Das Dengue-Fieber ist weltweit auf dem Vormarsch - und erreicht wegen Ferienrückkehrern immer öfter die Schweiz. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres wurden dem Bundesamt für Gesundheit bereits 294 Fälle der meldepflichtigen Krankheit gemeldet. Das sind schon fast so viele, wie im ganzen letzten Jahr in der Schweiz registriert wurden.
«Bei all diesen Fällen handelt es sich um importierte Fälle aus dem Ausland», sagt Simon Ming vom Bundesamt für Gesundheit. Erklärbar sei das mit vielen endemischen Ausbrüchen in Lateinamerika in der ersten Jahreshälfte dieses Jahres. Die Folgen sehe man nun auch in der Schweiz.
Besonders Asien- und Amerika-Reisende laufen Gefahr, sich mit dem Dengue-Virus anzustecken. Die Zahl der Fälle explodierte in den letzten fünf Jahren, weltweit rechnet die Weltgesundheitsorganisation WHO mit bis zu 400 Millionen Fällen jährlich. Den Trend bestätigt Esther Künzli, Co-Leiterin des Zentrums für Tropen- und Reisemedizin am Schweizerischen Tropen- und Public Health Institut Swiss TPH in Basel. «Wer mit Fiebersymptomen aus einem Land mit hohen Dengue-Infektionsraten zurückkehrt, sollte sich abklären lassen», sagt Künzli. Die Krankheit werde durch infizierte Mücken übertragen und zeige erst nach mehreren Tagen grippeähnliche Symptome. «Wenn man nach den Ferien zum Hausarzt geht, ist es wichtig, auch die besuchten Länder zu erwähnen.»
Man muss allerdings nicht einmal in die Ferne, um sich mit dem Virus anzustecken. Seit einigen Tagen wird auch an den Olympischen Spielen in Paris vor Dengue-Ansteckungen gewarnt. Seit etwa zehn Jahren breitet sich dort nämlich die asiatische Tigermücke aus, die Überträger vieler Tropenkrankheiten ist. Dieser Umstand, kombiniert mit einem Grossanlass, der Millionen Menschen aus der ganzen Welt anzieht, macht französischen Infektiologen Sorge. Die Behörden sprachen für Touristen und Bewohner deshalb Warnungen aus.
«Noch ist es zu früh, um den Einfluss der Sommerspiele auf die Infektionsraten einzuschätzen», sagt Esther Künzli vom Tropeninstitut. Das Dengue-Fieber ist aber nicht die einzige Infektionskrankheit, die Reisemedizinern gerade Sorgen bereitet. So gibt es auch in vielen anderen beliebten Tourismusdestinationen Krankheitsepidemien, die es im Auge zu behalten lohnt. Ein Überblick:
Erstmals starben diese Woche zwei junge Frauen an einer Infektion mit dem Oropouche-Virus. Es handelt sich um eine bekannte Virusart, neu ist aber, dass sich das Virus immer weiter ausbreitet und seit Anfang Jahr auch in Kuba zu finden ist. Seit Juni sind ausserdem zwei Fälle von Oropouche-Infektionen aus Italien bekannt, die bei Kubareiserückkehrern auftraten. Das Virus wird durch Gnaken übertragen, eine Mückenart aus dem Amazonasgebiet in Südamerika. Die Symptome beim Ausbruch des Oropouche-Fiebers ähneln einer Grippe und sind typischerweise mit einem Wiederausbruch etwa zwei Wochen nach Abklingen der Ersterkrankung verbunden. Erforscht ist das Virus nur schlecht, bei einer Infektion wird nur symptomatisch behandelt. Erkrankungen mit dem Virus heilen in der Regel wieder ab, auch wenn sich der Gesundungsprozess über mehrere Wochen zieht.
Der unvorsichtige Einsatz von Antibiotika führt besonders im Süden Europas zu multiresistenten Bakterien. Esther Künzli, die sich auf dieses Thema spezialisiert hat, erklärt: «Antibiotikaresistenzen sind vor allem im Spitalsetting erforscht.» Studien zur Ansteckung von Touristen ausserhalb sind rar, gerade aus Europa. Zweifelsfrei sagen lässt sich deshalb nur, dass Spitalaufenthalte in südlichen Ländern ein hohes Ansteckungsrisiko bergen. Auch das Baden in stehenden Gewässern und Flüssen ist risikoreich: So zeigt eine aktuelle Studie, dass griechische Flüsse ein Reservoir für klinisch relevante Resistenzkeime sind.
Auf der anderen Seite der Erdkugel beginnt gerade der Winter und damit die Grippesaison. Wer sich südlich des Äquators aufhält, kann sich deshalb mit neuen Influenza-Virus-Subtypen anstecken, die dort zu dieser Zeit typischerweise verbreitet sind. Reisende, die sich länger in Ländern der Südhalbkugel aufhalten, können sich vor Ort gegen die dort ansässigen Grippevarianten impfen lassen. Denn die von der WHO empfohlenen Grippeimpfstoffe mit Anpassung für die Südhalbkugel sind in Europa nicht zugelassen - wegen mangelnder Nachfrage.
In Europas Osten ist die Infektionsrate mit Geschlechtskrankheiten schon seit Jahren höher als im Westen. Das gilt etwa für HIV und Gonorrhö sowie weitere Geschlechtskrankheiten. In den letzten Jahren bereitete den Experten besonders die steigende Zahl von Tripperansteckungen Sorge, weil die Entwicklung bei allen überwachten Gruppen nach oben zeigt - sowohl bei heterosexuellen Männern und Frauen als auch bei homosexuellen Männern. «In Osteuropa ist das Stigma dieser Krankheiten stärker, weshalb Patienten sie weniger oft abklären lassen und sie so auch nicht behandelt werden», sagt Esther Künzli. Von ungeschütztem Geschlechtsverkehr ist deshalb besonders in diesen Ländern abzuraten.
Diverse Erreger von Durchfallerkrankungen sind momentan in Nordafrika und Asien verbreitet. Gesundheitsbehörden wie das amerikanische Krankheits- und Präventionszentrum CDC warnen vor einem «hohen Ansteckungsrisiko in Ägypten» und anderen nordafrikanischen Ländern. Schweizer Experten empfehlen aber praktisch nie das präventive Mitnehmen von Antibiotika. «Dies, weil Antibiotikaeinnahme die Kolonisierung mit antibiotikaresistenten Bakterien im Gastrointestinaltrakt deutlich erhöht», sagt Esther Künzli. Achten sollte man bezüglich Durchfall vor allem auf saubere Esswaren. Das grösste Risiko geht von ungewaschenem Salat und verschmutztem Wasser aus. Public-Health-Ärzte raten bezüglich Essen zur Regel: «Kochen Sie es, schälen Sie es oder vergessen Sie es!» (aargauerzeitung.ch)