Die Sommerferien sind bald da. Sie locken mit Sonne, Meer, Bergen, gutem Essen - und viel Erholung. Aber sie dürften heuer deutlich teurer werden. Der Hauptgrund ist die massive Teuerung der vergangenen Jahre, die sich nun in den beliebten Feriendestinationen bemerkbar macht. Etwa in Frankreich, Spanien oder Italien. Das macht alles kostspieliger - die Reise, das Hotel und die Ausgaben vor Ort. Verstärkt wird der Preisschub durch die nach Corona anhaltend hohe Nachfrage nach Ferien. Auch in der Schweiz.
Gemäss einer aktuellen Umfrage der Generali-Tochter Europ Assistance haben in Europa Schweizer Haushalte mit rund 4000 Franken das grösste Budget für die Sommerferien zur Verfügung, also für Transport, Unterkunft, Mahlzeiten und Aktivitäten vor Ort (CH Media berichtete). Innerhalb Europas liegt der Durchschnitt bei knapp 2400 Franken.
Trotz höherer Krankenkassenprämien, teurerer Mietwohnungspreise und vielfach ausbleibenden Inflationsausgleichszahlungen liegt das angegebene Schweizer Budget sogar 600 Franken über dem Vorjahresbetrag.
Möglich ist allerdings, dass das höhere angegebene Budget mit den erwarteten Kostensteigerungen zu tun hat für die Reise an sich und die Ausgaben während der Ferien. Rund die Hälfte der Befragten geben denn auch an, vor Ort weniger ausgeben zu wollen, um anderweitige Preissteigerungen auszugleichen.
Nein, jedenfalls im Vergleich zum Vorjahr nicht. Die Flugscham ist zwar verflogen, und die Nachfrage nach Flugreisen ist gross. Doch das Angebot ist ebenfalls erhöht worden. Und das drückt auf die Preise. Gemäss einer Auswertung der Reisesuchmaschine Kayak liegen die Preise für Flüge ab Schweizer Flughäfen mit Abflug zwischen Anfang Mai und Ende September in den meisten Fällen unter Vorjahr. In der Economy-Klasse beträgt demnach der Durchschnittspreis für einen Retourflug in diesem Sommer 549 Franken, was 2 Prozent weniger sind als 2023.
Der soeben abgetretene Swiss-Chef Dieter Vranckx geht davon aus, dass die Flugtickets heuer «noch weiter sinken» werden, wie er im Interview mit der «Handelszeitung» festhielt. Als Grund nennt auch er das hohe Angebot. Doch Vranckx stellt klar: «Langfristig gesehen werden die Flugpreise aufgrund erhöhter Kosten und Investitionen in Nachhaltigkeit jedoch steigen.»
Und im Vergleich zum Sommer 2019, also zum letzten vor Ausbruch der Corona-Krise, sind die Flugpreise gemäss den Zahlen des Landesindexes der Konsumentenpreise doch schon um rund 25 Prozent gestiegen.
Um 3,7 Prozent sind die Preise im öffentlichen Verkehr hierzulande per Dezember 2023 gestiegen. Damit war die SBB aber nicht alleine: Auch die Deutsche Bahn hat kräftig aufgeschlagen, etwa bei den Flexpreis-Tickets um rund 5 Prozent. Auch die Bahncard 50 und Bahncard 25 - Abos, die ähnlich wie das Halbtax eine Ermässigung von 50 Prozent respektive 25 Prozent ermöglichen - sind um 4,9 Prozent teurer geworden. Gleich geblieben sind die Preise bei Spartickets.
Zudem hat die Deutsche Bahn die Preise für Sitzplatzreservationen per Juni 2024 um 6 bis 10 Prozent angehoben. Zwar sind die Aufschläge in absoluten Zahlen gering: Einzelpersonen zahlen 30 bis 60 Cent mehr, für ganze Familien sind es 60 Cent bis 1.20 Euro mehr. Doch zwischen dem 1. Juni und dem 1. September ist die Reservation bei grenzüberschreitenden Fernverkehrszügen neuerdings obligatorisch. Immerhin: Wer mit dem Zug an ein Spiel der Europameisterschaften reist, profitiert von Sparangeboten.
Auch in Frankreich sind die Ticketpreise für den TGV 2024 im Schnitt um 2,6 Prozent gestiegen. Und wer nach Paris fährt, muss wegen der dort stattfindenden Olympischen Spiele verschiedentlich drauflegen. So etwa in der Metro: Die Fahrten kosten zwischen dem 20. Juli und dem 8. September fast doppelt so viel. Für eine Einzelfahrt werden saftige 4 Euro fällig - statt des regulären Preises von 2.10 Euro.
Die italienische Trenitalia hat zwar per 2024 keine allgemeine Preiserhöhung vorgenommen. Doch in verschiedenen Regionen sind die Zugtickets um 3 bis 6 Prozent teurer geworden, etwa in der Toskana, im Piemont, in Ligurien und in Sizilien.
In Österreich wurden die Nachtzüge zum grossen Ärger der Kundschaft teils massiv teurer - wegen neu eingeführter dynamischer Preise. Zudem hat die ÖBB bereits im vergangenen Sommer um durchschnittlich 5,8 Prozent aufgeschlagen.
Ja, jedenfalls an vielen Orten, wie eine interne Auswertung von Hotelplan zeigt. Kostspieliger geworden sind demnach insbesondere türkische Destinationen wie Antalya aufgrund der dort starken Inflation.
Auch die Kanarischen Inseln, zu denen unter anderem Teneriffa gehört, und Mallorca sind teurer geworden. «Das können sich nicht mehr alle leisten», sagt Hotelplan-Suisse-Chefin Nicole Pfammatter. Der Durchschnittspreis pro Person liege beispielsweise für Ferien in Antalya knapp 30 Prozent über dem Niveau von 2019 und rund 8 Prozent über dem Vorjahreswert.
In Italien, dem bei Schweizern beliebtesten Ferienland, sind die Hotels im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit gar um die 40 Prozent teurer geworden, wie ein Blick in die Zahlen von Istat zeigt, dem italienischen Amt für Statistik.
Allerdings: «Manche Hoteliers werden jetzt nervös», sagte Pfammatter. Hotelplan erhalte täglich Spezialangebote aus den genannten Destinationen mit günstigeren Preisen. «Sie versuchen nun, ihre Auslastung kurzfristig zu steigern», so Pfammatter. Deswegen rechnet sie mit einem starken Last-minute-Geschäft.
Ja, und zwar deutlich. Ein Eindruck von der Kostenexplosion, die auf hiesige Touristinnen und Touristen im Ausland wartet, lässt sich aus den Istat-Zahlen für Italien gewinnen: Im Vergleich zu 2019, den letzten Sommerferien vor Corona, liegt das allgemeine Preisniveau im Juni 2024 um ganze 17 Prozent höher. Die Touristen aus der Schweiz müssen sich also darauf gefasst machen, dass mehr oder weniger alles teurer geworden ist - jedenfalls in absoluten Zahlen. Real wird der Preisschock dank der Frankenstärke etwas abgedämpft.
Aber auf dem Euro-Preisschild bleibt die Differenz gross. Ganz vorne stehen da Nahrungsmittel, die durchschnittlich 25 Prozent mehr kosten als früher. Für Pasta ist es sogar ein Preisaufschlag von 30 Prozent, was die Italienerinnen und Italiener besonders hart getroffen hat. Etwas weniger schlimm ist es bei den Pizzen mit einem Plus von 20 Prozent und beim Kaffee mit 14 Prozent.
Alles in allem werden Touristen in Italien in Restaurants und Cafés um die 18 Prozent mehr ausgeben müssen als im letzten Sommer vor Corona. Den allergrössten Preishammer, der sich in der Inflationsstatistik findet, hat es ausgerechnet beim Olivenöl gesetzt, einem wichtigen Bestandteil der italienischen Küche: Dafür muss man heute 90 Prozent mehr bezahlen.
Teurer geworden sind nicht nur die Produkte, sondern auch der Service. In den USA etwa war es in bedienten Restaurants lange Zeit Usus, ein Trinkgeld von rund 15 Prozent zu bezahlen. Doch inzwischen erhält die Kundschaft vielerorts die Rechnung, auf der drei höhere Vorschläge notiert sind: 18, 20 und sogar 22 Prozent. Damit verteuert sich der Verzehr von Hamburgern, Milkshakes und French Fries deutlich - zusätzlich zu den inflationsbedingt erhöhten Fixpreisen.
Laut Michael Bötschi, Gründer und Mitinhaber des Nordamerika-Spezialisten Go 2 Travel, gibt es bei den Preisen regionale Unterschiede: «Insbesondere an der Westküste, in Florida und auf Hawaii sind die Kosten für Hotels und Verpflegung sehr hoch und teilweise sogar über dem Preisniveau der Schweiz», sagt er gegenüber dem Branchenportal «Travelnews».
Anders sei die Situation im mittleren Westen, rund um die Great Lakes an der Grenze zu Kanada und in den Südstaaten - ausserhalb der grossen Städte. Dort seien die Preise einiges tiefer als an den Hotspots, sagt Bötschi. «Die Auswahl der Destination innerhalb der USA hat also grossen Einfluss auf das Preis-Leistungs-Verhältnis vor Ort.»
Die Swiss gibt sich im Vorfeld der Sommerferien optimistisch. Die Lufthansa-Tochter hat laut Betriebschef Oliver Buchhofer rund 80 Massnahmen lanciert, um die Pünktlichkeit ihrer Flüge zu verbessern. Doch es sind viele Menschen unterwegs: Allein der grösste Schweizer Flughafen, derjenige von Zürich, erwartet an den bevorstehenden Wochenenden bis Ende August immer wieder über 100'000 Passagiere pro Tag. An Spitzentagen können es sogar über 110'000 sein.
Und es bleiben einige Unsicherheiten. So hat der Flughafen Zürich erst kürzlich eine neue Gepäcksortieranlage in Betrieb genommen. Laut Buchhofer kämpft diese noch mit einigen Kinderkrankheiten, insbesondere beim Verlad von Transfer-Gepäck. «Da gibt es Probleme.» Rund 30'000 Gepäckstücke werden laut Flughafen täglich vom Check-in zum Flugzeug transportiert, in Spitzenzeiten gar bis zu 50'000.
Volatil erscheint auch die Lage bei der Luftraumüberwachung. Zwar gäbe es dieses Jahr weniger Streiks von europäischen Fluglotsen als im Vorjahr, doch andere Aspekte sorgen für Unsicherheiten. Das Wetter habe bisher für einige Einschränkungen gesorgt, genauso wie Personalmangel, aber auch fehlende Effizienz im System.
Zuletzt sorgte die Schweizer Flugsicherung Skyguide für negative Schlagzeilen. Vergangene Woche musste der Flugraum über Genf gesperrt werden, nachdem es wegen starker Regenfälle zu einer Überschwemmung im Kontrollraum kam. Flugverspätungen und Flugabsagen waren die Folge. Hinzu kamen Software-Probleme in Zürich, die zu Einschränkungen der Starts und Landungen führten.
«Im Hochsommer ist es für uns bei Flug-Annullationen noch schwieriger, einen gleichwertigen Ersatz für unsere Gäste zu finden, weil alle Flüge enorm gut ausgelastet sind», sagt Buchhofer.
Eine Besserung aus Passagiersicht versprechen derweil die neuen Gepäck-Scanner am Flughafen Zürich. Bei diesen Maschinen, welche seit dieser Woche getestet werden, können elektronische Geräte wie Laptops und Tablets sowie Flüssigkeiten im Koffer oder Rucksack belassen werden. Die Sicherheitskontrolle sollte sich damit beschleunigen.
Ungewiss bleibt derweil die geopolitische Lage, die zu plötzlichen Flugänderungen führen kann. Die Sperrung des russischen Flugraums zwingt die Airlines beispielsweise bei Asien-Flügen zu teureren Umwegen. «Nach Tokio fliegen wir teils gar über den Pol», sagt Buchhofer. Dies verlängert für die Passagiere die Reise und macht die Strecken für die Airlines aufgrund des höheren Kerosinverbrauchs und den längeren Crew-Arbeitszeiten weniger lukrativ. Zudem kann die Umsteigeverbindung nicht immer garantiert werden.