Der Ständerat verlangt vom Bundesrat Massnahmen gegen missbräuchliche, das heisst offenkundig «falsche, irreführende oder verletzende Onlinebewertungen» durch Kunden oder Konkurrenten, mit denen Unternehmen geschädigt werden. Er hat Ende September ein Postulat von Mitte-Ständerat und Gewerbepräsident Fabio Regazzi (TI) angenommen.
Aber es gibt auch das umgekehrte Problem: Die illegalen Websites der Pizza- und Sushi-Clans.
Unternehmen, die ihre Kundschaft durch falsche oder irreführende Angaben täuschen. Gerade in einem besonders heiklen Bereich herrscht zunehmend Wildwuchs: in der Gastronomie, dem Geschäft mit Pizzen, Sushi, Momo, Kebab und Co, die vor Ort konsumiert oder abgeholt, aber auch bequem und kostengünstig geliefert werden.
Nehmen wir ein asiatisches Restaurant in Bern. Auf der Website mit Bestellmöglichkeit ist eine grosse Auswahl an Speisen aufgeführt, und es gibt auch angebliche Kundenbewertungen. Mehrere Personen loben das Essen über den grünen Klee. Spätestens jetzt wird man stutzig, weil alle vier Kommentare auf Englisch sind. Und weil die zwei angeblichen Kundinnen zwar exakt gleich heissen, aber auf dem Foto völlig anders aussehen. Alles nur Fake.
Auf der Website fehlt jeder Hinweis auf die tatsächlichen Betreiber des Lokals. Es fehlt der vollständige Name des Unternehmens, ebenso wie die E-Mail-Adresse. Nur eine Handynummer steht da.
Lieber brüstet sich das Restaurant mit nicht weniger als vier «renommierten Chefs», alle mit Namen, Titel und Foto aufgeführt. Allerdings wird auch hier schnell klar: Alles Nepp und Fake, abgekupfert und übernommen von einer offensichtlich US-amerikanischen Website-Vorlage. Eine Vorlage, die man auch bei anderen Gastro-Websites findet, was die Sache nicht besser macht.
Das ist illegal. Websites müssen bestimmte Anforderungen einhalten, sonst machen sich die Verantwortlichen strafbar. Sie verstossen gegen das UWG, das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Notabene gibt es die sogenannte Impressumspflicht.
Fabian Maienfisch, Sprecher beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), hält fest:
Verstösse gegen das UWG können die Verursacher teuer zu stehen kommen. Gefängnis bis zu drei Jahren oder Geldstrafen sind möglich. «Der Bund, vertreten durch das Seco, hat die Möglichkeit, in der Schweiz Zivilklage oder Strafantrag gegen Personen oder Unternehmen einzureichen, die das UWG missachten», hält Seco-Sprecher Maienfisch fest.
Um gerichtlich vorgehen zu können, sei das Seco auf Beweismittel angewiesen, die ihm von Betroffenen geliefert würden. Denn das Seco habe keine eigene Untersuchungskompetenz, so Maienfisch. Beschwerden können beim Seco per Onlineformular gemeldet werden. Aber um aktiv zu werden, braucht das Seco eine «Mehrzahl von Beanstandungen betroffener Personen».
Diese Hürden sind hoch, und so passiert in der Realität bisher kaum etwas. Während sich das Seco aber immerhin interessiert zeigt, gegen Missstände vorzugehen, scheint Gastrosuisse, der Verband für Hotellerie und Restauration, wenig erpicht darauf, tätig zu werden.
Auf eine Reihe von Fragen, unter anderem zu fehlenden, irreführenden oder schlicht falschen Angaben auf Websites von Gastrounternehmen, antwortet der Verband kurz und mutz:
Damit ist das Problem für den Verband erledigt. Obschon es solche Betriebe beispielsweise auch mit der Deklaration der Fleischherkunft nicht so genau nehmen. Obwohl fragwürdige Betriebe die vielen korrekt arbeitenden und transparent informierenden Gastrounternehmen direkt oder indirekt schädigen.
Auch manchen Konsumenten mag egal sein, wer den Lunch wo und wie fabriziert, ob legal oder in Schwarzarbeit, ob versteuert und unter Einhaltung von Hygienevorschriften oder nicht.
Aber harmlos ist diese schlecht kontrollierte Szene nicht. Recherchen liefern Hinweise darauf, dass sich dubiose Clan-Strukturen die Nicht-Offenlegung zunutze machen.
Das erwähnte Berner Restaurant hat zumindest einen Ableger mit Lieferdienst in einem anderen Ort im Kanton Bern. Auch dort dasselbe Muster: eine Website mit Fake-Einträgen und Fake-Bildern. Kein Impressum, keine Namen, kein Betreiber.
Offiziell stehen chinesische Staatsbürger hinter den Restaurants. Zweifel ergaben sich allerdings, als gegenüber Behörden zwischenzeitlich plötzlich ein türkischstämmiger Bau- und Gastrounternehmer als Betreiber auftrat. Gegen aussen, für das Publikum, war das allerdings nicht erkennbar.
Zu diesem Netz gehören weitere Gastrobetriebe mit Lieferdienst im und ausserhalb des Kantons Bern. Auch bei den Websites dieser Betriebe fehlt das Impressum, es fehlen die gesetzlich vorgeschriebenen Hinweise auf die Verantwortlichen. Das seien «alles Firmen, die sich im Dunstkreis der Illegalität befinden», sagt ein Kenner der Szene. Es gibt Ableger in andere Kantone und andere Geschäftsfelder, das Import- und Exportgeschäft von Lebensmitteln scheint unter anderem eine Rolle zu spielen. Aber solange niemand kontrolliert und interveniert, machen die Dubiosen weiter.
Wohl bekomm's.
Die Leute die dort arbeiten haben Mafiöse Arbeitsbedingungen, dies wurde schön mehrfach nachgewiesen. Dem Gesetzgeber ist es anscheinend egal oder er kann nichts dagegen unternehmen.