das bedeutet Konkurrenz. Wenn wir Erfolg haben wollen, muss jeder seine Rolle akzeptieren.»
Auf die Frage, welche Rolle Frei aktuell spielt, sagt Celestini: «Er ist immer noch wichtig. Aber es ist der Lauf der Zeit, dass junge Spieler irgendwann die Plätze der älteren Spieler übernehmen.»
Bereits vor der Leihe des Portugiesen musste Frei hinter Leon Avdullahu und Léo Leroy hinten anstehen, war gewissermassen die Nummer drei im zentral-defensiven Mittelfeld. Stand er beim 2:3 in Lausanne noch in der Startelf, kam er seither nur noch zu Teileinsätzen. Wirklich Werbung in eigener Sache konnte er dabei nicht machen.
Vielleicht begnügt sich Frei ja mit der Rolle des Ergänzungsspielers, der noch immer Captain ist, in der Kabine weiterhin eine Führungsrolle innehat und selbstredend als Rekordspieler eines der Gesichter dieser Mannschaft ist. Ja, auch eine Identifikationsfigur, selbst mit seinem Ostschweizer Dialekt, den er nie abgelegt hat.
Es sind Fragen, die man gerne mit Fabian Frei besprochen hätte. Doch der 35-Jährige mag sich nicht äussern. Interviewanfragen lehnt er seit Wochen ab. Auch im Rahmen des Testspiels gegen Freiburg, in dem Frei 90 Minuten spielte, äusserte sich nur Trainer Celestini.
Vielleicht ist auch das schon ein bisschen bezeichnend. Denn dass Fabian Frei in schwierigen Zeiten nicht hinsteht, ist nicht die Regel. Und wäre er sich sicher, dass er in Basel bleibt, hätte er das in den letzten Tagen öffentlich mitteilen können. (aargauerzeitung.ch)