In der Immobilienbranche gibt es Stunk. Grund: Der Schweizer Marktführer für Immoplattformen hat die Preise für die Geschäftskunden zum Teil massiv erhöht. Die Swiss Marketplace Group (SMG) betreibt zahlreiche Plattformen, unter anderem die beiden grössten Homegate und Immoscout24. Dort inserieren Immobilienverwalter Wohnungen und Häuser.
Vor kurzem schrieb ein Homegate-Kunde auf der Businessplattform Linkedin: «Homegate verzehnfacht die Preise! 4000 Franken pro Monat, um dort unsere leer stehenden Wohnungen zu bewerben!» Dazu veröffentlichte er ein Mail, aus dem hervorgeht, dass sich der Preis per 1. April von bisher 450 Franken auf 4000 Franken erhöht.
Der verärgerte Homegate-Kunde hat auch einen Musterbrief für den Preisüberwacher veröffentlicht. Nun zeigt sich, dass dieser schon längst aktiv geworden ist: Preisüberwacher Stefan Meierhans bestätigt auf Anfrage von CH Media, dass er in den letzten Monaten im Zusammenhang mit den Preiserhöhungen von SMG verschiedene Abklärungen eröffnet hat: Er prüft, ob Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Preiserhöhung oder -beibehaltung bestehen.
«Sollte ich einen Missbrauch im Sinne des Preisüberwachungsgesetzes feststellen, strebe ich mit den Betroffenen eine einvernehmliche Regelung an.» Kommt eine solche nicht zustande, kann er eine Preiserhöhung ganz oder teilweise untersagen oder gar eine Preissenkung verfügen.
Und auch die Wettbewerbskommission beschäftigt sich mit SMG. Sie hat zwar kein Verfahren eröffnet, doch Vizedirektorin Carole Söhner sagt: «Wir erhalten aus der Bevölkerung Anfragen zum Thema SMG, insbesondere hinsichtlich deren Preispolitik.» Es bestünden «gewisse Indizien für eine starke, allenfalls marktbeherrschende Stellung von SMG in einzelnen Märkten», sagt Söhner. Sie betont aber, dass das Kartellgesetz eine marktmächtige Stellung nicht verbietet, und eine solche sei für sich allein auch nicht missbräuchlich. Das marktbeherrschende Unternehmen trage jedoch eine besondere Verantwortung für sein Marktverhalten.
Auch Thomas Peter muss für die Inserate auf den Plattformen der SMG mehr bezahlen. «Die Preiserhöhung beträgt 50 Prozent», sagt der Mitinhaber und Geschäftsführer des Zentralschweizer Immobiliendienstleisters Arlewo. Eine Vertragskündigung könne er sich nicht leisten, weil die Immobilieneigentümer erwarten, dass ihre Objekte auf den wichtigsten Plattformen ausgeschrieben werden. «Wir haben die Preise für unsere Kundschaft nun per Anfang Jahr um 10 Prozent erhöht», sagt Peter. Will heissen: Arlewo schultert einen grossen Teil der SMG-Preiserhöhung selber.
Arlewo ist eines der Unternehmen, die sich nun gegen die SMG-Marktmacht wehren. Wichtige Vertreter der Zentralschweizer Sektion des Verbands der Immobilienwirtschaft SVIT fordern die Dachverbandsführung SVIT Schweiz auf, alle Verträge mit SMG zu kündigen, wie «Inside Paradeplatz» publik gemacht hat. Mittlerweile protestieren auch andere regionale SVIT-Sektionen. Die Zürcher Einheit stimmt im April über die weitere Zusammenarbeit mit SMG ab, in der Zentralschweiz fällt der Entscheid im Juni.
Es geht bei den Protesten nicht um die Verträge für die Inserate, denn diese werden bilateral zwischen SMG und der jeweiligen Immobilienfirma abgeschlossen. Ein Dorn im Auge ist den Firmen vielmehr das SMG-Sponsoring für den Dachverband SVIT. Sie sehen darin eine Bevorzugung von SMG gegenüber dessen direkten Konkurrenten Newhome. Diese Plattform gehört zur Hälfte der Immobilienwirtschaft. Sie ging ursprünglich als Initiative mehrerer Kantonalbanken hervor und wird heute von über 500 Immobilienfirmen, 19 Kantonalbanken sowie neuerdings dem Versicherer AXA getragen.
Für Thomas Peter und viele andere Branchenvertreter ist unverständlich, warum der Dachverband SVIT nicht stärker auf Newhome setzt «und dabei unterstützt, dass keine SMG-Monopolstellung entsteht». In der Zentralschweiz sei Newhome in etwa gleich stark wie Homegate und Immoscout24: «Weil hier die grössten regionalen Immobilienfirmen vereinbart haben, ihre Objekte immer zuerst auf Newhome zu inserieren», sagt Thomas Peter. Auch in der Ostschweiz sei Newhome auf Augenhöhe mit SMG. In anderen Regionen aber nicht.
Schweizweit ist SMG klar marktführend. Heinz Schwyter glaubt, dass SMG im Markt für Immobilienplattformen einen Marktanteil von rund 75 Prozent hat. Schwyter kennt den Markt gut; er war bis 2015 CEO von Homegate und ist heute als Berater tätig. Homegate und Immoscout24 seien zu seiner Zeit erbitterte Konkurrenten gewesen, 2021 schlossen sie sich zusammen.
Heute gehört SMG zu je rund 30 Prozent den Medienhäusern Ringier und TX Group und der Mobiliar sowie zu 10 Prozent dem US-Finanzinvestor General Atlantic. «Es war von Anfang an klar, dass irgendwann ein Börsengang oder eine andere Art von Exit geplant ist. Die Preiserhöhung zur Margenverbesserung passt in dieses Muster», sagt Schwyter. Er schätzt, dass die gesamte Firmengruppe 3 Milliarden Franken wert ist. Teil davon sind zahlreiche andere Plattformen wie Tutti, Ricardo oder Autoscout24.
Ein SMG-Sprecher will sich zu den Initiativen einzelner SVIT-Mitglieder nicht äussern, «da es sich um eine ergebnisoffene Angelegenheit handelt und uns in der jeweiligen Sache keine weiteren Informationen vorliegen». Zum Thema Preiserhöhungen sagt der SMG-Sprecher: «Grundsätzlich sind wir mit leistungsbezogenen Preisen im Markt. Dabei spiegeln die Preise unserer Produkte stets die von uns gelieferten und stetig verbesserten Leistungen sowie höhere Performancewerte bei unserer Kundschaft wider. Die meisten unserer Kundinnen und Kunden wertschätzen den Mehrwert, den wir liefern.»
Eine stärkere Preiserhöhung könne «einzelfallweise vorkommen», diese habe aber immer auch «elementar veränderte Parameter beim Kunden» als Ursache.
Gegenüber der Immobilienkundschaft erklärt SMG die Preiserhöhungen vor allem mit einer grösseren Reichweite. Die Inserate erscheinen nun gleich auf allen Immo-Plattformen der Gruppe. Thomas Peter von Arlewo spricht diesbezüglich aber von einem «Zwang», denn nicht immer sei es sinnvoll oder notwendig, ein Inserat überall zu veröffentlichen. Das bestätigt auch Branchenkenner Heinz Schwyter: «Für viele Immobilienfirmen bedeutet es Mehrarbeit, wenn ein Inserat auf vielen Plattformen erscheint.»
Gleichzeitig gibt Schwyter aber auch zu bedenken, dass der Dachverband SVIT eine neue Einnahmequelle anzapfen müsste oder die Mitgliederbeiträge heraufsetzen müsste, wenn SMG nicht mehr Sponsor wäre: «Es ist eine vertrackte Situation.»