Wer ein Haus besitzt, soll künftig beim Ausfüllen der Steuererklärung auch bei Zweitwohnungen den Eigenmietwert nicht mehr angeben müssen. Das will der Nationalrat. Er hat anders als der Ständerat einem kompletten Systemwechsel bei den Wohneigentumssteuern zugestimmt.
Dieser Entscheid fiel am Mittwoch mit 158 zu 31 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Nur die FDP stimmte dagegen. Sie wollte dem Beschluss des Ständerats folgen und selbstgenutzte Zweitwohnungen weiterhin zum Eigenmietwert besteuern. Es gehe um ein Anliegen der Bergkantone und um ein Entgegenkommen im Sinne eines mehrheitsfähigen Kompromisses, sagte Petra Gössi (FDP/SZ).
Die übrigen Fraktionen folgten jedoch der vorberatenden Wirtschaftskommission (WAK-N) und waren für einen konsequenten Systemwechsel inklusive Zweitwohnungen. Nur so könnten die Steuerbehörden administrativ entlastet und Doppelspurigkeiten verhindert werden, lautete der Tenor.
«Bei einer Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitwohnungen ergäben sich verfassungsrechtliche Probleme», gab Leo Müller (Mitte/LU) zu bedenken. Auch das Missbrauchspotenzial würde grösser. «Wenn schon, denn schon», fasste Kathrin Bertschy (GLP/BE) kurz zusammen und plädierte damit ebenfalls für einen kompletten Systemwechsel.
Damit die Vorlage möglichst haushaltsneutral ist, sollen mit der Abschaffung des Eigenmietwerts auch die bisherigen Abzugsmöglichkeiten bei der Bundessteuer weitgehend gestrichen werden. Der Nationalrat möchte nur unter bestimmten Bedingungen weiterhin Abzüge für denkmalpflegerische Arbeiten zulassen.
Keine Mehrheit fand der Antrag, zusätzlich befristet Abzüge für Energiesparmassnahmen zu erlauben. Ebenfalls Nein sagte die grosse Kammer zu einem Mietzinsabzug.
Dagegen beschloss der Nationalrat im Einklang mit dem Ständerat einen Ersterwerberabzug. Demnach können Steuerpflichtige, die erstmals eine dauernd und ausschliesslich selbstbewohnte Liegenschaft in der Schweiz erwerben, im ersten Steuerjahr nach dem Erwerb die auf diese Liegenschaft entfallenden privaten Schuldzinsen abziehen - Ehepaare bis zu 10'000 Franken, andere bis zu 5000 Franken.
Restriktiver als der Ständerat zeigte sich der Nationalrat beim Schuldzinsenabzug. Im Sinn einer Reduktion der Verschuldungsanreize sollen künftig nur noch Abzüge bis zu vierzig Prozent der steuerbaren Vermögenserträge zulässig sein. Bundesrat und Ständerat wollen diese Schwelle bei siebzig Prozent festsetzen. Heute werden Schuldzinsen im Umfang der steuerbaren Vermögenserträge und weiterer 50'000 Franken zugelassen.
Diskutiert wurden mehrere Minderheitsanträge: Einer verlangte wie der Ständerat Abzüge bis zu siebzig Prozent, ein zweiter eine Beschränkung auf vierzig Prozent der Erträge aus unbeweglichem Vermögen, ein dritter die vollständige Streichung der Möglichkeit von Schuldzinsenabzügen, um die hohe Privatverschuldung zu reduzieren. Alle Anträge scheiterten.
In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die Vorlage mit 109 zu 75 Stimmen bei 8 Enthaltungen an. Nun ist erneut der Ständerat am Zug.
Die Abschaffung der Besteuerung des Eigenmietwerts von Wohneigentum ist ein Dauerbrenner und umstritten. Schon zwei Mal scheiterten Vorlagen dazu an der Urne und schon mehrmals im Parlament.
Die Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S) unternahm 2017 einen neuen Anlauf. Der Ständerat sprach sich im Herbst 2021 relativ knapp für einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung aus - jedoch mit der Ausnahme der Zweitliegenschaften.
Ende September 2022 schickte der Nationalrat die Vorlage auf eine Zusatzrunde zurück in die Kommission. Das Fuder sei überladen, befand er. Damit sei keine Volksabstimmung zu gewinnen. Auf einen Teil von früheren Forderungen verzichtete die Nationalratskommission im zweiten Anlauf. Das Rückweisen dieser Vorlage habe sich gelohnt, betonten verschiedene Rednerinnen und Redner im Nationalrat. «Wir haben jetzt eine Vorlage, die mehrheitsfähig sein dürfte», so Leo Müller.
(aeg/sda)
Unterhaltsabzüge würde ich weiterhin zulassen, denn Unterhaltsabzüge sorgen dafür, dass Wohnsubstanz erhalten bleibt und sorgt für volle Auftragsbücher bei den Handwerkern.