Auch in der Schweiz gibt es Tierversuche an Hunden – diese 3 Dinge musst du wissen
Die Bilder von blutverschmierten Kachelböden und Hunden, die mit verstörtem Blick im Käfig sitzen, erschüttern. Sie stammen aus dem deutschen Tierversuchslabor LPT und wurden von einem Tierschützer, der sich als Pfleger eingeschleust hat, aufgenommen.
Nach Medikamententests würden sie sich selbst überlassen, berichtet er: «Man hat sie nicht erlöst, sondern sterben lassen.» Laut Berichten habe das Labor gegen die internationalen Tierschutz-Bestimmungen verstossen. Derzeit wird gegen das Tierversuchslabor ermittelt.
Gemäss Recherchen des «Kassensturz» hat auch eine Schweizer Firma Tierversuche im umstrittenen Labor durchführen lassen. Konkret handelt es sich dabei um das Pharma-Unternehmen Inthera. Wieso in Deutschland? «Es ist günstiger und die Bewilligung ist einfacher», sagte Julika Fitzi vom Schweizer Tierschutz zum SRF.
Doch auch in der Schweiz gibt es Tierversuche. Wie sind sie geregelt und welche werden durchgeführt? Diese drei Dinge musst du wissen:
Welche Tierversuche sind in der Schweiz erlaubt?
In der Schweiz regelt die Tierschutzverordnung (TSchV) die gesetzlichen Bestimmungen der Tierversuche. Zudem gilt die Tierversuchsordnung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Das Gesetz definiert einen Tierversuch als «jede Massnahme, bei der lebende Tiere verwendet werden.» Für diese Zwecke dürfen Tierversuche durchgeführt werden:
- Um wissenschaftliche Annahmen zu prüfen.
- Die Wirkung einer bestimmten Massnahme am Tier festzustellen.
- Einen Stoff zu prüfen.
- Zellen, Organe oder Körperflüssigkeiten zu gewinnen.
- Artenfremde Organismen zu erhalten oder zu vermehren.
Dabei hält das Gesetz fest, dass man dem Tier nicht ungerechtfertigt Schmerzen, Leid oder Schäden zufügen oder es in Angst versetzen darf. Das Misshandeln, Vernachlässigen und unnötige Überanstrengen von Tieren ist demnach verboten. Eine Belastung durch den Eingriff in das Erscheinungsbild oder die Fähigkeiten ist gemäss Tierschutzverordnung unwürdig.
Wer einen Tierversuch durchführen will, braucht eine Bewilligung der zuständigen kantonalen Behörde. Grundsätzlich dürfen gemäss BLV nur Tierversuche bewilligt werden, wenn keine alternativen Methoden vorhanden sind. Nachdem ein Labor Tierversuche durchgeführt hat, muss es die Angaben dazu an das BLV melden, das diese Angaben wiederum veröffentlicht.
Das BLV unterscheidet bei den Tierversuchen zwischen drei verschiedenen Belastungsgraden und teilt die Tierversuche nach diesen ein:
- Schweregrad 0
keine Belastung
Z.B. Beobachtungsstudien - Schweregrad 1
leichte Belastung
Eingriffe (auch unter Betäubung), die kurzfristige, leichte Schmerzen verursachen. Beispiel: Hautbiopsien oder Sterilisation bei Mäusen. - Schweregrad 2
mittlere Belastung
Eingriffe, die kurzfristige oder langfristige leichte oder mittelgradige Schmerzen, Leiden oder Schäden verursachen und das Tier in mittelgradige Angst versetzen oder eine kurz- bis mittelfristige schwere Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens auslösen. Beispiel: Operation eines künstlich ausgelösten Knochenbruchs an einem Bein oder Kastration von weiblichen Tieren. - Schweregrad 3
schwere Belastung
Eingriffe, die mittel- bis langfristige mittelgradige oder schwere Schmerzen, mittel- bis langfristige mittelgradige oder schwere Schäden, langfristige schwere Angst verursachen. Beispielsweise die Verpflanzung von aggressiven Tumoren oder Transplantationen lebensnotwendiger Organe, durch die das Tier sterben könnte.
An welchen Tieren werden Tierversuche durchgeführt?
Insgesamt wurden in der Schweiz im vergangenen Jahr 586'643 Tierversuche durchgeführt. Das BLV unterteilt die Daten zusätzlich noch in den verschiedenen Schweregraden, wie folgende Tabelle darstellt.
In den letzten 35 Jahren haben die Tierversuche merklich abgenommen: 1983 waren es noch knapp zwei Millionen. Den Rückgang erklärt das BVL unter anderem mit dem vermehrten Einsatz von In-vitro Testmethoden, bei welchen die Tests ausserhalb eines lebenden Organismus' durchgeführt werden. Hautirritationstest wurden beispielsweise durch Zellkultur-Testmodelle abgelöst.
Welche Initiativen gegen Tierversuche gibt es?
Im März 2019 wurde die eidgenössische Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt» eingereicht. Diese will alle Versuche an Tieren und Menschen sowie den Import von Produkten, für die Tier- und/oder Menschenversuche durchgeführt wurden, verbieten. Der Bundesrat hat im Juni eine Ablehnungsempfehlung erlassen. Auch der Schweizer Tierschutz steht nicht vollständig hinter der Initiative. Sie sei zu radikal, wie er gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagte.
Der Schweizer Tierschutz fordert jedoch, dass die Anteile für Forschungen mit und ohne Tierversuche mindestens gleich hoch sein sollten. Für Ersatzmethoden und Methoden, die Tiere möglichst wenig belasteten, würden heute in der Schweiz jährlich nur rund drei Millionen Franken ausgegeben. Für Tierversuche und die Versuchstierhaltung würden hingegen zwischen 100 und 200 Millionen Franken aufgewendet, erklärte Julika Fitzi von der Fachstelle Tierversuche beim Schweizer Tierschutz (STS) der Tageszeitung.
