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Russischer Drogenboss will ukrainischen Aktivisten eliminieren

Mann mit dunkler Vergangenheit: Stanislav Dombrovsky in seiner Wohnung.
Mann mit dunkler Vergangenheit: Stanislav Dombrovsky in seiner Wohnung.Bild: andrea stalder

Russischer Drogenboss will ukrainischen Aktivisten in der Schweiz eliminieren

Stanislav Dombrovsky ist Blogger und Aktivist. Er hat in der Ostschweiz schon drei Anschläge überlebt: Unbekannte zündeten sein Haus an, fuhren ihn auf dem Velo an und wollten ihn mit Säure angreifen. Wer steckt dahinter?
01.10.2024, 08:01
Andreas Maurer und Gregory Remez / ch media
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Stanislav «Stas» Dombrovsky schliesst seine Wohnungstüre von innen ab und behält sie während des Gesprächs immer im Blick. Ein Messer liegt griffbereit, falls ein Angreifer kommen sollte.

Der 45-jährige Ukrainer verliess seine Heimat vor zweieinhalb Jahren, kurz nach Kriegsausbruch, und reiste über Deutschland in die Ostschweiz, wo er den Schutzstatus S erhielt. Geschützt fühlt er sich hier aber nicht. Er fürchte um das Leben seiner Familie, sagt er, und zieht an seiner Zigarette.

Dombrovsky ist Politaktivist, Blogger und Künstler. Er spricht bedächtig, mit ruhigem Blick und einem Timbre, als würde er gerade das Wetter verkünden. Dabei ist das, was er erzählt, derart düster, dass man immer wieder das Gefühl hat, man habe sich verhört.

Innert zehn Monaten hat er im Kanton St. Gallen drei Anschläge gegen ihn und seine Familie überlebt. Die kurze Version geht so: Unbekannte Täter zündeten sein Haus in Oberhelfenschwil an, fuhren ihn auf dem Velo in Bad Ragaz gezielt mit dem Auto an und bedrohten ihn und seine Frau in Rorschach mit einem Behälter, der laut Dombrovsky Säure enthielt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in allen drei Fällen und bestätigt, dass die Sicherheit der Familie hier in Gefahr ist.

Dombrovsky ist überzeugt, die Drahtzieher hinter den Anschlägen zu kennen. Er bezeichnet sich als Journalist. Vor der ersten Tat hatte er von der Schweiz aus auf Youtube und Telegram mehrere Enthüllungsberichte über das russisch-ukrainische Drogenkartell «Khimprom» und dessen Verbindungen bis in höchste ukrainische Regierungskreise veröffentlicht.

Für den Exilukrainer ist klar: Seit diesen Publikationen will ihn das Kartell liquidieren. «Ich schlafe so gut wie nicht mehr, doch kleinkriegen lasse ich mich nicht.» Statt unterzutauchen, sucht er jetzt die Öffentlichkeit – obwohl ihm die Schweizer Behörden davon abraten. «Das ist die letzte Möglichkeit, die mir geblieben ist: maximale Präsenz als Schutzschild.»

Stanislav Dombrovsky im Video-Interview:

Dombrovsky ist nicht nur mitten in einen mutmasslichen Drogenkrieg, sondern auch zwischen die Fronten des Propagandakrieges von Russland und der Ukraine geraten.

Seine Version lautet: Er sei einst vom ukrainischen Geheimdienst engagiert worden, um das Khimprom-Kartell zu infiltrieren und Informationen über dessen Kopf Egor Burkin zu sammeln. Dies habe er über Monate hinweg getan und direkt an den Leiter der Spionageabwehr, Alexander Poklad, berichtet. Doch dann hätten ihn die ukrainischen Behörden fallengelassen.

Prorussische Blogger und russische Medien werfen ihm dagegen vor, er sei selbst Teil des Kartells gewesen. Die ukrainischen Behörden hätten also mit einem Kriminellen zusammengearbeitet. Gesicherte Informationen dazu liegen nicht vor.

Gut dokumentiert sind hingegen die Angriffe in der Schweiz. Die St. Galler Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass sie tatsächlich so passiert sind. Wer dahintersteckt, wissen sie aber nicht. Alle Ermittlungen laufen gegen unbekannt. Untersuchungsprotokolle zeigen die Spuren, denen die Ermittler nachgegangen sind.

Fall 1: Der Brandanschlag in Oberhelfenschwil

Stanislav Dombrovsky und seine Familie schlafen am 2. November 2023 in ihrem Haus in Oberhelfenschwil, als mitten in der Nacht ein Brand ausbricht. Sie können sich rechtzeitig in Sicherheit bringen und wählen um 2.29 Uhr den Notruf. 90 Feuerwehrleute und mehrere Polizeipatrouillen stehen im Einsatz. Erst um vier Uhr morgens hat die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle.

November 2023: Das Haus von Stanislav Dombrovsky und seiner Familie in Oberhelfenschwil wurde angezündet.
November 2023: Das Haus von Stanislav Dombrovsky und seiner Familie in Oberhelfenschwil wurde angezündet.Bild: Kapo SG

Während die Flammen noch lodern, stellt sich Dombrovsky vor das Haus und nimmt ein Video auf, in dem er das Khimprom-Kartell und den ukrainischen Geheimdienst für den Brand verantwortlich macht. Mehrere ukrainische Medien verbreiten die Aufnahme. Die staatlich-russische Nachrichtenagentur Tass publiziert noch am selben Tag eine Meldung mit dem Titel «Haus von Stas Dombrovsky in der Schweiz niedergebrannt».

In der Einvernahme der Kantonspolizei macht Dombrovsky die gleichen Aussagen. Er gibt zu Protokoll, dass Khimprom-Boss Burkin und der ukrainische Spionageabwehr-Chef Poklad ihn kurz vor dem Vorfall in Sprach- und Videonachrichten sowie Telefonanrufen bedroht hätten. Aufnahmen davon befinden sich in den Akten.

Dombrovsky zeigt Chatverläufe.
Dombrovsky zeigt Chatverläufe.Bild: Andrea Stalder

Die Staatsanwaltschaft nimmt den Fall ernst und äussert in der Einvernahme keine Zweifel an Dombrovskys Aussagen. Sie startet umfangreiche Ermittlungen wegen Brandstiftung und führt sogar einen Antennensuchlauf durch. Dabei fordert sie Daten von den Mobilfunkanbietern an, die Handyantennen in der Nähe betreiben. So erhält sie alle Handynummern, die sich in den Tagen um den Brand mit diesen Antennen verbunden haben.

Resultat der Massenüberwachung: Drei russische Handynummern haben sich eingeloggt. Eine davon wählte sich gar mehrmals ein. Die Nummer wechselte die Antennenstandorte allerdings so schnell, dass sie sich aus einem Flugzeug mit der Antenne verbunden haben könnte. Die Datenspur würde zur Maschine einer polnischen Airline passen, die zu diesem Zeitpunkt in Zürich gelandet und später Richtung Osten weitergeflogen ist.

Die Staatsanwaltschaft fordert deshalb bei der Flughafenpolizei die Passagierdaten dieser Flüge an. Doch ein Personenabgleich führt zu keinem Treffen. Die Spur führt ins Leere.

Die Staatsanwaltschaft geht zwar weiterhin davon aus, dass es sich um einen Brandanschlag auf die Familie Dombrovsky gehandelt hat. Aber sie gibt die Suche nach den Tätern vorübergehend auf. Auf Amtsdeutsch: Sie sistiert das Verfahren mit Verfügung vom 20. August 2024. Darin ist vermerkt, wann die Straftaten verjähren würden: am 3. November 2038.

Die Polizei gibt Dombrovsky einen Rat mit auf den Weg. Er solle seine Aktivitäten in den sozialen Medien einstellen. Um seine Familie zu schützen, veröffentlicht Dombrovsky fortan nichts mehr zum Khimprom-Kartell. Aber er bleibt auf seinen Onlinekanälen aktiv, gibt politische Kommentare ab und berichtet über sich und seine Familie. Dabei hält er sich nicht an den Rat der Polizei, dass sein Aufenthaltsort nie erkennbar sein dürfe.

Fall 2: Die Autoattacke in Bad Ragaz

Nach dem Brand platzieren die Migrationsbehörden die Familie in eine neue Wohnung in Bad Ragaz. Am Abend des 4. Septembers 2024 will Dombrovsky wie so oft noch eine Runde mit dem Velo am Rhein entlang fahren. Plötzlich spürt er von hinten einen Schlag. Ein weisses Auto hat ihn von hinten angefahren. Dombrovsky landet auf der Motorhaube und wird samt Velo mitgerissen.

Dann fällt er vom Auto zu Boden, er blutet. Das Auto hält neben ihm. Zwei Männer steigen aus und kommen auf ihn zu. Er denkt, sie wollten ihm helfen, wie er in seiner Einvernahme aussagen wird. Doch dann sieht er, dass einer der Männer mit einem Gegenstand in der Hand auf ihn zukommt. Und er realisiert, dass er den Mann vorher am Bahnhof bei einem Café gesehen hat. Dombrovsky steht auf. Dann laufen die Männer zum Auto zurück. Sie zünden es an und verschwinden.

September 2024: Zwei Männer fahren Stanislav Dombrovsky in Bad Ragaz mit dem Auto an. Danach zünden sie es an.
September 2024: Zwei Männer fahren Stanislav Dombrovsky in Bad Ragaz mit dem Auto an. Danach zünden sie es an.Bild: Kapo SG

Ein Postautochauffeur beobachtet die Szene und eilt zu Hilfe. In einer Einvernahme bestätigt er alles. Die Polizei fahndet mit einem Grossaufgebot nach den Tätern. Sie lässt drei Drohnen in die Luft steigen. Zwei Hunde nehmen die Verfolgung am Boden auf. Doch die Fahndung verläuft erfolglos und wird nach drei Stunden eingestellt.

Die Sanität hat Dombrovsky derweil ins Spital gebracht, das er kurz nach Mitternacht wieder verlassen kann. Die Polizei fährt ihn danach direkt auf ihren Stützpunkt in Mels, um ihn noch in derselben Nacht mit einer Russisch-Dolmetscherin zu befragen.

Frage 68: Wie erklären Sie sich den heutigen Vorfall?

Dombrovsky: Ich weiss nicht genau, was die von mir wollten. Ich weiss nur, dass mein Haus abgebrannt wurde und jetzt das. Ich bin aktuell nicht als Journalist tätig. Als mein Haus angezündet wurde, ging ich davon aus, dass die wollten, dass ich aufhöre, meiner Tätigkeit nachzugehen. Dies habe ich ja getan. Darum kann ich mir nicht erklären, warum es zu diesem Vorfall kam.

Frage 69: Haben Sie eine Idee, wer dahinterstecken könnte?

Ja, aber diese Frage beantworte ich nur, wenn mein Anwalt dabei ist. (Protokollnotiz: Nimmt genervt einen Schluck Wasser.)

Frage 70: Was ist das Ziel der Person, welche Ihnen etwas antun möchte?

Die wollten mich umbringen. Die sind aus dem Auto ausgestiegen und zu mir gekommen.

Frage 71: Warum will man genau Sie tot sehen?

Ich bin Journalist. Ich habe eine Untersuchung gemacht. Deswegen wurde mein Haus angezündet. Das ist das zweite Attentat. Die Schweizer Polizei hat mich nicht geschützt. Man hat ja nicht mal die Person gefunden, die mein Haus angezündet hat. Vielleicht haben die Täter gesehen, dass ja eh nichts passiert.

Frage 72: Denken Sie, es steckt eine Einzelperson oder eine Organisation dahinter?

Das Drogenkartell Khimprom. Die Hauptperson ist Egor Burkin. Auch der Chef vom Nachrichtendienst in der Ukraine, Alexander Poklad. Als ich als Journalist gearbeitet habe, habe ich bewiesen, dass dieses Kartell Verbindungen zu diesem Nachrichtendienst hat. Das findet man alles im Internet. Das ist öffentlich. Diese Unterlagen sind im Fall vom Hausbrand bereits von mir eingereicht worden.

Frage 73: Und Sie denken nun, dass man Sie deswegen umbringen möchte?

Genau.

Frage 74: Was für Verbindungen haben Sie zu diesen Personen?

Ich habe dies einfach untersucht als Journalist. Ich hatte persönlich Kontakt mit diesem Egor Burkin. Ich habe ihn interviewt.

Frage 75: Wann war das?

Was hat das mit heute zu tun? Solche Details gebe ich nur meinem Rechtsanwalt. Wenn ich jetzt von Anfang an erzähle, brauchen wir zwei Tage.

Zwanzig weitere Fragen folgen. Um 3:40 Uhr nachts endet die Einvernahme.

Die Polizei untersucht das abgebrannte Auto. Es ist ein Opel Astra mit polnischem Kennzeichen. Ermittlungsstand: «Von der unbekannten Täterschaft fehlt zurzeit jede Spur.»

Die Familie befindet sich in akuter Gefahr. Dies bestätigt die Staatsanwaltschaft in einer Gefährdungsmeldung ans Staatssekretariat für Migration. Die Sicherheit sei in der aktuellen Wohnung nicht mehr gewährleistet.

Die Kantonspolizei hat geprüft, ob sie die Familie in ihr Zeugenschutzprogramm aufnehmen kann. Doch dies sei nicht möglich, da die Familie einen Status als Opfer und nicht als Zeugen habe. Deshalb solle der Bund die Familie nun einem anderen Kanton zuteilen.

Die Polizei schickt Dombrovsky eine Sicherheitsempfehlung. Er solle nun menschenleere Gassen meiden, und Routinen: «Machen Sie Ihre Handlungen unvorhersehbar. Ändern Sie Ihre Zeiten und Routen.»

Fall 3: Der Säureangriff in Rorschach

Am Nachmittag des 18. Septembers 2024 spaziert Dombrovsky mit seiner Frau durch Rorschach. Plötzlich steuern zwei Männer auf das Paar zu. Ihre Gesichter sind unter Kapuzen halb versteckt. Einer ist vermummt und hält eine Dose in der Hand.

Dombrovsky schaltet sofort in den Angriffsmodus: Er tut so, als halte er eine Waffe hinter dem Rücken, geht auf die Männer zu, und schaut beiden in die Augen.

Einer der Männer holt mit der Faust aus und will ihn schlagen. Er macht auf ihn den Eindruck eines Profiboxers. Doch Dombrovsky hat auch Boxerfahrung und kann dem Schlag ausweichen. Er rennt hinter einen Lastwagen. Da kommt der andere Mann auf ihn zu. Nun beginnt Dombrovskys Frau zu schreien. Dombrovsky brüllt ebenfalls und rennt auf die Angreifer zu. Diese weichen zurück. Jetzt ruft Dombrovskys Frau die Polizei.

So schildert er den Fall in der Einvernahme. Er gibt zu Protokoll, dass die Dose nach seiner Einschätzung Säure enthalten habe. Auf die gleiche Weise sei ein Bekannter von ihm zur gleichen Zeit in Kanada angegriffen worden. Burkin sei schon oft mit Säure gegen seine Feinde vorgegangen. Das sehe nach seiner Handschrift aus.

Dombrovsky beschreibt die Angreifer als Albaner. Er vermutet, dass das Drogenkartell sie über das Darknet engagiert habe. Der Mann mit der Dose habe nervös und ängstlich gewirkt. «Ich hatte den Eindruck, dass er das erste Mal bei so etwas dabei ist», gibt Dombrovsky zu Protokoll. Die Ermittlungen laufen.

Vom Künstler zum Überlebenskünstler

Im Gespräch in seiner Wohnung drückt Dombrovsky seine Dankbarkeit für die Unterstützung der Behörden aus. Aber er würde sich mehr Sicherheit wünschen, am besten Polizeischutz. «Was soll denn noch passieren? Soll eines meiner Kinder sterben?», entfährt es ihm – einer der wenigen Momente, in denen er an diesem trüben Mittwochmorgen die Beherrschung verliert.

In seinem Leben hat sich der 45-Jährige schon oft in scheinbar ausweglosen Situationen befunden und doch einen Ausweg gefunden. Heute wisse er aber nicht mehr weiter: «Ich bin in einer Sackgasse angekommen.»

Aus dem einstigen Künstler Dombrovsky ist ein Überlebenskünstler geworden. In der Ukraine ist der in Odessa aufgewachsene Sohn einer Theaterfamilie kein Unbekannter. Nach den Maidan-Aufständen 2014 entwickelte er sich zu einer schillernden Figur des ukrainischen Widerstandes. Den gewaltsamen Sturz des damaligen Präsidenten Wiktor Janukowitsch unterstützte er genauso wie die neue proeuropäische Regierung.

Auf den heutigen Präsidenten ist er indes nicht gut zu sprechen, er bezeichnet sich als «Selenski-Kritiker der ersten Stunde». In den letzten Jahren fiel er immer wieder mit politischen Stör- und Protestaktionen auf – und hat sich damit mächtige Feinde gemacht.

logger Dombrovsky und sein Arbeitsgerät.
Blogger Dombrovsky und sein Arbeitsgerät.Bild: Andrea Stalder

Unvergessen ist in Odessa, der einstigen Kulturhauptstadt der Ukraine, eine Szene aus einem Gerichtssaal von 2020: Nachdem das Gericht Dombrovsky wegen Hooliganismus zu Isolationshaft verurteilt hatte, ritzte er sich vor den Augen der Anwesenden in die Kehle. Die Narbe prangt noch heute an seinem Hals – ein Mahnmal.

Die Episode passt zu seiner Biografie. Der Mann, der sich am liebsten als Freidenker und Poet sieht, hat in seiner Vergangenheit viel Gewalt erlebt, aber auch ausgeübt. Er sagt: «Ich bin kein Heiliger. Ich weiss, dass ich einige zwielichtige Dinge getan habe.» Wegen Drogendelikten sass er in jungen Jahren mehrmals im Gefängnis. Zwischen 14 und 35 war er zudem schwerst drogensüchtig, wie er freimütig erzählt.

Mit alldem habe er aber abgeschlossen. «Ich bin seit elf Jahren clean», sagt Dombrovsky. «Kein Alkohol, kein Opium, kein Heroin.» Die Zigarette sei das einzige Laster, das er sich noch erlaube. Momentan habe sowieso nur eines Priorität: der Schutz seiner Familie. Für die Schweiz habe er sich nach Kriegsausbruch unter anderem entschieden, um seiner krebskranken Mutter die beste medizinische Unterstützung zu bieten. Ihr gehe es besser, doch die aktuelle Bedrohungslage setze der ganzen Familie zu.

Seine aktuelle Wohnung müsse er bald aufgeben. Ein alter Freund aus der Ukraine bezahle diese – aber nicht mehr lange. Eine Sozialwohnung lehnt Dombrovsky ab. Die Behörden boten ihm ein Ein-Zimmer-Apartment an, das für seine Familie zu klein sei. «Ich will endlich arbeiten und bin es leid, von der Sozialhilfe zu leben», sagt er.

Abgesehen von mehr Sicherheit wünscht er sich vor allem eines: von den Behörden ernst genommen zu werden, auch als Informant. Mit seinem Wissen über die ukrainische Unterwelt könne er der Schweiz von grossem Nutzen sein.

Seine Warnung: Das Khimprom-Kartell strecke seine Fühler allmählich auch hierzulande aus. «Ich mag die Schweiz sehr, kenne ihre Geschichte gut und möchte ihr dabei helfen, nicht dieselben Fehler zu begehen wie Polen oder andere osteuropäische Länder.» Khimprom drohe auch die Schweiz mit Drogen zu überfluten. «Dagegen sind die Hells Angels ein Kindergarten», mahnt Dombrovsky und fügt an: «Ich frage mich schon, warum sich die Behörden dafür nicht interessieren.»

Nach allem, was passiert ist, fällt es ihm schwer, Menschen zu vertrauen. «Bis auf meine Familie und einige Freunde haben mich fast alle verraten», sagt Dombrovsky und senkt den Blick. Dann zeigt er eines seiner Tattoos mit der Aufschrift: «De omnibus est dubitandum», Lateinisch für: «Alles muss bezweifelt werden».

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Joshzi
01.10.2024 09:43registriert September 2014
Warum lesen wir nicht in der Weltwoche über solche Umstände? War nur eine rethorische Frage.
474
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Der Micha
01.10.2024 09:12registriert Februar 2021
"maximale Präsenz als Schutzschild."

Ich hoffe er weißt was er tut. Der russische Deserteur in Spanien hat sich auch nicht versteckt und war öffentlich präsent.

Dies hat er mit seinen leben bezahlt. Man darf sich nicht unterkriegen lassen, aber ich hoffe er ist vorsichtig.
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GhostOfChristopherHitchens
01.10.2024 10:48registriert November 2021
"Die Kantonspolizei hat geprüft, ob sie die Familie in ihr Zeugenschutzprogramm aufnehmen kann. Doch dies sei nicht möglich, da die Familie einen Status als Opfer und nicht als Zeugen habe. ..."

Das darf doch nicht wahr sein?! Die Behörden müssen dieser Familie unverzüglich den nötigen Schutz zukommen lassen, sonst machen sie sich mitschuldig. Administrative Unzulänglichkeiten hin oder her. Der zuständige St. Galler Regierungsrat heisst übrigens Christof Hartmann, SVP.
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