Ist die Coronakrise für den öffentlichen Verkehr endgültig überwunden? Die Anzeichen dafür verdichten sich. Diesen Sommer transportierten die SBB wieder so viele Passagiere wie vor der Pandemie und konnten schwarze Zahlen verbuchen. Ein weiterer Indikator für die allmähliche Erholung ist die Zahl der verkauften Generalabonnemente (GA). Das Premiumprodukt hatte massiv unter den Einschränkungen der Pandemie gelitten. Zwischen 2020 und 2021 kündigten fast 100'000 Menschen ihr Abo.
Neue Zahlen der Branchenorganisation Alliance Swiss Pass zeigen nun, dass sich auch an der Abo-Front eine Entspannung abzeichnet. Per Mitte September besassen rund 448'000 Personen ein Generalabo – das sind rund 20'000 mehr als im Vorjahr und 40'000 mehr als noch 2021. Die Branche hofft, dass die Zahl weiter steigt. Kürzlich hat Alliance Swisspass eine Kampagne lanciert, um die zirka 110'000 bestehenden Halbtax-Inhaber mit entsprechendem ÖV-Konsum vom GA zu überzeugen. Ihnen offeriert die Branche beim Umstieg auf das Premium-Abo einen satten Rabatt von 500 (2. Klasse) beziehungsweise 850 Franken (1. Klasse).
Diese Rabatt-Aktionen sorgten in der Vergangenheit immer wieder für Unmut. Denn wer als treuer Kunde jeweils sein GA anstandslos erneuert, kann von diesen Angeboten nicht profitieren. «Die Branche hat das erkannt und möchte bestehenden Kunden mehr Wertschätzung zeigen», sagt Reto Hügli von der Alliance Swisspass auf Anfrage. Nächstes Jahr wolle man die Treue der bestehenden GA-Kunden besser honorieren. Wie die Aktion ausgestaltet sein wird, will Hügli noch nicht preisgeben.
Trotz dieser positiven Signale bleibt noch Luft nach oben. Vor der Pandemie waren rund eine halbe Million Menschen in Besitz eines GA. Es sind also weiterhin Zehntausende ehemalige Kunden unterwegs, die es wieder zu überzeugen gilt. Sie sind entweder aufs Auto umgestiegen oder nutzen den öffentlichen Verkehr mit Einzelbilletten oder einem Halbtax.
Mit der anstehenden Preiserhöhung ist das Buhlen um diese Kundschaft allerdings nicht einfacher geworden. Ab Dezember schlägt ein 2.-Klasse-GA mit 3995 Franken zu Buche. Nur dank einer Intervention des Preisüberwachers kletterte der Preis nicht über die 4000-Franken-Grenze. Vor diesem Hintergrund hoffen die Verkehrsbetriebe auf ein Angebot, das auf den kommenden Fahrplanwechsel eingeführt wird: das Guthaben-GA. Es soll Kundinnen und Kunden ansprechen, die regelmässig unterwegs sind, den klassischen GA-Preis aber nicht rausfahren.
Das Prinzip: Sie können sich einen fixen, vergünstigten Betrag auf das Mobiltelefon laden. Für ein Guthaben von 3000 Franken werden beispielsweise nur 2100 Franken fällig. Damit können Reisende dann Billette kaufen. Im Hintergrund ist das Halbtax hinterlegt und animiert dazu, den Betrag mit möglichst vielen Fahrten zu amortisieren. Denn das ungenutzte Guthaben verfällt nach der definierten Laufzeit.
Mit welchen Guthabengrössen das neue Angebot im Dezember lanciert wird, ist noch nicht bekannt. Da das neue Abo auch für GA-Besitzer attraktiv sein könnte, wird es wohl zu einer Kannibalisierung kommen. Diese ist von der Branche jedoch gewollt. Die Devise lautet: Hauptsache, die Kundschaft nutzt weiterhin Zug, Bus und Tram.
Grosse Erwartungen setzt die Branche daneben in ihre Digitaloffensive. Derzeit laufen Tests mit einer Tracking-Applikation, die Reisen beim Ein- und Aussteigen erfasst und im Hintergrund, nach Abschluss der Fahrt, automatisch den günstigsten Preis berechnet. Das Konzept soll nicht nur neue Kundschaft an Bord bringen, sondern auch das bisher sehr komplizierte Tarifsystem grundsätzlich umkrempeln.
Aglaya
Hüendli
Öhm, nennt sich Fairtiq und gibt's mittlerweile seit über fünf Jahren schweizweit 🤔 Aber Achtung: Wenn der Zug mit zwei Minuten Verspätung abfährt, man ihn deshalb noch knapp erwischt und die Funktion erst dann startet, kostet das dann satte 120.- Busse! Vielleicht sollte die Branche da zuerst ansetzen (Stichworte Kulanz, [neue] KundInnen auch wie solche behandeln und kompliziertes Tarifsystem).
45rpm
Dass ich einfach im Bus, Tram, Bahn oder Schiff einsteigen kann und nichts machen muss.