Dieses Versprechen gibt die Coach Akademie Schweiz auf ihrer Website. Wie sie dieses einlösen will? Mit dem «St.Galler Coaching Modell», dem «Herzstück» ihrer Ausbildung. Es ist «ein hocheffektives Verfahren, mit dem Sie Schritt für Schritt wertvermehrende und sinnstiftende Veränderungen begleiten».
Das klingt doch wunderbar, auch wenn ich mir noch nichts Konkretes darunter vorstellen kann. Wie praktisch, dass die Coach Akademie Schweiz einmalige, kostenlose Einführungskurse für Interessierte anbietet. Anstatt weiter zu recherchieren, melde ich mich gleich an. Unter falschem Namen.
Ich will den Kurs so unvoreingenommen wie möglich besuchen. Herausfinden, welche «Magie» die Coach Akademie Schweiz entdeckt hat. Wen sie mit ihren Versprechen anspricht. Und ob sie mich von ihrer Ausbildung überzeugen kann. Schliesslich hat der erste Teil dieser Serie «Profit mit Erfüllung» gezeigt, dass Life-Coaches ihr Geld nicht primär mit Coachen verdienen, sondern indem sie die nächste Generation von Life-Coaches ausbilden.
Wochen später höre ich mir zweieinhalb Stunden lang ungläubig Sätze an wie: «Ihr müsst den Wert betanken!», «Was ist der Unterschied zwischen Angst und Furcht? Angst ist nicht real, sie ist reine Kopfsache!» Und der schlimmste:
Aber nochmals auf Anfang.
An einem Mittwochabend finden sich um 18.30 Uhr elf Frauen und zwei Männer in einem gemieteten Gruppenraum eines modernen Bürogebäudes ein. Im Stadtzentrum von Zürich. Einer der beiden Männer ist der «Coach». Ich werde ihn in diesem Artikel Daniel nennen.
Daniel begrüsst die Teilnehmenden mit einem gewinnenden, breiten Lächeln und einem Monolog darüber, wie er auf den richtigen Weg gefunden hat. Der «richtige Weg» ist natürlich: Life-Coach zu werden.
Jahrelang sei er Bankangestellter gewesen, habe alles fürs Geschäft gemacht. Doch dann habe ihn 2008 die Realität eingeholt: Finanzkrise. Eine Welt sei für ihn zusammengebrochen. Also orientierte sich Daniel um. Zum Coach. In der Coach Akademie Schweiz.
Daniel sagt mit überzeugendem Enthusiasmus:
Der «richtige, wahre» Daniel, der er eigentlich sei. Sein wahres Ich habe er wiederentdeckt. Dank der Coach Akademie Schweiz. Und das, liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer, könnten wir auch.
Nun soll sich die Runde vorstellen. Der Reihe nach. Wir sollen insbesondere sagen, was wir gut können.
Der Altersdurchschnitt liegt bei etwa 40 Jahren. Die Teilnehmenden haben die unterschiedlichsten beruflichen Hintergründe: Physiotherapie, Gemeinderat, Marketing, Versicherung, Bank, Pharmaindustrie. Es gibt ein paar Frauen, die jahrelang Mutter und Hausfrau waren und nun, wo die Kinder älter sind, nach einem Wiedereinstieg in die Berufswelt suchen. Und es gibt eine Teilnehmerin, die beruflich «Aura liest» und das Coaching mit ihrer jetzigen Tätigkeit verbinden möchte.
Viele sagen genau das, was Ökonom und Glücksforscher Mathias Binswanger im ersten Teil der Serie vermutet hatte: Sie seien auf der Suche nach einer sinnhaften Tätigkeit. Als ihre «besonderen Eigenschaften» zählen die meisten auf, dass sie empathisch seien, gut zuhören könnten, dass Freunde ihnen sagten, sie würden gute Ratschläge geben. Einige sagen, dass sie «eine gute Menschenkenntnis» hätten und sich auf ihre «Intuition» verlassen könnten.
Daniel hinterfragt nicht, was die Teilnehmenden damit meinen. Im Gegenteil: Er gibt ihnen das Gefühl, als wären diese Eigenschaften der Grund, weshalb sie hier genau richtig sind. Indem er «wunderbar», «fantastisch» und «sehr schön» einwirft, wo immer es geht. Auf den Lippen natürlich immer das breite Lächeln.
Als ich an die Reihe komme, versuche ich, etwa dasselbe zu sagen wie jene vor mir. Füge zum Schluss jedoch hinzu: «Ich bin gespannt, ob Coaching etwas für mich sein könnte. Ich bin aus der Website nicht ganz schlau geworden. Ich verstehe nicht, was das ‹St.Galler Coaching Modell› genau sein soll.» Eine «sehr gute Frage», findet Daniel. Er werde sie heute beantworten.
Eine andere Teilnehmerin schaltet sich ein. Sie will wissen, woher «St.Gallen» im Namen kommt. Ob es etwas mit der HSG, der Universität St.Gallen, zu tun habe. Daniel muss ein Weilchen überlegen, wie er seine Antwort formulieren soll. Dann sagt er:
Entwickelt habe es der Österreicher Rudolf Fitz, «ein genialer Mann», wie Daniel betonen möchte. «In Österreich ist ‹Coach› ein geschützter Begriff, darum ist Rudolf Fitz in die Schweiz gekommen, nach St.Gallen, und hat dort sein geniales Modell entwickelt.»
Daniel merkt selbst, dass sich das, was er gerade gesagt hat, nicht so gut angehört hat. Darum fügt er schnell an: «Leider kann sich in der Schweiz ja jeder Coach nennen, auch wenn er nichts kann. Aber wir sind anders. Die Wirksamkeit des St.Galler Coaching Modells ist dreifach wissenschaftlich bewiesen. Ich habe euch die Studien heute mitgebracht.»
Damit lassen sich die wenigen skeptischen Teilnehmerinnen, darunter auch ich, ein wenig besänftigen. Vor allem, weil Daniel auf einen Tisch in der Ecke zeigt, wo bereits einige Blätter aufliegen. In der Pause dürften wir die Studien genauer anschauen, sagt Daniel. Aber jetzt wolle er erst mal die Akademie vorstellen. Es folgt eine Stunde Dauerwerbesendung.
Wenn Daniel redet, redet er viel und begeistert. Er sagt Sätze, die man hören will. Sätze, unter denen man alles und doch nichts verstehen kann. Oder eben genau das, was man verstehen möchte. Zum Beispiel: «Die Klienten kommen mit einer Geschichte zu uns, die sie verändern wollen.» Oder:
In der Runde sehe ich lächelnde Gesichter, aufleuchtende Augen. Begeisterung. Hoffnung. Wunschdenken? Denn ich verstehe nicht, was er meint. Kann nicht daran glauben, dass die Methoden der Coach Akademie Schweiz so bahnbrechend sein sollen. Denn nach einer Stunde Kurs hat uns Daniel immer noch nicht erklärt, was dieses sagenumwobene «St.Galler Coaching Modell» ist.
Dafür hat er uns darüber aufgeklärt, dass man es «kontextunabhängig» auf alles anwenden kann. Dass man in nur 15 Kurstagen und für nur 3690 Franken lernt, wie man damit jede und jeden coachen kann. Auch Kinder und Jugendliche. Obwohl Daniel uns dafür noch einen weiteren Kurs zum «Diplomierten wertorientierten systemischen Kinder- und Jugendcoach (CAS/ISO/ICI)» empfehlen würde. Dauer: 5 Kurstage. Kosten: 1790 Franken.
Daniel sagt:
Wie sich herausstellt, hat Daniel bereits 12'000 Franken für Kurse an der Coach Akademie Schweiz ausgegeben. Und bezahlt regelmässig einen Coach der Akademie, der ihn coacht. Einen «Coach-Coach». Das sagt Daniel erst, als ich ihn direkt danach frage. Manche Teilnehmenden heben ob dieser Auskunft skeptisch eine Augenbraue. Also fügt Daniel schnell hinzu:
Passenderweise liest man auch im Handbuch, das Daniel allen Teilnehmenden auf den Platz gelegt hat, nie die Begriffe «Preis» oder «Kosten». Stattdessen ist durchgehend die Rede von «Investitionen».
Nach eineinhalb Stunden schwirrt mein Kopf ob all der widersprüchlichen Aussagen, die ich inzwischen gehört habe. Etwa als Daniel sagt: «Um unsere Ausbildung machen zu können, braucht es keine Vorbildung. Nur Lebenserfahrung.»
Gleichzeitig will uns Daniel die Qualität der Coach Akademie Schweiz beweisen. Indem er herunterrattert, was es für ein Diplom braucht: Multiple-Choice-Test bestehen, Diplomarbeit schreiben, eine gewisse Anzahl Coachings vorweisen. Nur um im nächsten Satz zu relativieren: «Macht euch keine Sorgen. Das schafft ihr mit geschlossenen Augen.» Und:
Mein Vertrauen in die Coach Akademie Schweiz schwindet mit jeder verstreichenden Minute. Ich bin erleichtert, als endlich Pause ist.
Daniel legt Kekse auf. Gekauft im Edeka ennet der Grenze. Direkt daneben liegen die besagten wissenschaftlichen Studien auf. Ich überfliege sie. Genauso wie eine andere Teilnehmerin. Unsere Blicke treffen sich. Sie sagt, was ich auch denke:
Tatsächlich. Zwei der drei «wissenschaftlichen Belege» sind Bachelorarbeiten. Ein Mal von der Hochschule Neu-Ulm, ein Mal von der Fachhochschule Nordwestschweiz.
Die dritte «Beweisstudie» von 2011 trägt immerhin den Titel «Wirksamkeitsstudie» und wurde von einer «Dr. Ursula Reck-Hog» am Institut für Sozialforschung und Organisationsberatung in Freiburg im Breisgau verfasst. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass es in dieser «Studie» nicht darum ging, die Wirksamkeit der Coachings zu beweisen. Es handelt sich um eine Teilnehmerbefragung eines Coaching-Ausbildungskurses der Coach Akademie Schweiz.
Die Pause ist vorbei. Endlich will Daniel uns das «St.Galler Coaching Modell» ganz konkret erklären. Aufgeregte Anspannung liegt in der Luft. Jetzt erfahren wir das Geheimnis!
Daniel stellt ein Flipchart auf. Darauf zu sehen: ein beschriftetes, buntes Kuchendiagramm. Darüber steht in einem gelben Wölkchen gross «Wert». Um das Kuchendiagramm sind die Zahlen eins bis fünf notiert. Die «fünf Dimensionen des St.Galler Coaching Modells», so Daniel.
Er erklärt, dass das Modell auf Ansätzen aus der Psychologie beruht, zum Beispiel auf Hypnose, Familienaufstellungen oder auf dem Konzept vom «Inneren Kind». Die Runde nickt. Das kommt vielen bekannt vor.
Um vom Bewussten ins Unterbewusste zu gelangen, um «tiefgreifende Veränderungen» hervorrufen zu können, sei auch Spiritualität ein Teil des St.Galler Coaching Modells, führt Daniel fort. Ich horche auf. Hier ist also die Spiritualität versteckt! Wie genau sie in der Coach Akademie Schweiz ausgelebt und ausgelegt wird, verstehe ich allerdings nicht. Hier wirft Daniel seinen Hitler-Trump-Stalin-Kommentar ein:
Ich klappe ungläubig den Mund auf. Die Aura-Leserin hingegen ist begeistert. Sie kommentiert:
Daniel nickt wieder sehr enthusiastisch. Hält aber fest: «Zu 60 Prozent basiert unser Modell auf der NLP, der Neurolinguistischen Programmierung.» Diese hätten zwei Forscher entwickelt, nachdem sie erfolgreiche Psychologen bei der Arbeit beobachtet hatten. Ich notiere mir «NLP».
Zurück im watson-Büro werde ich herausfinden, dass die beiden «Forscher», die die NLP «erfunden» haben, eigentlich ein Linguist und ein Mathematikstudent waren, die in den 1970er-Jahren auf den Selbsthilferatgeber-Trend aufspringen wollten. Und ich werde herausfinden, dass es schon seit vielen Jahrzehnten wissenschaftlicher Konsens ist, dass es sich bei NLP um eine Pseudowissenschaft handelt.
Der deutsche Psychologe Christoph Bördlein schrieb bereits 2003: «Die Behauptungen der NLP sind aussergewöhnliche Behauptungen. Sie stehen zu dem, was wir bislang von der Welt zu wissen glauben, in krassem Gegensatz.» Auffallend sei zudem die Nähe der NLP zu esoterischen Kreisen und die «Selbstüberschätzung auf Seiten vieler Ausbilder und Anwender».
All das weiss ich noch nicht, als ich das Flipchart beäuge. Mein Bauchgefühl (Daniel sollte eigentlich stolz auf mich sein) sagt mir trotzdem bereits jetzt: Irgendwas stimmt nicht mit der Coach Akademie Schweiz.
Daniel erklärt, dass er als Coach mit seinen Klienten in acht Sitzungen Schritt für Schritt aus dem oberflächlichen Ziel, das sich jemand gesetzt habe, einen Wert herauskristallisieren könne. Denn:
Dann blättert er zur nächsten Seite auf dem Flipchart. Die Worte «Wert», «Problem» und «Ziel» befinden sich jeweils in einem Kreis und sind mit einem Strich verbunden. «Kybernetisches Dreieck» nennt es Daniel.
Mit diesem Dreieck würden wir jetzt einen Wert ausarbeiten. Unter seiner Anleitung, als unser Coach. Weil er die richtigen Fragen stellen würde. Wichtig dabei sei:
Als Coach dürfe er uns keine Lösungen vorgeben, keine Wörter in den Mund legen. «Ich bin lediglich dazu da, euch mit den richtigen Fragen dazu zu bringen, euch selbst zu helfen.»
Dann geht’s ans Coachen. Endlich. Daniel verteilt gelbe Blätter. Danach leitet er uns wie folgt an:
Ich überlege. Als Erstes fällt mir meine heutige Mittagspause ein. Ich habe auf einem Bänkli gesünnelet, als eine Gruppe Männer vorbeikam und mich verbal belästigte. Erniedrigt, so habe ich mich gefühlt. Wütend und ohnmächtig war ich, weil ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte, als sie hämisch lachten. Was mir in dieser Situation gefehlt hat? Der Mut, ihnen ins Gesicht zu spucken, und die schnellen Beine, um danach davonzurennen. Die Fähigkeit, mich selbst vor solchen Situationen zu schützen.
«Euer Wert kann nur ein Wort sein. Und es darf keine Verneinung sein», sagt Daniel. Ich überlege krampfhaft und komme nur zum Wort «Kontrolle». Daniel kommt bei mir vorbei. Schüttelt den Kopf. «Das ist kein Wert.» Blöd.
Jemand anderes hat «Liebe» aufgeschrieben. Das findet Daniel «sehr gut». Aber: «Das ist noch ein zu hoher Wert. Versuche, mehr in die Tiefe zu gehen. Ist es Vertrauen, Unterstützung, Wertschätzung, die dir gefehlt hat?» Sie schreibt «Vertrauen» auf. Findet Daniel «wunderbar». Merkt dann aber: «Die Frage vorhin hätte ich nicht stellen dürfen. Das war eine Suggestivfrage. Ich wollte euch nur zeigen, was alles als Wert gelten kann.»
Ich stehe auf dem Schlauch. Vielleicht bin ich ja «uncoachbar»? Daniel sagt:
Das hat jetzt echt nicht geholfen, Daniel!
Ich schreibe «Selbstkontrolle» auf mein Papier. Daniel findet wieder: «Das ist kein Wert.» Aber das sei jetzt auch egal. Wir hätten jetzt keine Zeit. Müssten vorwärtsmachen. Vielleicht falle mir ja noch ein Wert ein, im Verlaufe des Coachings.
Als Nächstes sollen wir unseren Wert bewerten. Daniels Anleitung: «Auf einer Skala von -10 bis 10: Wie schlecht ist es euch in jener Situation gegangen? Fühlt euch nochmals hinein, als wärt ihr jetzt in dieser Situation.»
Ich schreibe «-10». Dann frage ich: «Ist diese Methode nicht ein bisschen gefährlich? Es könnte ja sein, dass meine Klientin etwas Traumatisches erlebt hat oder eine psychische Krankheit hat. Könnte ich ihr mit solchen Anweisungen nicht schaden?»
Daniel findet, ich müsse mir keine Sorgen machen. «Wir Coaches arbeiten nur mit gesunden Menschen. Wir haben keine Patienten, sondern Klienten. Wir behandeln keine psychischen Krankheiten. Dafür sind Psychotherapeuten da.»
Klingt wieder gut. Aber was heisst «gesund»? Woher weiss ich, dass meine Klientin keine psychische Krankheit hat? Wie soll ich das erkennen? Ich bin schliesslich weder Ärztin noch Psychologin.
Daniel versichert mir, dass die Coach Akademie Schweiz die Grenzen des Coachings in der Ausbildung lehren würde. Vor einem Coaching würde man immer die psychische Gesundheit der Klientinnen und Klienten im Gespräch abklären.
Würde sich in seinen Coachings doch mal eine Person mit psychischen Problemen befinden, würde er sie sofort zum Hausarzt begleiten. Dass das tatsächlich mal vorkommen könnte, glaubt Daniel allerdings nicht: «Die Leute mit psychischen Problemen gehen gleich zur Psychotherapie. Das zahlt ja auch die Krankenkasse. Coachings muss man selbst bezahlen.»
Diese Begründung geht für mich nicht auf. Psychotherapie wird in unserer Gesellschaft noch immer stigmatisiert. Kann es nicht sein, dass sich jemand, der sich ein Coaching leisten kann, lieber sagt «Ich lasse mich coachen» statt «Ich brauche Therapie»?
Daniel antwortet mit einem beruhigenden Lächeln: «In all den Jahren, die ich jetzt schon coache, habe ich es noch nie erlebt, dass jemand mit einer psychischen Krankheit zu mir gekommen ist.» Dagegen lässt sich nicht mehr argumentieren. Ich kann ja nicht wissen, was Daniel schon erlebt hat.
Also sage ich nichts mehr. Und Daniel kann das Thema mit einem Satz endgültig abschliessen:
Es bleibt noch eine knappe halbe Stunde. Daniel ist gestresst. Er will den Coaching-Prozess noch abschliessen. Sonst verlassen wir alle mit einem schlechten Gefühl den Raum, weil wir uns ja erst gerade in eine unangenehme Erinnerung hineingedacht haben.
Als Nächstes zückt er rote und grüne Blätter. Dort sollen wir «Zielsätze», «Evidenzen», «Metaziele», «Probleme», «Meta-Probleme», «Problem-Evidenzen» aufschreiben. Das sind alles verschiedene Konzepte. Die wir wiederum auf einer Skala von -10 bis 10 bewerten sollen. Wobei, nein, manche müssen wir auf einer Skala von -4 bis 4 bewerten. Oder war es doch anders?
Selbst jene, die es im Gegensatz zu mir geschafft haben, einen für Daniel akzeptablen Wert zu formulieren, kommen langsam nicht mehr mit. Und stellen Fragen. Was dazu führt, dass wir noch langsamer vorwärtskommen. Also gibt Daniel das Erklären auf. Sagt nur noch: «Das ist jetzt nicht so wichtig», «Machen wir weiter. Sonst verwirre ich euch nur» und:
Dann ist es 22 Uhr. Und das Coaching immer noch nicht fertig. Daniel überzieht. Aber die Ersten müssen los. Stehen entschuldigend auf und verschwinden. Daniel rennt ihnen mit einem Zettel hinterher. Sie sollten den Einführungskurs doch bitte bewerten. Und hier, das sei seine Karte. Falls sie Interesse hätten.
Daniel tut mir fast leid. Ich habe das Gefühl, er meint es wirklich gut. Glaubt wirklich, er könne den Menschen mit diesem «Zaubermodell» helfen. Aber mich hat er leider nicht überzeugen können. Und als ich im watson-Büro herausfinde, dass das, was ich bei der Coach Akademie Schweiz für fast 4000 Franken lernen würde, ganz offiziell Pseudowissenschaft ist, landet seine Visitenkarte ohne Umschweife im Altpapier.
Die Coach Akademie Schweiz ist eine von vielen Coaching-Ausbildungsstätten, die ihre Theorien auf der pseudowissenschaftlichen NLP basieren. Das Geschäft mit NLP-Coachingausbildungen floriert trotzdem, wie der deutsche Psychologe und Forscher Uwe Peter Kanning 2014 feststellte. Warum? Kanning glaubt wegen «einem offensiven Marketing», «unzähligen Anhängern» und der «Naivität der Kunden».
Auf genau diese drei Punkte hat watson die Coach Akademie Schweiz angesprochen. Geschäftsführerin Sabine Zumach hält grundsätzlich fest:
Dass ich die Coaching Akademie Schweiz für meinen Selbstversuch für diese Serie ausgewählt habe, liegt aber genau an ihrem offensiven, teils täuschenden Marketing. Während meiner Recherche zeigte mir Google so gut wie bei jeder Sucheingabe ihre Website an. Selbst wenn ich «CAS Coaching» oder «CAS Coach Ausbildung» eingab, mit dem Ziel, zu den Ausbildungsangeboten von Fachhochschulen zu gelangen, die international anerkannte «Certificates in Advanced Studies» in Coaching vergeben.
Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens, die Coach Akademie Schweiz bezahlt für diesen prominenten Platz. Zweitens, die Coach Akademie Schweiz kürzt ihren eigenen Namen mit «CAS» ab. Darum lauten die Titel für ihre Zertifikate, die sie an Absolventinnen und Absolventen vergibt, etwa: «Systemischer Coach & BeraterIn (CAS)».
Täuscht die Coach Akademie Schweiz so ganz bewusst ihre Kundschaft? Geschäftsführerin Zumach bestreitet das. CAS sei lediglich eine Abkürzung für den doch etwas längeren Namen der Akademie. Diese habe bereits 1997 so geheissen, also lange bevor die Bologna-Reform mit ihren CAS-Weiterbildungsprogrammen in Kraft getreten sei. Und weiter:
Screenshots von der Website der Coach Akademie Schweiz von 2011, die watson mit der Wayback Machine auffinden konnte, zeigen jedoch: Die Abkürzung fand sich damals noch nicht in den offiziellen Diplomtiteln, obwohl sich die Akademie schon damals mit «CAS» abkürzte.
An einem Punkt in den letzten Jahren muss sich die Coach Akademie Schweiz also bewusst dazu entschieden haben, «CAS» so prominent in ihren Diplomtiteln zu platzieren.
Dass in der NLP-Szene gerne missverständliche Abkürzungen verwendet werden, hat die Hintergrundrecherche von watson auch an anderer Stelle ergeben. So ist die Coach Akademie Schweiz online mit der «ICI», der «International Association of Coaching Institutes», verbunden und diese ist gemäss eigener Website Partnerin der «WHO».
Gemeint ist mit «WHO» aber nicht die Weltgesundheitsorganisation, sondern die «World Hypnosis Organization».
Mehr Schein als Sein lautet das Motto. Auch beim Werbeversprechen der Coach Akademie Schweiz, dass man «3-fach wissenschaftlich validiert» sei. Obwohl es sich bei zwei dieser «Studien» um Bachelorarbeiten handelt. Darauf angesprochen schreibt Zumach: «Nach unserer Auffassung sind Arbeiten von Universitäten und höheren Fachhochschulen, die auch publiziert wurden, durchaus als wissenschaftlich zu bezeichnen.»
Gleichzeitig sagt Zumach zum Vorwurf, die Coach Akademie Schweiz würde, mit der NLP, Methoden lehren und als wissenschaftlich verkaufen, die seit Jahrzehnten als pseudowissenschaftlich gelten:
Widersprüchliche Aussagen ziehen sich bei der Coach Akademie Schweiz scheinbar bis in die oberste Etage.
Vielleicht lernt man bei der CAS kein Coaching aber einige andere kniffs 😉
Wird hier ja selber als Pseudo-Wissenschaft beschrieben und scheint ein Ort zu sein, wo sich diese wohl fühlen, Stichwort Aura-Leserin.
Und wird hier mit dem Coach-coaching eine Art Schneeballsystem betrieben🤔