Keine Chance gegen eines der nominell schwächsten schwedischen Teams, gegen das die Schweizer an einer WM je gespielt haben. War der Optimismus der letzten Tage bloss ein Irrtum? Wer will, kann das so sehen. Die 0:7-Niederlage ist tatsächlich ein schwerer statistischer Rückschlag. Und bestätigt alle Realisten, die sagen, wir seien eben noch lange, lange nicht titelreif.
Aber wenn wir uns intensiver mit dem Spiel befassen, dann sehen wir: Die heftige Niederlage hat ein paar Gründe und einen Hauptgrund. Die paar Gründe stehen für die Summe von Details, die den Schweizern zu schaffen machten, die aber noch nicht zwingend in die Niederlage führen mussten.
Die Schweden sind klar besser als die Tschechen, die wir 5:2 und die Dänen, die wir 1:0 besiegt hatten. Weil sie ihrem Ruf als Taktiker von Weltformat gerecht werden. Sie entziehen unserem Spiel den Sauerstoff und verhindern ein Tempospektakel.
Mit ein paar taktischen Handgriffen: Sie verlegen das Forechecking tiefer in unsere Zone als die Tschechen und die Dänen. Sie stören also unsere Verteidiger viel früher – und unterbinden so die schnellen Auslösungen der Angriffe. Sie sind in der neutralen Zone aufmerksamer und reduzieren das Tempo der Schweizer beim Ansturm in die gegnerische Zone. So haben sie viel weniger Mühe, unsere Stürmer im Schach zu halten und sind in den Zweikämpfen bissiger.
Um es etwas blumig zu sagen: Die Schweizer fliegen nicht mehr nach vorne. Der «Flugraum» fehlt. Sie müssen zu Fuss gehen. Und so ist es kein Wunder, dass auch Timo Meier nicht trifft – und wenn er nicht trifft, wer dann?
Zum ersten Mal bei diesem Turnier hat die Mannschaft von Patrick Fischer einen durch und durch ebenbürtigen, robusten Gegner. Daraus entwickelt sich ein intensives «Schachspiel» auf Augenhöhe. Oder besser: Nur Anfang sind es zwei Teams auf Augenhöhe. Obwohl am Ende mit 28:27 Torschüssen sogar eine statistische Überlegenheit der Schweizer steht. Und so kehren wir zurück zu einem ewigen Gesetz des Eishockeys, das seine Gültigkeit seit mehr als 100 Jahren nicht verloren hat und in 100 Jahren noch gelten wird. Ein Gesetz, so banal, dass es schon fast ein Klischee geworden ist: Ohne grossen Torhüter ist auf diesem Niveau kein Spiel zu gewinnen. Das gilt für alle Teams.
Wir dürfen es so sagen, weil es so ist: Leonardo Genoni, WM-Silberheld von 2018, meisterlicher Held in Davos, Bern und zuletzt in Zug, ist für einmal ein Lottergoalie. Gemessen an seinem besten Hockey sind alle vier Treffer nicht unhaltbar. Sein 23. WM-Einsatz ist sein bisher schwächster. In dieser Verfassung hätte er mit Zug den Viertelfinal gegen den SC Bern nicht überstanden.
Also ist es nur logisch, dass er nach dem 0:4 und einer Fangquote von 66,70 Prozent ausgewechselt wird. Melvin Nyffeler kommt früher als geplant zu seinem WM-Debüt. Es hilft kein wenn und aber: Jede Analyse dieses Spiels endet beim Torhüter. Nach dem 0:4 löst sich das Spiel der Schweizer auf und am Ende steht die erste «zu null» WM-Niederlage gegen Schweden seit dem 8. Mai 2011. Damals verloren wir mit… Leonardo Genoni im Tor. Damals machten die Schweden aus 34 Abschlussversuchen nur zwei Treffer und der zweite fiel erst 32 Sekunden vor Schluss, als die Schweizer Genoni durch einen 6. Feldspieler ersetzt hatten.
Nur wenn Zugs Meistergoalie wieder sein bestes Hockey spielt, ist diese Niederlage gegen Schweden bloss ein Zwischenhalt auf dem Weg nach oben. Die bange Frage ist also: Sehen wir in Riga bald wieder den wahren Leonardo Genoni? Nationaltrainer Patrick Fischer ist für sein psychologisches Geschick im Umgang mit seinen Spielern berühmt. Dieses Talent ist nun gefragt.
Mit einem gewöhnlichen Torhüter kommen wir nicht in die Nähe von Medaillen. Und so dürfen wir den missglückten Abend in einem etwas holprigen Reim zusammenfassen: Die Schweiz verloren ist, wenn Timo Meier nicht trifft und Leonardo Genoni nicht hält, was er verspricht.
2. Waren wir bereit für den Match?
3. Genoni
4. Genoni
5. Genoni
6. Genoni
7. Genoni
8. Genoni
9. Genoni
Was zur Hölle war mit Genoni los?