Daria Martinoni ist keine Frau der lauten Töne. Das unterscheidet sie von Benedikt Weibel – aber nicht nur. Die Vorstellungen, wie der Fahrplan der Zukunft geplant werden soll und welche Ausbauten es braucht, gehen zwischen der Fahrplanchefin der SBB und deren Ex-Chef weit auseinander. Das zeigt sich bei einem Gespräch in Zürich.
In den vergangenen Wochen wurde die Kritik an den geplanten Ausbauten für die Eisenbahn immer lauter. Anfang Juni preschte Benedikt Weibel mit einer Rede in Luzern vor: Der Ausbau, in den bis Ende der 2030er-Jahre 18 Milliarden Franken investiert werden, sei «konzeptlos und gesetzeswidrig», sagte er und forderte ein Ausbau-Moratorium. Zusammen mit dem Chef der Planungsfirma Otimon, Philipp Morf, und weiteren Experten habe er ein Konzept entwickelt, das es erlaube, praktisch ohne Ausbauten ein Viertel mehr Züge auf dem Schienennetz fahren zu lassen.
Der Geist war aus der Flasche: Seitdem melden sich im Wochentakt amtierende und ehemalige Experten zu Wort mit neuer Kritik und ernten wiederum Kritik. Nur die SBB haben sich bis anhin nicht geäussert. Dass ihr Chef Vincent Ducrot seit einiger Zeit vor immer mehr Ausbauten warnt, weil diese Folgekosten verursachen, interpretierten viele als Zustimmung an der Grundsatz-Kritik. Das Gespräch mit Martinoni zeigt: Es ist komplizierter.
Die 53-jährige SBB-Managerin leitet ein Team von etwa 300 Mitarbeitenden, das sich um kurz-, mittel- und langfristige Fahrplanänderungen kümmert. Kaum jemand kennt die Herausforderungen des dicht befahrenen Schweizer Schienennetzes so gut wie sie. Mit ihrem Team plant sie jetzt schon sekundengenau, welche Züge in 20 Jahren fahren sollen – wobei «sekundengenau geplant und im Idealfall minutengenau gefahren wird».
Martinoni ist Angestellte der SBB und als solche diplomatisch in ihrer Wortwahl. Das Konzept der Weibel-Gruppe, in das sie teilweise Einblick hatte, will sie nicht direkt kritisieren. Dass aber auf dem existierenden Netz 25 Prozent mehr Züge fahren können, bezweifelt sie. Gerade dort, wo schon viele unterwegs seien, sei das kaum möglich.
Der Bahnhof Zürich-Stadelhofen etwa, ein Nadelöhr der Zürcher S-Bahn, sei mit seinen bis zu 26 Zügen pro Stunde und Richtung voll. Der geplante, milliardenschwere Ausbau sei unabdingbar. Es brauche sowohl das vierte Gleis als auch die kreuzungsfreie Führung der Züge Richtung Winterthur und Oberland sowie ans rechte Zürichseeufer. Nötig sei auch der Ausbau zwischen Zürich und Winterthur mit dem Brüttener Tunnel.
Dass die Weibel-Gruppe und die Fahrplan-Abteilung der SBB zu unterschiedlichen Schlüssen kommen, liegt aber auch an anderen Denkweisen. Auf dem Papier ist das Schweizer Schienennetz tatsächlich nicht am Anschlag und liesse sich optimieren. In der Praxis und mit zunehmender Detailtiefe der Planung sieht das anders aus.
Dennoch sieht Martinoni die Zukunft der Eisenbahn weniger düster als die Kritiker. Zwar dürfte sie in den nächsten Jahren kaum mehr schneller werden, dafür aber stabiler. Wichtig sei, dass genügend Geld in den Erhalt der Bahninfrastruktur gesteckt werde. Vielleicht könne man auch beim einen oder anderen Ausbauprojekt noch über Details sprechen. Der Ausbauschritt, der vom Parlament im Jahr 2019 beschlossen wurde und der nun in der Kritik steht, sei aber nötig. Ihm lägen sehr wohl ein Fahrplan und ein Konzept zugrunde, und er werde deutlich mehr Kapazität ermöglichen: «Das wird noch einmal ein grosser Sprung für die Bahn.»
Mittelfristig könne die Digitalisierung helfen, etwa weil Züge schneller nacheinander verkehren können. Und wenn irgendwann überall der 15-Minuten-Takt der Standard sei, brauche es auch die Knoten nicht mehr – also das Prinzip, dass in grossen Bahnhöfen alle Züge etwa um die gleiche Zeit ankommen und wieder abfahren und so Anschlüsse aufeinander ermöglichen. Wenn sowieso alle paar Minuten ein Zug fährt, werden die Wartezeiten weniger wichtig. Eine Auflösung der Knoten würde Kapazität freilegen. Was bei der Zürcher S-Bahn bereits der Fall ist, dürfte aber schweizweit erst etwa im Jahr 2060 umgesetzt werden, sagt Martinoni.
Bis dann dürfte noch über viele Ausbauten gestritten werden. (aargauerzeitung.ch)
Wieder einmal können sich ein alter weisser Mann und seine Kollegen mit ihrer im Rentenalter sinkenden Bedeutung nicht abfinden.
Wie haben wir früher im Militär gesagt: "Schnauze tief."
Der Begriff sollte dem Klientel ja noch bekannt sein.
Ich finde solche Aktionen immer sehr befremdlich und anmassend.