Die beiden Chinesen Fan Zhendong und Wang Chuqin lieferten sich im Mai dieses Jahres im WM-Final ein Ping-Pong-Battle auf allerhöchstem Niveau. Zhendong setzte sich mit 4:2 Sätzen durch und wurde nach 2021 zum zweiten Mal Weltmeister.
Auch im Studio 8 des Schweizer Fernsehens fand am Freitagabend ein Ping-Pong-Duell statt. Gegenüber standen sich Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan und SVP-Nationalrat Benjamin Fischer. Statt Bällen flogen Worte, anstatt Schläger zu halten, setzten die beiden Protagonisten ihre Hände vornehmlich dafür ein, zeitgleich mit den geäusserten Voten erzürnt in der Luft herumzufuchteln.
Selbst hiesigen Politologie-Grössen wie Hermann, Longchamp oder Vatter wäre es wohl nicht gelungen, eine Siegerin oder einen Sieger zu küren, spannend war die von komplett konträren Ansichten geprägte Debatte aber auf jeden Fall.
Doch der Reihe nach: In einem Trimester, geprägt von eidgenössischen Parlaments- und Bundesratswahlen, wollten die «Arena»-Verantwortlichen wohl ein letztes Mal an der Quote schrauben. Und so ging es – wenige Tage, bevor in helvetischen Stuben allerhand Fleischstücke in Bouillon-Pfännchen getunkt werden – um die Schweizer Asylpolitik.
Zu Gast in der Asyl-«Arena» waren:
Wie soll unsere Asylpolitik ausgestaltet sein? Darüber hatten die geladenen Expertinnen und Experten zu diskutieren. Für Sibel Arslan von den Grünen war der Fall klar: «Als reichstes Land haben wir die Verpflichtung und die Möglichkeit, die humanitäre Tradition weiterhin zu pflegen.» Die Schweiz sei jedoch ein Land der Rosinenpicker. Diejenigen Einwanderer, die passten und nützlich seien, die wolle man aufnehmen, bei allen anderen wolle die Schweiz gar nicht hinschauen.
Sekundiert wurde Arslan von Pfarrer Andreas Nufer. Der Theologe lobte in Bezug auf Flüchtende das solidarische Verhalten eines grossen Teils der Schweizer Bevölkerung, die vielen aktiven Institutionen und das funktionierende Rechtssystem.
Nufer übte jedoch auch Kritik: «Das Asylrecht wird dauernd verschärft. Seit 30 Jahren bin ich Pfarrer, die Thematik wird nicht mehr sachlich debattiert, sondern mit viel Emotionen, bei denen ich nicht verstehe, weshalb es sie braucht. Wir in der Seelsorge sehen die Sorgen der Personen und die sind lösbar.»
Diametral anders schätzte die Gegenseite die Lage im Asylwesen ein. Zwar betonte auch Neo-Nationalrat und Sicherheitspolitiker Reto Nause die gelebte humanitäre Tradition der Schweiz, etwa im Falle von Flüchtenden aus der Ukraine oder Afghanistan.
Doch es gebe auch Probleme. «Es kommen Leute aus Nordafrika, die kaum Chancen auf Asyl haben und straffällig werden. Dort müssen wir im Einzelfall schauen, dass die Verfahren deutlich beschleunigt werden und wir diejenigen Personen, die straffällig werden, auch konsequent ausschaffen.»
Noch spezifischer wurde SVP-Nationalrat Benjamin Fischer. Auch er erwähnte Einwanderer aus Nordafrika. Die Probleme könne man benennen, man wolle sie aber leider nicht lösen. «Im Thurgau hatten wir vor 3 Jahren noch 250 Einbruchdiebstähle, jetzt sind es über 1000. 90 Prozent der Täter sind Personen aus dem Maghreb.»
Hinzu komme, dass teilweise Menschen einwanderten, welche die Schweizer Werte und die Kultur nicht akzeptierten. Mit grosser Sorge schaue er nach Deutschland und Frankreich, wo nach dem Angriff der Hamas auf Israel Demonstrationen stattgefunden hätten und «ganze Meuten von muslimischen Zuwanderern ein Kalifat in Deutschland fordern».
«Die Migrationspolitik in diesen Ländern ist gescheitert, ich möchte nicht, dass wir in der Schweiz bald deutsche oder französische Zustände haben», so Fischer weiter.
Damit waren die Fronten im SRF-Studio abgesteckt. Je länger die Sendung dauerte, desto mehr verkam die Debatte zu einem SVP-Grünen Zweikampf. Ein erstes Mal kulminierte der Dialog zwischen Fischer und Arslan nach einer halben Stunde.
Fischer ärgerte sich ab der von den Grünen unterstützten seiner Meinung nach zu laschen Schweizer Ausschaffungspraxis, es werde «fast nicht ausgeschafft». Arslan entgegnete, die SVP wolle «alle einsperren oder ausschaffen, am liebsten alles mit einem ausländischen Schild».
Akt zwei des Privatduells zwischen Fischer und Arslan dann nach etwas mehr als einer Dreiviertelstunde. Stein des Anstosses ist das Resettlement-Programm der UNO, dem sich die Schweiz – trotz eines gegenwärtigen Stops – angeschlossen hat. Die Schweiz unterstützt damit sogenannte Erstfluchtstaaten, indem sie eine definierte Anzahl an besonders schutzbedürftigen Flüchtenden aufnimmt.
Fischer und die SVP möchten erst wieder über das Resettlement diskutieren, wenn das geltende Asylrecht umgesetzt wird. In diesem Jahr dürften rund 30'000 Personen in der Schweiz Asyl beantragen, zu viel für Fischer, man habe für diese Leute keinen Platz mehr. Arslan entgegnete, die SVP sei unabhängig der Asylgesuche generell gegen das Resettlement-Programm. «Ich würde mich ein bisschen schämen, wenn ich als Politiker in einer Sendung so viel lügen würde», wirft sie Fischer an den Kopf.
Ein drittes Mal intensiviert sich der Tonfall, als die Asylpraxis gegenüber Afghanistan zur Sprache kommt. Afghanische Frauen und Mädchen erhalten durch eine Änderung des Staatssekretariates für Migration in der Regel Asyl und werden nicht nur vorläufig aufgenommen. SVP-Nationalrat Gregor Rutz wollte diese Praxis mit einer Motion rückgängig machen, das Parlament hat sie diese Woche auf Antrag von Mitte-Präsident Gerhard Pfister aber zurück in die Kommission geschickt.
Benjamin Fischer befürchtet, dass afghanische Frauen ihre Männer nachziehen. Zudem hielten sich viele afghanische Flüchtende gar nicht in Afghanistan auf, sondern einem Drittstaat. «Im Moment sind rund 10 Millionen Menschen aus Afghanistan auf der Flucht, in irgendeinem Land, wir können diese 10 Millionen nicht alle aufnehmen.»
Sibel Arslan beschuldigte ihren Kontrahenten, irgendwelche Zahlen in die Runde zu werfen. «So kann man nicht arbeiten, die Leute haben Anrecht auf ehrliche und richtige Zahlen.»
So kam es, dass vor allem zwei der vier Gäste die Asyl-«Arena» zum Jahresende prägten. Die beiden anderen, Mitte-Nationalrat Reto Nause und Pfarrer Andreas Nufer, gingen in der Wahrnehmung fast etwas unter. Dabei war gerade die ruhige und sachlich beurteilende Art von Theologe Nufer – dem einzigen Nicht-Politiker der Runde – der Sendung durchaus dienlich.
Vorweihnächtliche Harmonie entstand folglich erst, als Moderator Sandro Brotz seine Gäste am Ende der Sendung dazu aufforderte, den Weihnachtsbaum im Studio mit ihrem Mitbringsel zu schmücken. Benjamin Fischer hatte einen – von seinem Sohn gebastelten – Glitzerstern dabei. Reto Nause erschien mit einer Weihnachtskugel in Herzform.
Hat sie das so gesagt? Das wär lustig. :)