Ehemaliger Präsident der SVP Zürich wegen Diskriminierung vor Gericht
Es ist lange her. Ende Juli 2019 veröffentlichte die SVP des Kantons Zürich eine Medienmitteilung, in der sie die «lasche Asylpolitik» gegenüber Eritreern kritisierte. Die Partei nahm Bezug auf ein Ereignis im Hauptbahnhof Frankfurt, das einen Monat zuvor die Öffentlichkeit schockiert hatte. Ein in der Schweiz wohnhafter Flüchtling aus Eritrea stiess eine Mutter und deren achtjährigen Sohn vor einen einfahrenden Zug. Der Knabe starb, die Mutter konnte sich in letzter Sekunde retten.
Die SVP Zürich schrieb in der Medienmitteilung: «Diese abscheuliche Tat zeigt einmal mehr auf, dass es sich bei solchen Personen um nicht integrierbare Gewalttäter handelt, die in der Schweiz nichts verloren haben.» Es dürfe nicht sein, dass wir mit unserem Gut-Menschen-Denken solchen Personen Asyl gewährten und gleichzeitig unsere Familien, insbesondere Frauen und Kinder, in Gefahr bringen würden.
Diese Zeilen haben möglicherweise strafrechtliche Konsequenzen. Am 14. Mai muss der ehemalige interimistische Präsident der Zürcher SVP, Patrick Walder, vor dem Bezirksgericht Uster antraben. Die Staatsanwaltschaft legt ihm einen Verstoss gegen die Antirassismus-Strafnorm zur Last, weil Eritreer in der Schweiz als grundsätzlich gewalttätige und nicht integrierbare Personen dargestellt und so in ihrer Menschenwürde herabgesetzt würden. Die Staatsanwaltschaft fordert eine bedingte Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 210 Franken sowie 800 Franken Busse.
Publik gemacht hat den Gerichtstermin am Montag der Eritreische Medienbund Schweiz, der zusammen mit dem Verein Linke PoC im Herbst 2019 Strafanzeige eingereicht hatte. «Es geht nicht nur um entwürdigende Worte, sondern reale Folgen: Diskriminierung im Alltag, Entrechtung und Gewalt», sagt Semira Abebe, Sprecherin des Eritreischen Medienbundes. Wenn demokratisch gewählte Politikerinnen und Politiker in offiziellen Stellungnahmen gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen hetzten, würden Rechtsstaat und Demokratie untergraben.
Patrick Walder sitzt für die SVP im Kantonsparlament. Er verteidigt die Medienmitteilung, die er als damaliger SVP-Präsident zu verantworten hat: «Es ging darum, die Problematik der Kriminalität von Personen aus dem Asylbereich aufzuzeigen. Wir kritisierten damit auch die Asylpolitik des Bundes», sagt er. Die Medienmitteilung enthalte keine generellen Pauschalisierungen.
Strafanzeige auch gegen SVP Schweiz
Der Eritreische Medienbund reichte im Oktober 2023 erneut eine Strafanzeige ein, dieses Mal gegen die SVP Schweiz wegen der Wahlkampagne, in der die wählerstärkste Partei in sozialen Medien und über andere Kanäle die Asyl- und Ausländerkriminalität mit dem Slogan «Neue Normalität?» anprangerte. Der Vorwurf: Die SVP versuche, mit selektiven Berichten über Straftaten den Eindruck zu erwecken, Menschen fremder Ethnien seien kriminell und gefährlich. Auf diese Weise würden sie herabgesetzt.
Die Staatsanwaltschaft Bern führte in diesem Zusammenhang zwei Strafverfahren. Die zuständigen Kommissionen des Parlaments wiesen aber ein Gesuch um Aufhebung der Immunität des damaligen SVP-Präsidenten Marco Chiesa und des damaligen SVP-Generalsekretärs Peter Keller ab.
Und der Vorfall vom Frankfurter Bahnhof? Deutsche Gerichte werteten die Tat als Mord und versuchten Mord. Der dreifache Familienvater, der 2006 in die Schweiz gekommen war, galt wegen einer paranoiden Schizophrenie als schuldunfähig und wurde in eine geschlossene psychiatrische Einrichtung eingewiesen. (aargauerzeitung.ch)
