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Wirtschaft

Jelmoli schliesst: Die Geschichte der Warenhäuser in der Schweiz

Jelmoli schliesst bald – so steht es um die Warenhäuser in der Schweiz

Warenhäuser waren Anfang des 19. Jahrhunderts Symbol der entstehenden Konsumgesellschaft. Nun fällt es ihnen zunehmend schwer, mit ebendieser mitzuhalten. Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der Warenhäuser Coop City, Manor, Globus, Jelmoli und Loeb.
06.02.2023, 20:0808.02.2023, 05:08
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Der Immobilienkonzern Swiss Prime Site (SPS) baut das Jelmoli-Haus an der Zürcher Bahnhofstrasse um. Weil nach langer Suche niemand gefunden wurde, der das Luxus-Warenhaus betreiben will, gibt die Immobilienfirma das vor 14 Jahren übernommene Geschäft Ende 2024 auf. 850 Mitarbeitende müssen sich nun auf die Suche nach einer neuen Stelle machen.

Jelmoli ist nicht das einzige Warenhaus, welches im Umbruch steckt – es scheint, als hätten viele Warenhäuser den Glanz ihrer Anfangszeit verloren. Ein Blick in die Vergangenheit und auf die fünf erfolgreichsten Warenhäuser der Schweiz.

Phänomen des 19. Jahrhunderts

Seine Anfänge fand das Warenhaus im frühen 19. Jahrhundert. Dass ein Geschäft mehrere verschiedene Waren auf einer grossen Fläche anbot, war damals ein neues Phänomen. Auch dass nicht mehr um die Produkte gefeilscht wurde, war ein Novum – im Warenhaus gab es fixe Preise.

Vorreiter der ersten Warenhäuser waren das La Bon Marché (1838) in Paris und das Harrods (1849) in London – beide gehören auch heute noch zu den vornehmsten und grössten Einkaufszentren Europas.

Angekurbelt wurde die Gründung der Warenhäuser durch wirtschaftliche und soziale Umwälzungen des 19. Jahrhunderts, erklärt das historische Lexikon der Schweiz. Massgeblich dazu beigetragen hat auch der jüdische Pioniergeist – insbesondere in der Schweiz.

Verglichen mit dem Rest von Europa kam man in der Schweiz erst spät in den Genuss des neuen Einkaufserlebnisses. Zu verdanken war dies Julius Brann. Dieser stammte aus Preussen, war jüdischer Herkunft und gründete 1896 das erste Grosshandelsgeschäft der Schweiz. Mit Erfolg: 1900 zog das Warenhaus Brann in die Bahnhofstrasse und 1912 in das damals neue Gebäude, in dem bis vor Kurzem noch Manor ansässig war.

Das Kaufhaus Brann an der Zürcher Bahnhofstrasse 1929.
Das Warenhaus Brann an der Zürcher Bahnhofstrasse, 1929. Später zog Manor in dieses Gebäude ein – und 2020 wieder aus.Bild: Baugeschichtliches Archiv Zürich

1939 verkaufte Brann das Warenhaus an Oscar Weber, welcher es in Oscar Weber AG umtaufte. Dazu gehörte später auch die Neue Warenhaus AG – besser als EPA bekannt.

EPA/Coop City

Das Discount-Warenhaus EPA wurde 1930 eröffnet. Während über 70 Jahren konnte man in dem Warenhaus, das erst später in EPA Neue Warenhaus AG umbenannt wurde, zu günstigen Preisen einkaufen. 2001 wechselten die 30 EPA-Filialen schliesslich das erste Mal den Besitzer. Nur ein Jahr später erwarb Coop 40 Prozent der Aktien, 2003 ging die EPA schliesslich vollständig in den Besitz von Coop über.

Coop schliesst wegen des Corona-Lockdowns zwei seiner insgesamt 30 Coop-City-Filialen. Vor�bergehend geschlossen werden die Warenh�user in Wil und in Volketswil.(Archivbild)
2021 verfügte Coop City über 31 Standorte in der Schweiz.Bild: sda

EPA-Warenhäuser wurden im Anschluss entweder geschlossen oder zu Coop-City-Warenhäusern umgebaut. Coop braucht sich um seine Warenhäuser keine Sorgen zu machen: Im vergangenen Jahr verzeichnete der Konzern ein kräftiges Umsatzplus – vor allem im Grosshandel.

Jelmoli

Auch das Warenhaus Jelmoli gehörte zu den ersten Warenhäusern in Zürich: 1899 wurde der sogenannte «Glaspalast» in der Seidengasse eröffnet. Nach über 120 Jahren wurde nun dessen Schliessung angekündigt.

Warenhaus Jelmoli um 1940.
Das Warenhaus Jelmoli um 1940.Bild: Schweizerische Bauzeitung, Band 115 (Januar bis Juni 1940), Seite 155

Als Grund für den Umbau und die Neupositionierung der Jelmoli-Liegenschaft nennt Immobilienkonzern Swiss Prime Site (SPS) den dynamischen Onlinehandel und das sich ändernde Konsumverhalten, die Läden verstärkt in Bedrängnis brächten. Bis Ende 2024 wird Jelmoli noch weiterbetrieben wie bisher. Von 2025 bis 2027 wird das Haus dann umgebaut, wie SPS am Montag mitteilte. Danach werde es «an Marktbedürfnisse angepasst und in neuer Form betrieben». Konkret heisst das, dass aus dem bislang als Warenhaus betriebenen Gebäude eine Immobilie mit gemischter Nutzung wird.

Das Warenhaus Jelmoli hat gemäss dem Sprecher über die letzten sieben Jahre einen Verlust von rund 45 Millionen Franken angehäuft. SPS hat zuletzt einen Käufer gesucht, der das Verkaufsgeschäft – nicht aber das Gebäude – übernehmen wollte, ist dabei allerdings nicht fündig geworden. «Die intensiven Gespräche mit zahlreichen möglichen Partnern führten bis heute nicht zum erwünschten Erfolg», heisst es in der Mitteilung.

Manor

Das erste Warenhaus Manors wurde 1902 in Luzern eröffnet – damals noch unter dem Namen Léon Nordmann. Gegründet wurde es von den Brüdern Ernest Maus und Henri Maus und dem namensgebenden Léon Nordmann. In den folgenden Jahren entstanden viele weitere Warenhäuser und Filialen unter verschiedenen regionalen Namen. Der Name Manor, der sich aus den Familiennamen Maus und Nordmann zusammensetzt, wurde erst 1965 erstmals verwendet. Es dauerte aber noch bis 2000, bis alle Filialen einheitlich unter diesem Namen auftraten.

Manor schliesst Standort Bahnhofstrasse in Zürich. (Archivbild)
Zur Manor-Gruppe gehören 59 Manor-Warenhäuser, 27 Manor-Food-Supermärkte und 23 Manora-Restaurants.Bild: KEYSTONE

Manor ist die grösste Warenhauskette in der Schweiz. Doch auch sie ist nicht vor sinkendem Umsatz gefeit – insbesondere seit der Pandemie. Die Umsatzentwicklung bleibe auch nach der Pandemie eine grosse Herausforderung, schrieb das Unternehmen auf Anfrage der NZZ Ende 2022. Ein Rückzug sei jedoch bei Manor derzeit kein Thema. Stattdessen wolle sich das Unternehmen modernisieren. In diesem Zuge seien bereits das Online-Geschäft ausgebaut und Läden erneuert worden.

Nun berichtete die Handelszeitung im vergangenen Januar, dass Manor zum Verkauf stehen soll. Dies hätten fünf unabhängige Quellen berichtet. Als potenzieller Käufer gelte niemand geringerer als der Detailhändler Coop. Dieser streitet Verhandlungen mit Manor allerdings ab.

Globus

Die Magazine zum Globus existieren seit 1907. Damals wurde das Warenhaus «Bazar ohne Gleichen» gekauft und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Bald entstanden weitere Filialen und mit dem Erschaffen der Figur «Globi» gelang dem Unternehmen 1932 ein erfolgreicher Werbecoup.

IMAGE DISTRIBUTED FOR MAGAZINE ZUM GLOBUS AG FOR EDITORIAL USE ONLY - Globus Bellevue Provisorium // Weiterer Text ueber ots und http://presseportal.ch/de/pm/100004627/100901915 (obs/Magazine zum Glob ...
Die Globus-Foodabteilung «Delicatessa».Bild: keystone

1997 gingen die Magazine zum Globus an die Migros über. Das Warenhausgeschäft stellte sich allerdings als immer weniger rentables Geschäft heraus, weshalb Migros im Sommer 2019 bekannt gab, die Globus-Gruppe verkaufen zu wollen.

Im darauffolgenden Februar wurde verkündet, dass die Warenhauskette an die Signa-Gruppe des österreichischen Investors René Benko verkauft wurde. Signa übernahm Globus zusammen mit ihrem thailändischen Partner Central Group – zu je 50 Prozent.

Wenig Tage später gaben die neuen Besitzer bekannt, zwei Dutzend Filialen in mittelgrossen Städten schliessen zu wollen. Nun ist die Globus-Gruppe damit beschäftigt, die grossen Geschäfte in Zürich, Basel, Genf und Bern in «Luxury Department Stores» umzubauen. Die Filialen in St.Gallen, Luzern, Lausanne und im Zürcher Glattzentrum werden derweil in «Premium Stores» umgewandelt. Die Eigentümer sind laut eigener Aussage mit der Entwicklung ihres Geschäfts zufrieden.

Einen Rückschlag müssen sie dennoch verkraften: Die Globus-Filiale am Bellevue ist wegen eines grossen Umbaus seit Kurzem geschlossen. Nach anfänglicher Unklarheit steht aber seit Sommer 2022 fest, dass Globus nach der Sanierung wieder an den Standort zurückkehren wird.

Loeb

Loeb begann einst als kleiner Laden, betrieben von einer jüdischen Kaufmannsfamilie. Nach dem Erfolg mehrerer Läden eröffnete die Familie Loeb 1899 das erste moderne Warenhaus in Bern. Noch heute steht es in Bern an der Spitalgasse 32 – und gehört noch immer der Familie Loeb.

Loeb-Egge, Bern
Der «Loeb-Egge» in Bern.Bild: watson

2007 richtete Loeb sein Warenhaus-Geschäft neu aus und unterzog das Haupthaus in Bern einem Totalumbau. Dieses wurde 2008 nach zweijähriger Umbauzeit eröffnet. Seit 2012 kann man Loeb-Produkte online bestellen, seit dem letzten Jahr auch auf Zalando. 2017 bereinigte das Unternehmen sein Filialnetz erneut, um so den Betriebsaufwand zu senken. Mit Erfolg: Nach einem Verlust 2017 schrieb die Warenhausgruppe 2018 wieder schwarze Zahlen.

Seither hat es weiter in die drei Warenhäuser in Bern, Thun und Biel investiert und baut derzeit auf dem Dach des Haupthauses ein Restaurant.

Chefin und Mitinhaberin Nicole Loeb zeigt sich mit der Entwicklung des Unternehmens zufrieden. Letzten Sommer betonte sie gegenüber der Jungfrau Zeitung: «Es gibt keinerlei Verkaufsabsichten.»

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71 Kommentare
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Hans12
06.02.2023 20:46registriert September 2019
ABM gab es auch noch
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TommyGun
06.02.2023 22:43registriert Oktober 2020
Schon klar, dass sie keinen Käufer gefunden haben, Hauptsache die Mietrenditen steigen immer extremer. Bekommt Zürich halt noch einen H&M und einen Zara und die Banken und Versicherungen noch ein paar teure Büros. So kriegt man dann noch jede Innenstadt zerstört und man steigert die Gewinne von Amazon, Zalando und Galaxus.... Jelmoli wird ein riesiges Loch hinterlassen.
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Philguitar
06.02.2023 22:09registriert Dezember 2018
Wer kennt noch Vilan?
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