Rassismus im Stadion? Wir haben beim BVB eine klare Meinung dazu.Bild: AP
Akanjis Revier
Kürzlich gab es in Deutschland zwei Fälle von Rassismus in Fussball-Stadien. Ich erkläre euch jetzt mal, wie ich selbst Rassismus erlebe, wie ich darauf reagiere und warum wir in der Kabine darüber sprechen.
Ich hoffe echt, der Rassismus hört eines Tages auf. Ich meine damit nicht nur im Fussball, sondern generell. Leider kann man die Denkweise gewisser Leute nicht nachvollziehen, vielleicht ist es auch eine Sache der Erziehung und wird so an Kinder weitergegeben?
Eigentlich sollten Fussballfans ja ins Stadion kommen, um ihren Verein zu unterstützen. Leider wird der Fussball aber zunehmend auch als Plattform für gewisse Botschaften missbraucht.1 Jüngst gab es in Deutschland zwei Fälle von Rassismus in den Fussballstadien. In der dritten Bundesliga wurde in der Partie zwischen Preussen Münster und den Würzburger Kickers vorbildlich gehandelt.
Das ist aber eher die Ausnahme. Aufsehen erregte der Fall um Jordan Torunarigha. Der Herthaner wurde nach einem rassistischen Zwischenfall wütend, sah darauf die gelb-rote Karte und verliess anschliessend mit Tränen in den Augen das Spielfeld.
Dieser Vorfall war auch bei uns in der Kabine ein Thema. Ich habe mit meinen Teamkollegen Dan-Axel Zagadou, Axel Witsel, Thorgan Hazard und Raphael Guerreiro darüber gesprochen, wie wir auf dem Feld gehandelt hätten. Und wir waren uns einig, dass wir – wenn so etwas bei uns geschieht – geschlossen als Mannschaft vom Feld gehen. Wir hätten bestimmt die Unterstützung der ganzen Mannschaft. Solidarität ist in dieser Sache sehr wichtig. Ich glaube auch, dass uns der BVB, der sich immer wieder klar gegen Rassismus positioniert, in dieser Sache bedingungslos unterstützen würde.
Für die Schiedsrichter sind solche Fälle immer sehr schwierig zu handhaben. Sie müssen sich schliesslich an das 3-Stufen-Protokoll der UEFA halten. Oftmals hören sie die Beleidigungen ja nicht mal. Das heisst, der Spieler muss zum Unparteiischen rennen und erklären, was passiert ist. Für den Schiedsrichter ist es dann schwer, die Situation richtig zu beurteilen.
Das 3-Stufen-Protokoll der UEFA
1. Wird ein Schiedsrichter das erste Mal auf rassistische Beleidigungen aufmerksam gemacht, muss er die Partie unterbrechen und eine Stadiondurchsage veranlassen.
2. Werden die rassistischen Anfeindungen daraufhin nicht eingestellt, wird der Schiedsrichter angehalten, das Spiel für fünf bis zehn Minuten zu unterbrechen. Zudem erfolgt eine zweite Durchsage durch den Stadionsprecher.
3. Wenn der Schiedsrichter ein drittes Mal rassistische Zwischenfälle wahrnimmt oder darauf aufmerksam gemacht wird, ist er dazu aufgefordert, das Spiel endgültig abzubrechen.
Wichtig ist, dass bei solchen Vorfällen die Vereine und Verbände umgehend reagieren und Stadionverbote konsequent durchsetzen. Es geht nur mit der Unterstützung von «oben».
Ich habe das grosse Glück, dass ich in meiner Profi-Karriere im Stadion noch keine direkten Erfahrungen mit rassistischen Vorfällen machen musste. Bei den Junioren war das früher ganz anders, da hat es sowas öfters gegeben. Das war allerdings in einem Alter, da haben meine Gegenspieler die Bedeutung ihrer Worte wohl noch nicht richtig verstanden – ich habe die Beleidigungen auch nie ernst genommen.
Weil ich im Stadion verschont blieb, heisst das nicht, dass ich keinen Rassismus erlebe. Auf Social Media kommt es regelmässig vor, dass ich Nachrichten mit rassistischem Inhalt zugeschickt bekomme. Aber ganz ehrlich: Das sind Leute, die sich hinter ihrem Laptop verstecken. Sie würden sich wahrscheinlich kaum trauen, mir das direkt ins Gesicht zu sagen.
Wenn ich dann solche Nachrichten bekomme, blockiere ich die Leute einfach. Was ich sicher nicht mache, ist darauf zu reagieren, denn ich möchte mich nicht auf dieses Niveau einlassen.
Was ich richtig stark finde, sind Fussballer, die dazu ihre Meinung sagen und sich klar positionieren, wie das zum Beispiel Bayerns Leon Goretzka zuletzt tat. Man kann und sollte aber niemanden dazu zwingen, sich politisch zu äussern. Hier muss jeder machen, was er selbst für richtig hält. Ich stehe dafür ein – ganz viele meiner Berufskollegen zum Glück auch.
1 Manuel Akanji hat diesen Blog-Eintrag vor dem Wochenende und den Ereignissen rund um die Banner in Richtung Dietmar Hopp geschrieben.
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