Hitzewellen hatten den Süden Europas in den vergangenen Wochen fest im Griff. Die Menschen schwitzten vielerorts bei Temperaturen über 40 Grad. Die Hitze setzt auch den Wetterprognosen von SRF Meteo zu. Die Vorhersagen für Orte im Mittelmeerraum fallen beim Wetterdienst von Schweizer Radio und Fernsehen zum Teil zu hoch aus.
SRF-Meteo-Leiter Thomas Bucheli bestätigt die Probleme. Betroffen seien die vollautomatisch berechneten Wetterprognosen für ausländische Orte, die in der Wetter-App und auf der Website zu finden sind.
Die App von SRF Meteo wird von vielen Menschen in der Schweiz genutzt: Alleine aus dem Play Store von Google wurde sie mehr als eine Million Mal heruntergeladen. Die betroffenen Prognosen bezieht SRF Meteo gemäss Bucheli bei einem Partner-Wetterbüro.
Die Probleme bestehen offensichtlich schon länger: Es habe in der Vergangenheit gelegentlich Hinweise aus dem Publikum gegeben, wonach einzelne Prognosen auf der App für einen ausländischen Ort nicht stimmten, sagt Bucheli. Diese Rückmeldungen häuften sich in diesem Sommer, insbesondere für den Mittelmeerraum. Man habe diese Meldungen aufgenommen und die Daten für eine eingehende Analyse archiviert.
Bislang hat SRF Meteo nicht von sich aus über die Probleme informiert. Bucheli kündigt aber an, in der Meteo-Sendung vom Mittwoch darauf einzugehen.
Nicht betroffen seien die von Hand erstellten Prognosen, die das Team über Radio und TV verbreitet. Dazu gehört etwa die Meteo-Ausgabe nach der «Tagesschau» am Abend, der zuschauerstärksten täglichen Sendung von SRF. Auch die in der App gezeigten, automatisch berechneten Daten für Schweizer Orte zeigten keine Probleme.
SRF Meteo berechnet die automatische Wetterprognose für Schweizer Orte mit einem anderen Algorithmus als jene für den Rest der Welt.
Hier steckt gemäss Bucheli der Wurm drin – wegen der grossen Hitze: «Es hat sich in diesem Sommer gerade im Mittelmeerraum gezeigt, dass dieses Verfahren bei sehr hohen Temperaturen respektive bei Extremhitze ‹überschiesst›.»
Die Problemlösung gestaltet sich indes zäh: Der Fehler sei erkannt, aber noch immer sei unklar, ab welchen Temperaturen, an welchen Stationen und warum es zum Überschiessen komme, sagt Bucheli.
Ein Blick auf die Höchsttemperaturen der kommenden Tage in beliebten Badeorten bei verschiedenen Wetterdiensten lässt darauf schliessen, dass das Problem weiterhin existiert. So meldet SRF Meteo für das türkische Antalya am Mittwoch 37 Grad. «Meteonews» liegt mit 32 Grad ebenso tiefer wie «Meteoblue» mit 31 Grad.
Zuerst über die fehlerhaften Prognosen hat die «Weltwoche» berichtet. Um bis zu 8 Grad zu hoch fallen die Prognosen demnach aus. Bucheli sagt, er könne die Höhe der Abweichung noch nicht quantifizieren.
Die «Weltwoche» stellte die Vermutung in den Raum, SRF Meteo verfälsche den Wetterbericht absichtlich – aus klimapolitischen Gründen. Der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter nahm den Ball auf und doppelte in der Sendung «SonnTalk» nach: «Wenn man SRF Meteo in einem Wahljahr missbraucht für die ganze Klimapanik, ist das dicke Post.»
SRF Meteo als Wahlhelfer der Grünen? Bucheli widerspricht: «Der Vorwurf einer bewussten Verfälschung ist völlig absurd.» Der Prognose-Algorithmus laufe vollautomatisch ab. Diese Technik könne man von Hand gar nicht beeinflussen.
Die SVP übt seit Jahren Kritik an SRF, die Berichterstattung sei zu linkslastig. Buchelis Team geriet auch schon ins Visier. Als Meteorologe Gaudenz Flury im vergangenen Sommer sagte, griffige Klimamassnahmen lohnten sich angesichts von häufiger werdenden Hitzewellen, wetterte der Solothurner SVP-Nationalrat Christian Imark bei nau.ch gegen die «billige, linke Propaganda des Staatsfernsehens».
Die neuerlichen Anschuldigungen kommen wenige Tage, bevor diesen Donnerstag die Halbierungsinitiative eingereicht wird. Ziel des Volksbegehrens ist es, die Serafe-Gebühren von 335 auf 200 Franken pro Jahr zu senken. Mit diesem Geld werden hauptsächlich die SRG-Programme finanziert. Ein kleiner Teil geht an das private Radio- und TV-Geschäft. Das Komitee will die gesammelten Unterschriften am Donnerstag der Bundeskanzlei übergeben. Im Co-Präsidium sitzt unter anderem Thomas Matter.
Die Allianz Pro Medienvielfalt kämpft gegen die Initiative. Der Bündner SP-Nationalrat Jon Pult sagt, wenn SRF Meteo fehlerhafte Prognosen mache, müsse es sich dafür erklären. Von den Vorwürfen der politischen Verfälschung hält er nichts: «Das ist Getöse im Wahljahr.» Die SRG sei gesetzlich verpflichtet, unabhängig zu berichten.
(aargauerzeitung.ch)
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