«Grossartig! Grossartig!» So beantwortete Gianni Infantino die Frage des CH-Media-Reporters, wie es an der Inauguration von Donald Trump in Washington gewesen sei. Infantino strahlte. Er war soeben, aus der US-Hauptstadt kommend, in Davos am Weltwirtschaftsforum eingetroffen.
Der FIFA-Präsident gehörte zum exklusiven Kreis, der von Trump eine persönliche Einladung an die Amtseinsetzungsfeier vom 20. Januar 2025 erhalten hatte. Die beiden Männer mögen sich. Bereits in Trumps erster Amtszeit hatten sie sich mehrfach getroffen. Infantino schaffte es bis ins Oval Office. Dort übergab er dem US-Präsidenten ein Trikot mit der Rückennummer 26 und, natürlich, dem Namen Trump aufgedruckt.
Damals war die Fussballwelt für die FIFA noch in Ordnung. Die WM in Russland 2018 war ein Erfolg. Es störte die FIFA nicht, dass Kreml-Chef Wladimir Putin daraus eine Propagandashow machte. Er zeigte sich wiederholt an der Seite von Infantino. Besonders medienwirksam beim Finalspiel zwischen Frankreich und Kroatien (4:2).
Von einem solchen Propagandaerfolg träumt auch Donald Trump, dessen Land die WM 2026 organisiert, gemeinsam mit Kanada und Mexiko, denen er den Handelskrieg erklärt hat. Infantino, der inzwischen mehrheitlich in den USA lebt, tut alles, um Trumps Traum zu erfüllen. Die vierwöchige WM findet mitten im US-Wahlkampf statt. Die Zwischenwahlen werden – das ist absehbar – zu einem Plebiszit über «Trump 2.0» werden.
Am Mittwoch teilte die FIFA mit, erstmals werde in einem WM-Final eine grosse Halbzeitshow veranstaltet. Gianni Infantino bezeichnet diese bereits jetzt als «die beste Feier aller Zeiten», die Show werde «historisch» sein. Das ist Musik in Trumps Ohren, der Superlative und Mega-Shows liebt. Vor kurzem besuchte er als erster US-Präsident überhaupt den Superbowl, das grösste Sportevent der USA. Deren Halbzeitshow dient der FIFA als Vorbild. Nur die Grössten treten dort auf: 2025 Kendrick Lamar, 2024 Usher und Alicia Keys, 2023 Rihanna.
Ein FIFA-Insider sagt zur «Schweiz am Wochenende», die Überlegungen gingen noch wesentlich weiter. Infantino schwebe eine «WM im Zeichen des Friedens» vor. Er wolle die versöhnende Kraft des Fussballs zelebrieren – in der Annahme, dass der Ukraine-Krieg beendet sei. Auch das wäre ganz im Sinne von Trump, der sich diese Woche in einer Ansprache vor dem Kongress als Friedensstifter feierte.
In der FIFA-Zentrale in Zürich wurde in den vergangenen Tagen über die Frage beraten: Was passiert mit dem Ausschluss Russlands von FIFA-Wettbewerben, sollte in nächster Zeit ein Friedensabkommen erreicht werden? Kehrt Russland dann an die WM zurück?
Die FIFA und auch der europäische Fussballverband UEFA hatten Russland nach dem Überfall auf die Ukraine von den Turnieren ausgeschlossen. Das Internationale Sportschiedsgericht CAS bestätigte den Entscheid und wies eine Beschwerde Russlands zurück. Es stützte die Argumentation von FIFA und UEFA: Der Ausschluss sei notwendig, um die «Sicherheit und Integrität» der Wettbewerbe zu gewährleisten.
In dem Urteil heisst es aber auch, eine Rückkehr Russlands sei möglich – wenn FIFA und UEFA zum Schluss kämen, dass sich die politische Situation ausreichend stabilisiert habe.
Gemäss verlässlichen Quellen aus dem Zürcher FIFA-Hauptsitz hält Gianni Infantino einen Waffenstillstand beziehungsweise einen «Friedensdeal» für einen Grund, um Russland wieder zuzulassen. Dies wäre eine «ausreichende politische Stabilisierung».
Bereitet der Walliser FIFA-Präsident das Terrain für eine Rückkehr des geächteten Landes auf die Weltbühne des Fussballs? Die Medienstelle der FIFA nimmt dazu keine Stellung. Stattdessen schickt sie Zitate von Infantino, die er vor gut einer Woche in Belfast (Nordirland) abgegeben hat.
Dort fand die Jahresversammlung des International Football Association Board statt. Infantino wurde im Zusammenhang mit den Friedensverhandlungen gefragt, ob er mit Putin sprechen werde. Der FIFA-Präsident antwortete: «Wir alle hoffen, dass die Friedensgespräche erfolgreich sein werden, denn ich denke, es ist wichtig, dass wir sie unterstützen.»
Weiter sagte er: «Sobald Frieden herrscht, werden wir natürlich unsere Rolle spielen.» Trump habe ihn nicht gefragt, ob Russland wieder an der Weltmeisterschaft teilnehmen könne. Doch Infantino schob einen interessanten Satz nach: «Wir möchten, dass alle Länder spielen können.»
Das ist Infantinos Wunsch. Doch die FIFA allein kann Russland nicht zurück auf den Rasen holen. Denn die Qualifikation für die WM läuft über die Kontinentalverbände. Russland gehört zur UEFA. Diese steht gemäss Insidern einer schnellen Rückkehr Russlands kritisch gegenüber. Es waren auch einzelne Mitgliedsländer der UEFA, die den Boykott 2022 angestossen hatten.
Im Fall eines Waffenstillstands käme es in der UEFA zu einer Zerreissprobe, vor allem die Verbände der baltischen Staaten und Polens würden sich dagegenstellen, heisst es. Offiziell gibt die UEFA nur folgendes Statement ab: Das Thema Russland sei «bisher» nicht zur Sprache gebracht worden, die UEFA könne «derzeit» keinen Kommentar dazu abgeben. Das könnte sich bald ändern. Doch die Zeit drängt: Die ersten Qualifikationsspiele starten, je nach Gruppe, bereits in wenigen Wochen.
(aargauerzeitung.ch)