Boris Pesek ist seit 2021 Chef des Schweizer Alnatura-Geschäfts. Er ist nun gefordert. Denn bisher war die Migros-Genossenschaft für den Betrieb des Filialnetzes der deutschen Bio-Kette in der Schweiz als Partnerin zuständig. Heute betreibt sie 25 Geschäfte. Doch am Dienstag gab die Migros das Ende der Kooperation bekannt. Pesek muss nun eine Nachfolgelösung finden.
Herr Pesek, sind Sie über das Ende der Migros-Filialpartnerschaft enttäuscht?
Boris Pesek: Klar sind wir enttäuscht. Aber wir verstehen und akzeptieren den Strategieentscheid der Genossenschaft Migros Zürich, dass sie sich künftig auf ihr Kerngeschäft konzentrieren möchte und sie sich derzeit in einem grossen Transformationsprozess befindet.
Wurden Sie vom Entscheid überrascht?
Nein, diese Gespräche wurden natürlich schon vor längerer Zeit begonnen, nachdem die neue Migros-Führung ihre neue Strategie festgelegt hatte. So kamen wir zu einer einvernehmlichen Lösung. Und wir bleiben ja ein wichtiger Migros-Partner, werden die Supermärkte auch künftig mit den beliebtesten Alnatura-Produkten beliefern. Die Migros trennt sich einzig vom Betrieb der 25 eigenständigen Alnatura-Filialen.
Stimmte denn der Umsatz in den Filialen zuletzt nicht mehr?
Zu genauen Umsatz- und Gewinnzahlen muss ich auf die Migros Genossenschaft Zürich verweisen. Was ich sagen kann: Nach der Pandemie hat der Biomarkt in der Schweiz leicht stagniert, aber inzwischen legen wir wieder zu. Wir sind mit unserem Umsatzwachstum sehr zufrieden.
Im Herbst sprachen Sie davon, dass Sie den Marktanteil im Schweizer Biomarkt von über 3 auf 7 Prozent verdoppeln möchten. Ist das nun noch immer realistisch?
Dieses Ziel halte ich noch immer für realistisch, ja. Die Nachfrage ist auf jeden Fall da. Die Zufriedenheitsumfragen bei unserer Kundschaft zeigen in dieselbe Richtung. Und seit neustem beliefern wir auch die Volg-Läden mit ausgewählten Alnatura-Produkten, womit wir sehr gut gestartet sind.
War das allenfalls gar ein Grund für das Migros-Aus? Denn durch die Volg-Partnerschaft verlor das Alnatura-Sortiment bei der Migros an Exklusivität.
Nein, das spielte keine Rolle. Volg und Migros haben eine ganz andere Kundschaft und sind auch regional anders vertreten. Die Schnittmenge ist klein.
Sie sind nun auf der Suche nach einem anderen Partner für den Filialbetrieb. Wer kommt infrage?
Alle!
Auch Coop?
Wir sprechen mit allen Interessenten. Wir benötigen einen Partner, der über eine Frischelogistik verfügt, über ein Personalwesen und ein Expansionsteam. Es braucht Skalierungseffekte, das ist klar. Wir können die Filialen deshalb nicht im Alleingang weiterbetreiben.
Das heisst also, es muss ein anderer grosser Schweizer Detailhändler sein, von denen es nicht allzu viele gibt.
Das ist eine Möglichkeit. Es gibt aber auch sehr viele kleinere, mögliche Partner. KMUs oder andere Bio-Händler. Aber wir müssen nun erstmals in diese Gespräche gehen und die Sache dann prüfen.
Das lässt sich leicht sagen. Aber Alnatura hat angekündigt, bis im Sommer eine Lösung präsentieren zu wollen. Heisst: Werden Sie nicht fündig, dann fällt für alle Filialen mit ihren rund 300 Angestellten der Vorhang!
Die Gefahr, dass manche Filialen oder sogar alle in diesem Worst-Case-Szenario schliessen müssten, besteht. In diesem Falle würden alle Filialmitarbeitenden von der Migros ein alternatives Angebot erhalten. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden werden. Denn Alnatura ist in der Schweiz fest verankert mit einer treuen Kundschaft, die unsere Sortiments- und Beratungskompetenz schätzt.
Von der Migros bin ich einmal mehr enttäuscht …