In knapp 11 Monaten wählt die Stadt Zürich Regierung und Parlament neu. Mit den Wahlen vom 8. März 2026 endet in der grössten Schweizer Stadt eine Ära: Die seit 2009 amtierende Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) hat angekündigt, nach 17 Jahren im Amt nicht mehr anzutreten. Auch Hochbauvorsteher André Odermatt (SP, im Amt seit 2010) und Schulvorsteher Filippo Leutenegger (FDP, seit 2014) treten zurück.
Im Stadtrat kommt es damit zu drei Vakanzen. In der neunköpfigen Regierung sitzen derzeit vier Vertreter der SP, zwei Grüne, ein GLP- sowie zwei FDP-Vertreter. Seit 1990 hält die SP das Stadtpräsidium. Ebenso lange verfügt Rot-Grün – zeitweise unterstützt von kleineren Parteien – über eine Mehrheit im Stadtrat.
Die besten Chancen auf das Stadtpräsidium hat die SP. «Unter normalen Umständen wird die Frage nach der Mauch-Nachfolge in der SP entschieden, der mächtigsten Partei der Stadt», hielt die NZZ fest.
Bis am Montag lief alles auf Raphael Golta als Nachfolger von Corine Mauch heraus. Der 49-Jährige sitzt seit 2014 als Sozialvorsteher im Stadtrat. Er hatte seine Kandidatur für das Stadtpräsidium vor zwei Wochen bekannt gegeben.
Doch jetzt bekommt Golta parteiinterne Konkurrenz. Am Montag verkündete Kantonsrätin Mandy Abou Shoak (35) im «Tages-Anzeiger» ihre Ambitionen. Die Sozialarbeiterin wuchs in Wetzikon ZH als Tochter zweier Akademiker auf, die aus dem Sudan in die Schweiz geflüchtet sind. Die Mutter studierte in der Schweiz Zahnmedizin. Der Vater, in seiner Heimat ein regimekritischer Journalist, arbeitete hier als Pöstler.
Abou Shoak sagt, sie verkörpere die Vielfalt Zürichs: «Viele Menschen kommen hierher, von nah und von fern, um etwas zu bewegen. Das verkörpere ich.»
Der langjährige Stadtrat Raphael Golta verfügt über den grösseren politischen Erfahrungsrucksack und dürfte die grössere parteiinterne Hausmacht haben. Spannend wird sein, wie die Basis der Stadtzürcher SP auf die Kandidatur von Mandy Abou Shoak reagiert.
Die Amtsträger der Partei kommen grossmehrheitlich aus dem arrivierten, akademisch geprägten Mittelstand. Doch die Stimmen, die eine bessere Vertretung einer jungen, migrantisch geprägten Generation fordern, sind jüngst lauter geworden. Ihre Kandidatur steht dafür, dass etwas passiere in der SP, sagt Abou Shoak:
Wer auch immer das SP-interne Duell gewinnt, wird wohl gegen eine bürgerliche Kandidatur antreten müssen. Gemäss NZZ werde hinter den Kulissen an einer Allianz von SVP bis GLP gearbeitet. Treibende Kraft dabei sei die FDP, die stärkste Kraft im bürgerlichen Lager.
Schon länger hält sich in Zürich das Gerücht, dass die Bürgerlichen mit einer Person von ausserhalb des Stadtzürcher Politbetriebs antreten wollen. Noch lassen sich die Parteien diesbezüglich nicht in die Karten blicken.
Die NZZ lancierte im Oktober 2024 den Namen Christian Jott Jenny (46). Der Humorist und Kulturveranstalter ist seit 2019 Gemeindepräsident von St. Moritz. Gegenüber der «Schweiz am Wochenende» erteilte Jenny diesen Sirenenklängen Ende 2024 jedoch – humorvoll-kokettierend – eine mehr oder weniger deutliche Absage.
Auch wenn sich eine breite Allianz hinter einer gemeinsamen Kandidatur sammeln sollte: Wie realistisch ist es, dass den Bürgerlichen eine Wende gelingt? Einfach ist das Unterfangen jedenfalls nicht. Wie in praktisch allen grossen Schweizer Städten befindet sich die Rechte auch in Zürich seit Jahren im Kriechgang.
Bei den letzten Wahlen 2022 verteidigte die FDP ihren zweiten Sitz nur knapp. Während die linke Wählerschaft jeweils diszipliniert alle Kandidierenden des eigenen Lagers auf den Stimmzettel schreibt, funktioniert die gegenseitige Unterstützung bei den Bürgerlichen deutlich schlechter.
Bei Volksabstimmungen setzen sich die linken Parteien in Zürich normalerweise problemlos durch. Einen Hoffnungsschimmer für die Bürgerlichen gab es am vergangenen 9. Februar: 53 Prozent lehnten eine deutliche Erhöhung der Entschädigungen für die Mitglieder des Gemeinderats, des städtischen Parlaments, ab. Als einzige Parteien hatten FDP und SVP die Aufstockung bekämpft. Für einmal hatten sie die Mehrheit hinter sich.
Die Eroberung des Stadtpräsidiums und das Ende der rot-grünen Mehrheit dürften dennoch ausser Reichweite liegen. Als Trostpreis arbeiten die bürgerlichen Parteien und die GLP darauf hin, wenigstens die 6:3 Mehrheit von SP und Grünen im Stadtrat abzuschwächen.
Die GLP tritt neben dem bisherigen Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri mit Gemeinderätin Serap Kahriman an. Noch offen ist, wen die FDP neben dem Bisherigen Michael Baumer ins Stadtratsrennen schickt. Denkbar ist ein freisinniges Kandidatentrio, wobei eine Person fürs Stadtpräsidium antritt. Die Mitte strebt mit Gemeinderätin Karin Weyermann eine Rückkehr in die Stadtregierung an. Die SVP, seit 1990 nicht mehr im Stadtrat vertreten, hat Kantonsrat Ueli Bamert nominiert.
Die Grünen treten voraussichtlich nur mit den Bisherigen Daniel Leupi und Karin Rykart an. Bei der SP bewirbt sich neben Raphael Golta auch die bisherige Tiefbauvorsteherin Simone Brander um die Wiederwahl. Für die beiden frei werdenden Sitze haben neben Mandy Abou Shoak auch Kantonsrat Tobias Langenegger (39) und Ex-Gemeinderätin und Co-Parteipräsidentin Gabriela Rothenfluh (50) ihre Kandidaturen angekündigt. Ein Interesse nachgesagt wird auch SP-Nationalrätin Céline Widmer (46).
Mit mindestens zwölf Kandidaturen für die neun Stadtratssitze ist zu rechnen. Der Wahlausgang am 8. März 2026 ist entsprechend offen. Fest steht nur: Erstmals seit dem vorletzten Jahrzehnt wird die oberste Zürcherin nicht mehr Corine Mauch heissen. (aargauerzeitung.ch)
Wir sind nicht in Berlin wo 2 > 10 heisst
Nächstes Mal wähle ich Sie. Aber 2 Jahre Legislativerfahrung als Hinterbanklerin ist zuwenig.
Würden solche Jobs nach nur annähernd nach privatwirtschaftlichen Anforderungen vergeben, sie würde nicht mal zur 1. Runde eingeladen werden.
Solange das auch in Bern so weitergeht, sehe ich weiterhin Stillstand. Wir brauchen qualifiziertere Leute in der Politik (links&rechts)!