Snooker ist ein ruhiger Gentleman-Sport, gespielt von (vorwiegend) Männern in Hemd und Gilet. Doch vor zwei Jahren geriet diese scheinbar heile Welt aus den Fugen, als ein Wettskandal bekannt wurde.
Zehn Chinesen wurden gesperrt. Einer der prominentesten von ihnen steht nun in Sheffield im WM-Final: Zhao Xintong. Er war für 20 Monate gesperrt worden.
«Er hat eine Sperre abgesessen für etwas, das manche Leute als ein sehr geringfügiges Vergehen bezeichnen würden», sagte Barry Hearn. Der Geschäftsmann hat mit seiner Firma Snooker und Darts gross gemacht und entsprechend keine Lust, sich den WM-Final schlechtreden zu lassen. Zhao sei «ein netter junger Mann», sagte Hearn also gemäss der BBC. «Wenn man im Leben einen Fehler macht, blickt man nicht zurück, sondern nach vorne.»
Im Gegensatz zu anderen Spielern hatte Zhao, damals die Nummer 6 der Welt, kein eigenes Match manipuliert. Doch auch seine Rolle war alles andere als harmlos: «The Cyclone» («der Zyklon») war an der Absprache zweier manipulierter Partien eines Landsmanns beteiligt und hatte selbst auf Snooker-Spiele gewettet – ein klarer Regelverstoss. Im September 2024 durfte er zurückkehren – und sorgte seither sportlich für Furore, indem er vier Turniere gewann.
An der WM im Crucible Theatre musste der 28-Jährige vier Qualifikations-Runden überstehen, um es überhaupt ins Hauptfeld zu schaffen. Dort warf er zunächst den Vorjahresfinalisten Jak Jones raus, dann Lei Peifan, Chris Wakelin und im Halbfinal die Snooker-Ikone Ronnie O'Sullivan. Dem Engländer liess er beim 17:7-Erfolg kaum eine Chance. «Ich kann das nicht glauben», sagte Zhao nach diesem Triumph. «Ronnie ist mein Idol.»
46 von 48 Spielen hat Zhao seit seiner Rückkehr gewonnen. Er steigt voller Zuversicht in den WM-Final, den er als zweiter Chinese nach Ding Junhui erreicht hat. Ding verlor 2016 gegen Mark Selby.
«Die Weltmeisterschaft zu gewinnen, ist der grosse Traum des chinesischen Snookers», sagte Zhao, der seit bald zehn Jahren in Grossbritannien lebt, nur zehn Gehminuten vom Crucible Theatre entfernt. «Es ist immer noch ein sehr weiter Weg zum Titel, denn ich habe noch ein Spiel vor mir. Ich werde einfach versuchen, den Final zu geniessen.» Würde er tatsächlich gewinnen, wäre er der erste Qualifikant seit Shaun Murphy 2005, dem dieses Kunststück gelingt.
Als Murphy aus dem Nichts zuschlug, war Mark Williams bereits zweifacher Weltmeister. Seinen ersten Erfolgen in den Jahren 2000 und 2003 liess er 2018 einen dritten WM-Titel folgen – und nun steht der Waliser im Alter von 50 Jahren ein weiteres Mal im Final.
Älter als Williams war noch nie ein WM-Finalist. Im Halbfinal gegen den Weltranglisten-Ersten Judd Trump gelang ihm nach einem 3:7-Rückstand ein 17:14-Sieg. Für den Siegercheck von 500'000 Pfund (rund 550'000 Franken) müssen 18 Frames gewonnen werden. Die erste Session beginnt heute um 13.45 Uhr, die Entscheidung fällt morgen Montagabend.