Der Bundesrat hat am Mittwoch seinen Vorschlag zur Umsetzung des Verhüllungsverbots veröffentlicht. Dieser sieht einen neuen Passus im Strafgesetzbuch vor: Wer sein Gesicht an öffentlichen Orten verhüllt, soll neu mit Busse bestraft werden können. Dies soll auch dort gelten, wo privater Grund der breiten Allgemeinheit offensteht – sprich: Einkaufszentren, Flughäfen oder Kinos.
Vorgesehen ist ein Ausnahmekatalog. Diesem zufolge darf sich eine Person weiterhin an folgenden öffentlich zugänglichen Orten verhüllen:
Der letzte Punkt galt als grosse Knacknuss. Die Grundrechte garantieren nämlich die Meinungsäusserungsfreiheit auch für jene Personen, die sich aus berechtigten Gründen etwa bei einer Demonstration verhüllen wollen. Etwa dann, wenn man sich an einer Kundgebung nicht als Unterstützer eines politischen Lagers bekennen will, oder um in kreativer Form – etwa mit einer «Karin Keller-Sutter»-Gesichtsmaske – für oder gegen etwas zu demonstrieren.
Der Vorschlag, der nun vom Justizdepartement ausgearbeitet wurde, berücksichtigt diese Grundrechte. Diese wurden zuvor vom Bundesgericht bestätigt, als Kantone pauschale Verhüllungsverbote für alle beschliessen wollten: Die höchsten Richterinnen und Richter verlangten von den Kantonen Ausnahmen, um diese Form der Meinungsäusserung nicht unverhältnismässig zu verbieten. Der Bundesrat folgt diesem Weg und erlaubt in einzelnen Fällen die Gesichtsverhüllung an Demos, solange die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht beeinträchtigt.
Mit diesem Vorentwurf will der Bundesrat die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» umsetzen, die am 7. März 2021 von Bevölkerung und Ständen angenommen wurde. Die Regierung verfolgt dabei eine schweizweit einheitliche Umsetzung, was nicht ganz erwartbar war: Normalerweise sind die Kantone zuständig, wenn es darum geht, Regeln für die Ordnung des öffentlichen Raumes zu beschliessen. Dass es nun doch zu einer eidgenössischen Lösung und nicht zu individuellen Gesetzen in jedem einzelnen Kanton kommt, war erst möglich, nachdem sich Bund und Kantone auf eine schweizweit einheitliche Umsetzung geeinigt hatten.
Der Vorentwurf wird nun in die Vernehmlassung geschickt. Das bedeutet, dass interessierte Personen, Parteien und Organisationen bis zum 3. Februar 2022 ihren Kommentar dazu abgeben können. Dieses Recht gilt allen Menschen, unabhängig der Staatsangehörigkeit. Die Rückmeldungen, die der Bundesrat bis dann erhält, werden für die Erarbeitung eines definitiven Umsetzungsvorschlags verwendet.