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Economist-Index zu Gleichstellung: Die Schweiz landet nur auf Rang 26

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Die besten Länder für berufstätige Frauen – Spoiler: Die Schweiz gehört nicht dazu

Südkorea, Japan und Türkei – nur in diesen OECD-Ländern sind Frauen auf dem Arbeitsmarkt noch schlechter gestellt als in der Schweiz. Die besten Bedingungen haben Frauen, die in Schweden, Norwegen, Island oder Finnland arbeiten. Das sind die Gründe.
06.03.2025, 18:5706.03.2025, 18:57
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Jedes Jahr veröffentlicht das britische Wirtschaftsmagazin «The Economist» anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März den sogenannten Glass-Ceiling-Index. Dieser vergleicht die Arbeitsbedingungen für Frauen in 29 der 38 OECD-Länder anhand der folgenden 10 Kennzahlen:

  • Höhere Bildung
  • Absolvierte GMAT-Prüfungen von Frauen
  • Erwerbsquote der Frauen
  • Lohnunterschied Mann/Frau
  • Frauen in Management-Positionen
  • Frauen in Verwaltungsräten
  • Frauen im Parlament
  • Kosten für Kinderbetreuung
  • Bezahlter Mutterschaftsurlaub
  • Bezahlter Vaterschaftsurlaub

Ziel ist es, die vielen unsichtbaren Barrieren, gegen die Frauen im Verlauf ihrer Karriere anstossen und die ihren Aufstieg bremsen oder verhindern, offen zu legen.

Wer nun gedacht hat, die Schweiz belege in diesem Ranking einen Spitzenplatz, der irrt sich gewaltig. Rang 26 bedeutet, dass nur Japan, Südkorea und die Türkei noch schlechter dastehen. Ein Blick auf die Entwicklung seit 2016 zeigt zudem, dass sich in der Schweiz in Sachen Stellung der Frauen in der Arbeitswelt in den letzten neun Jahren nicht viel getan hat. Seit 2013 befinden wir uns auf besagtem 26. Rang.

Doch warum ist die Schweiz so schlecht klassiert? Das hat vor allem mit der Kinderbetreuung zu tun: Die Nettokosten für Kinderbetreuung verschlingen gemäss «Economist» rund 49 Prozent des Durchschnittslohns. Ausserdem befinden wir uns mit durchschnittlichen 7,8 Wochen Mutterschafts- und 1,1 Wochen Vaterschaftsurlaub auch hier am untersten Ende im OECD-Ranking.

Nettokosten für Kinderbetreuung und Elternurlaub: Hier schneidet die Schweiz im OECD-Vergleich schlecht ab.
Nettokosten für Kinderbetreuung und Elternurlaub: Hier schneidet die Schweiz im OECD-Vergleich schlecht ab.grafiken: the economist

Schlechter als der Durchschnitt präsentieren sich auch die Unterschiede zwischen Männer- und Frauenlöhnen. Das ebenfalls schlechte Abschneiden bei der höheren Bildung dürfte dagegen eine statistische Verzerrung darstellen, weil die Berufslehre mit den anschliessenden Möglichkeiten von Berufsmaturität und Fachhochschulen von den OECD-Statistikern nicht adäquat erfasst wird.

In der oberen Hälfte der 29 OECD-Länder dagegen liegt die Schweiz bei der Beteiligung von Frauen im Arbeitsmarkt, bei der Frauenvertretung in den Parlamenten und auch beim Frauenanteil in Verwaltungsräten.

Skandinavische Länder als Vorbild

Auf den Spitzenplätzen liegen fast erwartungsgemäss die nordischen Länder, wobei Island, Schweden, Norwegen und Finnland immer wieder die Plätze tauschen. Momentan ist Schweden die Nummer 1. Alle skandinavischen Staaten zeichnen sich dadurch aus, dass sie Frauen leichter einen Hochschulabschluss ermöglichen, ihnen höhere Postionen im Arbeitsmarkt zugänglich machen und durch ein faires System des Elternurlaubs sowie flexiblen Arbeitszeiten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern.

Dass Japan und Südkorea so schlecht abschneiden, ist der Tatsache geschuldet, dass hier Frauen immer noch einen meist finalen Entscheid zwischen Familie und Beruf zu fällen haben.

Generell lässt sich anhand der Kennzahlen des «Economist» aber sagen, dass sich die Möglichkeiten für Frauen in der Arbeitswelt in die richtige Richtung entwickeln, wenn allerdings sehr langsam. Zwar erlitten Fortschritte bei der Lohngerechtigkeit zuletzt durch Corona einen kleinen Dämpfer, der Frauenanteil in Verwaltungsräten und in der höheren Bildung hat im Schnitt jedoch sichtbar zugenommen. Bleibt zu hoffen, dass der Rechtsrutsch in vielen Staaten diesen positiven Entwicklungen nicht wieder zunichtemacht.

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92 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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chicadeltren
06.03.2025 21:42registriert Dezember 2015
3 Sachen fallen mir hier sofort auf:
1. Wie kommen die auf 7.8 Wochen Mutterschaftsurlaub? Sind doch 14 Wochen. Deutet auf eine merkwürdige Berechnung hin.
2. Wieso schneiden wir bei höherer Bildung schlecht ab wenn Frauen bei den Uniabschlüssen in der Überzahl sind? Wie viele % soll man da erreichen, dass man gut ist? 90%?
3. Der GMAT Test? Really? Was um Himmels Willen hat der hier zu suchen?
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Gugus123
06.03.2025 19:53registriert Oktober 2023
Ich, Mann, weiss und Ü40 sitze bei einer grösseren CH Firma im "C-Level".

Die harte Wahrheit:
98% der Frauen wollen gar keine Karriere machen und bei den Männern sind es ca. 90%. Von den 10% der Männer die Ambitionen haben, wollen 8% nicht über die Teamleiterstufe.

Trotz aller Förderung bei uns in der Firma für Frauen, sind die Erfolge überschaubar. Die Wenigsten wollen 50, 60 oder 70 Stunden arbeiten pro Wochen. Sie wollen Teilzeit arbeiten und am Besten einen Mann an der Seite, der mehr verdient und die Teilzeitarbeit ausgleicht.

Meine Beobachtung.

Jetzt lasst die Blitze fliegen.
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7immi
06.03.2025 20:12registriert April 2014
Solche Vergleiche sind immer schwierig. Ja, in Schweden ist alles bezahlt. Allerdings hat man auch sehr viele Lohnabzüge (AN und AG kommen zusammen auf knapp 50 %). Das geht natürlich, allerdings sind dann die Löhne tief. Bei uns kann man sich dafür frei entscheiden, ob man das Kind fremdbetreuen will und bezahlt dann in der Zeit etwas dafür. Oder man sucht andere Lösungen und spart sich das Geld. Diese Option hat man in Schweden nicht. Weiter ist es nicht erlaubt, das Kind in die KITA zu bringen und dann nicht zu arbeiten. Diese Freiheit hat man in der Schweiz (z.B. für Sport, etc.).
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