Die zierliche, aber impulsive Viviane O. sass am Montag kerzengerade vor dem dreiköpfigen Gericht. Nachdem längere Zeit Vorfragen geklärt werden mussten, startete die Befragung der Angeklagten.
Das erstinstanzliche Regionalgericht in Thun hatte Viviane O. im Dezember 2022 nach einem Indizienprozess wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren verurteilt. Sie soll ihren Gatten, einen Interlakner Wirt, im Oktober 2020 umgebracht haben.
Am Montag redete sich O. bisweilen in Rage, dann weinte sie wieder. Mit Vehemenz betonte sie ihre Unschuld. Das Gericht stellte konkrete Fragen zum Geschehen kurz vor und nach der Tat. Als das Gericht die Frau mit gewissen Widersprüchen konfrontierte, verlor sie die Fassung und musste von den sie begleitenden Polizisten betreut werden.
Laut Anklageschrift war es während Ferien des Paars zum Streit gekommen. Danach habe der Mann seine Frau weitgehend ignoriert. Am Tatabend soll sie zur Wohnung ihres Mannes gefahren sein. Als dieser nach Hause kam, soll ihn die Kampfsportlerin mit einem Baseballschläger angegriffen haben.
Das Opfer erlitt massive Schädelverletzungen. Der 61-jährige Mann müsse unglaubliche Schmerzen und einen langen Todeskampf ausgestanden haben, folgerte die Anklage aus dem Spurenbild in der Wohnung.
Das fünfköpfige Gericht kam zum Schluss, es gebe keine Zweifel an der Schuld der Frau. Zwölf Indizien fügten sich zu einem stimmigen Mosaik zusammen. Nebst der Freiheitsstrafe sprach das Gericht einen Landesverweis von zwölf Jahren gegen die Brasilianerin aus.
Viviane O. betonte immer wieder, mit ihr sei die falsche Person vor Gericht gestanden.
Gegenüber «Blick» sagte Viviane O. im Januar dieses Jahres: «Wir haben neue Fakten.» Ihr Anwalt bestätigte nun gegenüber der Zeitung die Aussagen seiner Klientin: Sie hätten Beweisanträge gestellt, die vom Gericht «zumindest teilweise gutgeheissen wurden».
Vor dem Prozess wolle er allerdings noch nicht sagen, worum es sich bei diesen Beweisen genau handelt. Der Anwalt sagte ausserdem: «Frau O. bestreitet die Tat seit dem ersten Tag vehement, entsprechend werden wir einen Freispruch verlangen.» Gemäss ihm plane man einen Weiterzug ans Bundesgericht, sollte es nicht zum verlangten Freispruch kommen. Der Anwalt meint:
Die Beschuldigte hatte 2018 den Championtitel des weltgrössten Boxverbandes erobert, der World Boxing Association (WBA). Sie betrieb in Interlaken einen Boxkeller. Das Berner Obergericht will sein Urteil am kommenden Freitag (23. Februar) verkünden. (lak/sda)
Jeps, nur deswegen.
/s