Nach der Notlandung eines Swiss-Flugzeugs in Graz und dem Tod eines Crew-Mitglieds läuft die Untersuchung zum Vorfall auf Hochtouren. Erste Analysen deuten auf ein «bisher unbekanntes Fehlerbild» an einem Triebwerk hin, schrieb die Swiss in einer internen Mitteilung.
Eine Swiss-Sprecherin bestätigte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Dienstag den Inhalt des Memos. Darin hiess es, der Motor der Kurzstreckenmaschine vom Typ A220-300 habe «plötzlich und unerwartet versagt».
Das betroffene Triebwerk wird laut der Sprecherin in Graz demontiert und in die USA gebracht. Dort soll es durch den Hersteller Pratt & Whitney zusammen mit den Behörden untersucht werden. «Dies kann noch einige Zeit in Anspruch nehmen», erklärte die Swiss-Sprecherin.
In dem Memo hiess es, dass der Triebwerk-Hersteller und die Behörden betont hätten, dass kein «grundsätzliches, sicherheitsrelevantes Problem vorliegt». Die übrige A220-Flotte der Swiss blieb nach dem Zwischenfall in Betrieb.
Es ist der bislang folgenreichste Zwischenfall in der 23-jährigen Firmengeschichte der Swiss: Ein Airbus A220 war vor einer Woche mit 74 Passagieren und 5 Besatzungsmitgliedern auf dem Weg von Bukarest nach Zürich. Der Jet musste wegen Triebwerkproblemen und Rauchs im Cockpit und in der Kabine in Graz notlanden. Die Passagiere wurden über die Notrutschen evakuiert.
Ein Crew-Mitglied wurde während des Fluges schwer verletzt, kam auf die Intensivstation und starb eine Woche später im Spital. Insgesamt wurden zwölf Passagiere und vier Crew-Mitglieder vorübergehend ärztlich betreut.
Die Fluggesellschaft sprach in der Todesnachricht vom Montagabend von einem «schwarzen Tag». Swiss-CEO Jens Fehlinger sprach der Trauerfamilie sein Beileid aus. «Wir tun alles in unserer Kraft Stehende, um ihnen in diesen äusserst schweren Stunden beizustehen.»
Die Staatsanwaltschaft in Österreich leitete ein Ermittlungsverfahren ein. Sie ordnete eine gerichtsmedizinische Obduktion des verstorbenen Crew-Mitglieds an, wie die Landespolizeidirektion Steiermark mitteilte. Diese werde in den kommenden Tagen erfolgen. Ein Flug-Sachverständiger soll die Ursache der starken Rauchentwicklung an Bord des Flugzeugs und des damit einhergehenden Flugabbruchs eruieren.
Eine Passagierin hatte nach der Notlandung in Graz von dramatischen Momenten an Bord berichtet. «Es war ein seltsames Geräusch, sehr viel Rauch und die Leute konnten nicht atmen. Ich wusste nicht, was passiert war», sagte sie der österreichischen «Kleinen Zeitung» in einem Video-Interview.
Sie habe zunächst geschlafen, dann ein Geräusch gehört und Rauch gerochen. «Ich bin in Panik geraten, ich wusste nicht, was los war», sagte die junge Frau. «Ich versuchte, mich zu beruhigen.» Der Flugkapitän habe dann gesagt, dass er eine Notlandung machen müsse. Andere Passagiere hätten eine Explosion und Feuer am Triebwerk gesehen.
Die betroffene Flugzeugreihe des Typs Airbus A220 hat in der Vergangenheit wiederholt Triebwerksprobleme aufgewiesen. Bei Vorfällen waren unter anderem wegen einer Fehlfunktion Teile des Triebwerks nach aussen geschleudert worden. Die Vorfälle sorgten unter anderem für temporäre Einsatzstopps, von denen auch die Swiss betroffen war.
Die Lufthansa-Tochter setzt 30 Maschinen des Kurzstreckenjets ein, 21 in der Lang- und 9 in der Kurzversion. Die längere Ausführung verfügt über 145 Sitzplätze und hat eine Reichweite von gut 6000 Kilometern. Der Treibstoffverbrauch ist gegenüber vergleichbaren Flugzeugen bis zu einem Viertel tiefer. 2016 gingen sie erstmals in den Dienst.
Die Swiss erklärte in einer Stellungnahme, der Airbus A220 sei ein sicheres Flugzeug, und die Triebwerke von Pratt & Whitney hätten seit ihrer Indienststellung weltweit über 36 Millionen Flugstunden gesammelt. Sie vertraue diesen Triebwerken und werde auch weiterhin Flüge mit dem A220 durchführen. (sda)