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Sitzplätze reservieren: Warum die Deutsche Bahn es kann und die SBB nicht

Sitzplätze reservieren: Warum die Deutsche Bahn es kann und die SBB nicht

Einen genauen Sitzplatz zu reservieren, ist bei den SBB unmöglich, und auch internationale Tickets gibt es nicht in ihrer App. Das soll sich bald ändern, verspricht die Bahn. Damit müssen Kundinnen und Kunden nicht mehr auf die Angebote ausländischer Bahnen ausweichen.
12.10.2023, 10:4412.10.2023, 10:44
Stefan Ehrbar / ch media
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Wer mit dem Zug ins Ausland verreist, reserviert oft einen Sitzplatz dazu. Teilweise ist das sogar obligatorisch. Schliesslich soll die Reise nicht im Stehen verbracht werden, und idealerweise sollen der Reisepartner oder die Familie im selben Abteil sitzen. Bei den meisten europäischen Bahnen können die Reservationen deshalb sitzplatzgenau getätigt werden. Nicht aber bei den SBB.

Wer sein Ticket für einen ICE bei der SBB kauft, kann den Sitzplatz nicht genau aussuchen.
Wer sein Ticket für einen ICE bei der SBB kauft, kann den Sitzplatz nicht genau aussuchen.Bild: Peter Fischli/Keystone

Wer beispielsweise mit dem ICE von Zürich nach Berlin fährt, kann bei der Buchung über das Onlineportal der SBB lediglich aus einigen Optionen auswählen – etwa, ob man am Gang, am Fenster oder in einem Abteil mit Tisch sitzen möchte. Für Personen, die zusammen verreisen, bieten die SBB die Option, einen Sitzplatz «in der Nähe» zu reservieren. Das heisst allerdings nicht, dass zwangsläufig Sitze nebeneinander oder im selben Abteil reserviert werden. Eine Wahl, ob ein Sitz in Fahrtrichtung reserviert werden soll, ist nicht möglich.

Wer für denselben Zug hingegen bei der Deutschen Bahn (DB) Sitze reserviert, der kann nicht nur grobe Vorlieben angeben, sondern den genauen Sitz auswählen – und erhält auf der Karte viele zusätzliche Informationen zum Wagen, etwa, wo die WCs liegen und wo das Gepäck verstaut werden kann.

sitzplatzreservierung sbb
ICE von Zürich nach Berlin: Bei den SBB (links) kann man Wünsche angeben, bei der Deutschen Bahn den Sitz genau aussuchen.Bild: screenshot
ICE von Zürich nach Berlin: Bei den SBB (links) kann man Wünsche angeben, bei der Deutschen Bahn den Sitz genau aussuchen.
Bild: screenshot

Dass die SBB ein schlechteres Angebot bieten, liegt nicht etwa daran, dass es sich um einen Zug der DB handelt. Bei einer Fahrt mit dem Eurocity von Zürich nach Mailand können Reisende bei den SBB nämlich auch nur angeben, ob sie auf einem «leicht zugänglichen Sitzplatz» oder in der Familienzone sitzen möchten – obwohl es sich um einen Zug der SBB handelt. Bei der Buchung über Trenitalia ist hingegen ebenfalls eine sitzplatzgenaue Buchung möglich.

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Bild: screenshot
SBB-Eurocity nach Mailand: Bei der schweizerischen Bahn gibt es eine rudimentäre Auswahl, bei Trenitalia ebenfalls eine sitzplatzgenaue.

Der Grund für die Unterschiede ist simpel: Das Reservationssystem der SBB ist veraltet und kann die Informationen nicht anzeigen. Das soll sich nun allerdings ändern. Die SBB modernisieren derzeit ihre Vertriebssysteme. Wie CH Media weiss, soll die sitzplatzgenaue Reservation nach jetziger Planung im Laufe des nächsten Jahres aufgeschaltet werden.

SBB-Sprecher Daniele Pallecchi will diese Information nicht bestätigen. Die sitzplatzgenaue Reservation auf internationalen Zügen sei aber «eine der Top-Prioritäten». Für 2024 stellen die SBB eine weitere Neuerung in Aussicht - allerdings nicht zum ersten Mal: Im Verlauf des Jahres sollen endlich auch internationale Tickets bequem auf dem Handy gekauft werden können – also auch in der SBB-App. Damit würde eine jahrelange Leidensgeschichte zu Ende gehen: Schon im Jahr 2015 versprachen die SBB Besserung.

Damals wurde versprochen, dass ab 2017 internationale Zugtickets in der App zu erwerben seien. Doch dann kamen immer weitere Verzögerungen hinzu. Zuletzt hiess es, wegen Corona seien die Prioritäten der europäischen Partnerbahnen an anderen Orten gelegen als an solchen IT-Projekten, weshalb es zu weiteren Verspätungen komme.

Mehr Tickets auf sbb.ch erhältlich

Immerhin wurden zuletzt einige Verbesserungen erzielt. Auf der SBB-Website lassen sich via Desktop-Computer – und in einer sehr unübersichtlichen Darstellung auf dem Handy - mittlerweile Billette in alle Nachbarländer sowie sämtliche Direktverbindungen aus der Schweiz tagsüber und in der Nacht buchen. Hinzu kommen Tickets in die Beneluxländer, nach Dänemark und Tschechien sowie mit dem Eurostar nach London und mit dem TGV nach Barcelona.

Auf der SBB-Website sind laut Daniele Pallecchi «alle relevanten Tickets» für Reisen in die Nachbarländer erhältlich. Dazu gehörten auch Sparbillette, sofern diese von den Bahnunternehmen zur Verfügung gestellt würden. «Wie bekannt», seien die SBB beim internationalen Ticketing aber noch nicht am Ziel. «Wir arbeiten deshalb zusammen mit den Partnerbahnen mit Hochdruck am internationalen Ticketingsystem», sagt der SBB-Sprecher.

Die Modernisierung des Ticketsystems bringt nicht nur Vorteile mit sich. Wie CH Media berichtete, verkaufen die SBB wegen der Umstellung ab 2024 keine Tickets mehr für Züge in Spanien, Grossbritannien, Kroatien, Slowenien, Ungarn, Norwegen, Schweden, Finnland, Portugal, Polen und weitere osteuropäische Länder – mit Ausnahme der oben erwähnten Züge. Dies gilt für alle Verkaufskanäle, also auch die bedienten Schalter. (aargauerzeitung.ch)

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111 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bagpiper
12.10.2023 10:54registriert Oktober 2018
Das schöne in der Schweiz ist doch dass ich einfach in einen Zug einsteigen kann und ich mich nicht um Sitzplatzreservationen kümmern muss.
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Zahlenheini
12.10.2023 11:03registriert Juli 2018
Die Sitzplatzreservierung bei der DB bringt mir bei langen Strecken ohne Umsteigen was. Beim Verbindungen mit Umsteigen ist garantiert, dass die DB den Anschlusszug wegen Verspätung verpasst und dann bringt mir die Reservation nix mehr😂
In der Schweiz fährt man selten 5h lang in einem Zug, in DE schon. Daher lässt sich SBB und DB auch nicht vergleichen.
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Regenmaker
12.10.2023 10:59registriert Juni 2018
Bitte nicht, das reservieren macht in der Schweiz einfach keinen Sinn. Auf dem DB Netz bei weiten Reisen (von 4h und mehr) während hoher Auslastung macht es eher Sinn. Aber auch dort ist es immerwieder ein Ärgernis weil es nicht immer funktioniert und dann nur zu Chaos oder „besetzten“ aber effektiv leeren sitzen führt. Oder manche sind zu dumm und sitzen dann einfach irgendwo, weil ihnen „ihr“ reservierter Platzt nicht gefälllt und dann fängt ein riesen Karusell an mit unruhe und gehässigen mitreisenden. Da kann ich gerne verzichten.
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