Alle Jahre wieder erwacht der Polarwirbel aus seinem Sommerschlaf. Wenn in den Wintermonaten über den Polen ein sogenanntes Höhentief entsteht, kommt es dort in grossen Höhen zu extrem kalter Luft.
Dies, weil an den Polen das Sonnenlicht die hohen Breiten in den Wintermonaten nicht mehr erreicht. Der Austausch der Luftmassen findet nur noch begrenzt statt.
Die Folge ist, dass sich ein mächtiger, im Normalfall abgeschlossener Kaltluftkörper bildet, dessen Luft durch einen starken Jetstream (dem Polarjetstream) abgeschlossen wird.
Tritt solch ein stabiler Polarwirbel auf, wie es momentan der Fall ist, kann das zur Folge haben, dass starke Westwindströmungen zu uns kommen. Die Strömung kann Sturmtiefs beinhalten, die typischerweise vom Nordatlantik über Grossbritannien nach Skandinavien ziehen.
Unter anderem diese Lage – starker Jetstream und quasi eingeklemmte Kaltluft über dem Nordpol – führt dann dazu, dass die Temperaturen bei uns eher mild und niederschlagsreich ausfallen. Im Gegensatz zum nördlichen Europa, wo die eingeschlossene Kaltluft für extreme Minustemperaturen sorgen kann.
Würde also heissen: keine weisse Weihnachten bei uns.
Doch kann man bereits jetzt aufgrund des Polarwirbels zuverlässige Prognosen machen, wie der Winter wird?
Es ist natürlich die Gretchenfrage unter Meteorologen und den Medien. Gerne werden aufgrund des Polarwirbels bereits im Oktober frühe Prognosen gewagt. Weisse Weihnachten, ja? Nein?
Das Problem ist, dass Prognosenmodelle die Entwicklung des Polarwirbels nicht über den gesamten Winter zuverlässig abbilden können. Über die dreidimensionale Dynamik des Polarwirbels ist schlicht noch zu wenig bekannt.
Zwar deuten aktuelle Modelle auf einen weiterhin stabilen Polarwirbel hin, wie «The Weather Channel» schreibt, dies sollte aber eher als Trend verstanden werden. Frühestens Anfang November können erste, zuverlässigere Prognosen gemacht werden.
Dazu kommt, dass der Polarwirbel nur ein Puzzleteil im grossen Bild der Wetterdynamik ist. Auch weitere Faktoren wie Meeresströmungen, Luftdruckgebiete und der Jetstream müssen beachtet werden. Diese komplexen Wetterphänomene lassen eine zuverlässige Langzeitprognose gar nicht zu.
Meteorolge Dominik Jung sagt deshalb in einem Beitrag in der Frankfurter Rundschau, dass der Polarwirbel zwar einen Einfluss auf das Wetter in Europa habe, aber «alles, was jetzt an Prognosen zum Wetter an Weihnachten kommt, reine Spekulation ist.»