Leicester City steht aktuell auf dem vorletzten Platz in der Premier League. Der englische Meister von 2016 spielt die schlechteste Saison seit seiner Rückkehr in die englische Elite-Liga 2014.
Die Meisterschaft der «Foxes» 2016 kam zwar aus dem Nichts und überraschte jegliche Fussball-Experten. Doch in den Jahren danach und vor allem unter der Leitung von Ex-Coach Brendan Rodgers etablierte sich beim Klub aus den East Midlands der Anspruch im Kampf um die europäischen Plätze mitzuwirken.
Rodgers führte Leicester in den Saisons 2019/20 und 2020/21 jeweils auf den fünften Platz und verpasste die Qualifikation zur Champions League nur knapp. Unter der Leitung des Nordiren holte die Mannschaft 2021 auch zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte den FA-Cup.
Rodgers schien der perfekte Coach für Leicester zu sein. Er verstand es, mit jungen talentierten Spielern umzugehen und trieb deren Entwicklung stets voran. Immer wieder gelang es ihm auch hochkarätige Abgänge wie den Wechsel von Harry Maguire zu Manchester United oder Ben Chilwells Transfer zu Chelsea mit geschickten Transfers von jungen Talenten zu kompensieren.
Auch in diesem Sommer verlor Leicester mit Innenverteidiger Wesley Fofana einen wichtigen Spieler. Mit Wous Faes wurde auch hier ein talentierter Ersatz gefunden, doch ausser dem belgischen Verteidiger wurden im Sommer keine Neuzugänge fest verpflichtet. Es wurde verpasst, die Mannschaft weiterzuentwickeln und ihr neue Impulse zugeben, was Leicester zum Verhängnis werden sollte.
Mit James Maddison, Harvey Barnes und Youri Tielemans haben die «Foxes» seit Jahren drei hochtalentierte Mittelfeldspieler in ihren Reihen. Alle drei stehen auf den Wunschzetteln der Top-Klubs. Tielemans wird den Klub in jedem Fall ablösefrei verlassen, die Zukunft der beiden englischen Nationalspieler ist noch offen. Bei einem Abstieg wären die beiden allerdings nicht zu halten.
Doch die Entwicklung der Spieler um das Trio herum stagniert. Leicesters Stürmer Patson Daka, Kelechi Iheanacho und der alternde Jamie Vardy haben gemeinsam gerade mal acht Treffer erzielt. Eine magere Ausbeute. Auch auf der Torhüter-Position klafft nach dem Abgang von Stammkeeper Kasper Schmeichel eine riesige Lücke.
Mit Danny Ward wurde zu Beginn der Saison die ehemalige Nummer zwei zum Stammgoalie erkoren. Der Waliser konnte allerdings nicht überzeugen und war ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor. Aktuell steht daher nun der Däne Daniel Iversen zwischen den Pfosten. Dieser konnte jedoch in bisher vier Spielen in der Premier League kein einziges Mal zu null spielen.
Dem englischen Meister von 2016 fehlt es an defensiver Stabilität. Die «Foxes» kassierten in dieser Saison bereits 52 Gegentreffer in der Liga bei 49 zu erwartenden Gegentreffern (Expected Goals). Zum Vergleich: In drei der vier Saisons zuvor kassierte das Team nicht mehr als 50 Gegentreffer.
Ein Faktor für die wackelnden Defensive ist das grosse Verletzungspech vor allem von Abwehrspielern. Kapitän und Defensiv-Anker Jonny Evans fehlt bereits seit Anfang Dezember. Er verpasste dadurch bereits 20 Spiele, seine Rückkehr wird in den nächsten Wochen erwartet. Mit Ryan Bertrand und James Justin fehlen zudem zwei Aussenverteidiger. Bertrand fehlt nach einer Knie-Operation bereits seit über einem Jahr. Justin zog sich im November einen Achillessehnenriss zu und wird vermutlich noch bis zum Saisonende ausfallen. Dadurch wurden vermehrt auch defensive Mittelfeldspieler in der Abwehr eingesetzt, die sich diese Position nicht gewohnt sind.
Die Defensive wird zum Knackpunkt für das neue Trainer-Team um Dean Smith. Der Brite schaffte schon einmal mit Aston Villa den Klassenerhalt in der Premier League und strebt diesen jetzt auch mit den «Foxes» an.
Ein wichtiger Faktor dürfte dabei Smiths Assistent John Terry spielen. Der ehemalige Kapitän des FC Chelsea, assistierte Smith schon beim Klub aus Birmingham. Durch seine Erfahrung als Innenverteidiger auf Top-Niveau verhalf Terry bei Aston Villa bereits Tyrone Mings und Ezri Konsa sich weiterzuentwickeln.
Gerade Wout Faes, Harry Soutar und Victor Kristiansen, welche bei Leicester ihre erste Premier League Saison spielen, dürften von den Tipps von Terry enorm profitieren.
Dean Smiths Schlüsselspieler im Abstiegskampf mit Aston Villa war in der Saison 2019/20 kein Geringerer als Jack Grealish. Smith machte den heutigen Spieler von Manchester City zum Kapitän und zog ihn damit in die Verantwortung.
Images from Dean Smith's first #lcfc training session 📸
— Leicester City (@LCFC) April 12, 2023
Smith zog Grealish aus dem zentralen Mittelfeld auf den linken Flügel. Eine ähnliche Wandlung erlebte James Maddison auch unter Brendan Rodgers. Der Standardspezialist agiert mittlerweile auch vermehrt auf der Aussenbahn und nicht mehr in der Zentrale.
Smith gab Grealish viele Freiheiten, um sein Spiel zu entfalten und dieser profitierte genau von diesen Freiheiten. Ein ähnlicher Ansatz könnte auch bei Maddison zu einer Leistungsexplosion führen, wovon die «Foxes» natürlich enorm profitieren würden.
Acht Spiele hat Smith noch Zeit, um Leicester aus der Abstiegszone zu führen. Lediglich zwei Punkte trennen die «Foxes» von Platz 17, welcher den Klassenerhalt garantieren würde. Doch das Restprogramm hat es durchaus in sich. Vier Gegner von Leicester stehen aktuell unter den Top zehn der Liga.
Doch die restlichen Gegner sind alles direkte Konkurrenten im Kampf um den Ligaerhalt. Dadurch hat es der englische Pokalsieger von 2021 selbst in der Hand die verkorkste Saison noch zu retten.