Das Zürcher RehaZentrum (früher Höhenklinik) wurde einst an einem Ort mit «guter Luft» gebaut. So genau messen konnte man dies aber vor rund 130 Jahren noch nicht. Darum wollen wir herausfinden, ob die Luft da oberhalb von Wald wirklich besser ist als an der Bahnhofstrasse im Dorf. Und wie steht es eigentlich um die Luftqualität in der Stadt Zürich?
Wir wollten erst die Meinungen der Leute auf der Strasse wissen: Wo glauben sie, dass die Luft besser sei. Die Antworten waren eindeutig und hörten sich meist ähnlich an: «Die Luft in Wald ist gut, in Zürich ist sie am schlechtesten wegen dem ganzen Verkehr und im Rehazentrum oben ist sie am besten, weil es dort so viel Bäume hat.»
Unsere kleine Umfrage zeigt: Die klare Mehrheit vermuttet die beste Luft bei der Höhenklinik Faltigberg. Warum ist neben der guten Aussicht auch die Luftqualität bei der 1898 erbauten Höhenklinik so gut?
Klar, die erhöhte Lage, viele Bäume und viel Sonnenschein auch während der sonst nebligen Jahreszeit helfen. Doch aufgrund von was legte man vor fast 130 Jahren den Standort wirklich fest? Diese Frage stellen wir Otto Brändli, dem jahrelangen Chefarzt und Klinikleiter der Höhenklinik: «Damals dachte man, dass allein die Höhe einen Einfluss auf die Luftqualität hat. Gemessen hat man um diese Zeit jedoch nur die Sonnenscheindauer und den Niederschlag.»
Gebaut wurde die Höhenklinik aber vor allem, weil sie eine günstige Alternative zu den teuren Rehazentren in Davos wollten. Wald und Bäretswil standen zur Auswahl. «Den Zuschlag erhielt Wald, weil es auch noch anbot, eine Strasse zur Höhenklinik zu bauen», weiss Brändli zu berichten.
In den Anfangszeiten nahmen sie nur Patienten mit mittleren bis leichteren Tuberkulose-Erkrankungen auf. Vieles änderte sich nach dem Zweiten Weltkrieg. Dank Medikamenten gegen Tuberkulose konnte man diese Patienten nach 1970 auch im Flachland behandeln. Die Höhenklinik musste sich auf Patienten mit anderen Krankheiten spezialisieren.
Die Luft in der Höhenklinik hilft auch heute den Patienten bei der Heilung. Auch wenn Brändli sagt: «Die Luftqualität in der Schweiz hat heute hat keine sehr grossen Auswirkungen auf die Gesundheit, doch wenn man ein Leben lang schlechter Luftqualität ausgesetzt ist, ist man anfälliger auf Asthma und Lungenerkrankungen.»
Wir wollten es genauer wissen, ob die Luftqualität hier wirklich besser ist als an anderen Orten und stellten Messungen an. Dafür waren wir mit Messgeräten von Sensirion unterwegs.
Eines allerdings vorneweg: Um aussagekräftige Resultate zu erhalten, müssten wir längere und genauere Messungen machen. Aber Anhaltspunkte für die aktuelle Situation haben wir erhalten und diese sind im Bereich von Langzeitmessungen für die Region.
Am besten schneidet tatsächlich die Höhenklinik ab. Die Werte für Schwebestaub (PM10) sind da deutlich unter dem von der WHO festgelegten Grenzwert von 20 Mikrogramm (Jahresmittelwert) pro Kubikmeter (µg/m3) und im Bereich zwischen 10 und 12 µg/m3.
Die zweite Messung nahmen wir beim Bahnhof Hardbrücke mitten in Zürich vor. Allerdings in einem Fussgängerbereich, also ohne direkt vor der Nase durchfahrenden Autos. Die Werte hier sind leicht höher, im Bereich zwischen 13 und 16 µg/m3:
Überraschend am schlechtesten schneidet die Bahnhofstrasse in Wald ab. Sie hatte zum Zeitpunkt der Messung rund 20 µg/m3. Dazu kommen sehr hohe Peaks, wenn Autos in der Begegnungszone an den Messgeräten vorbeifuhren. Michael Riediker, vom Schweizerischen Zentrum für Arbeits- und Umweltgesundheit (SCOEH), sagt: «Das ist schon erhöht.» Er sieht eine mögliche Erklärung darin, dass hier der windstille Tag und die doch hohen Häuser auf beiden Seiten einen Einfluss haben, dass der Feinstaub sitzen bleibt und die Werte darum erhöht sind.
Wie sehr Feinstaub Menschen beeinträchtigt, ist unterschiedlich. Einige sind mehr betroffen als andere. Hat zum Beispiel jemand Herzkreislaufprobleme, kann es durchaus möglich sein, dass die Gesundheit auch schon mit tiefen Werten gefährdet wird.
Darum sind Grenzwerte in diesem Zusammenhang etwas schwierig. Riediker sagt: «Es gibt keine Grenze ohne Risiko. Lang andauernde Feinstaubbelastung stellt auch für gesunde Personen ein Gesundheitsrisiko dar.» Oder anders formuliert: «Wenig schadet wenig, viel hat aber grosse Auswirkungen auf die Gesundheit.»
Selbst allerkleinste Partikel können sich im Körper verbreiten und Schaden anrichten. Oder sie dringen durch die Nase direkt ins Gehirn ein und können dort Schäden verursachen.
So weit die körperlichen Folgen von (zu) schlechter Luft. Aber kann das auch die Psyche betreffen? Riediker ist sich sicher: «Die Luftqualität hat Auswirkungen auf die Psyche, aber man weiss noch nicht genau in welchem Umfang. Die Forschung ist da noch nicht so weit. Ich würde gerne in diesem Bereich auch Forschung betreiben.» Was dagegen sicher ist: Wir haben in der Schweiz in der Lufthygiene grosse Fortschritte gemacht. In der Schweiz haben wir selbst in Städten ziemlich gute Luft. Wir können froh sein, in so einem Land zu leben.