Bevor sie zu ihrer grossen Mission aufbrechen, haben die israelischen Fussballer am Sonntagabend im Kosovo noch eine Botschaft. Sie formen dafür mit ihren Händen ein Herz, doch es ist nur ein halbes.
Unsere Herzen, das sagen die israelischen Fussballer mit der Geste, sind gebrochen. Dazu singen sie die Hativka, die israelische Nationalhymne, die sich um ein Wort dreht: Hoffnung. Und müssen dabei auch einige Pfiffe über sich ergehen lassen.
Das Spiel verliert Israel gegen den Kosovo mit 0:1. Es ist ein Rückschlag für das Team, das in diesen Tagen vor einer gewaltigen Aufgabe steht. Während daheim Krieg herrscht, wollen sich die israelischen Fussballer erstmals überhaupt für eine EM qualifizieren. Sie müssen dabei ein veritables Mammutprogramm mit vier Spielen in zehn Tagen bewältigen. Und sind nach der Niederlage gegen den Kosovo am Mittwoch gegen die Schweiz auf einen Sieg angewiesen, um realistische Chancen auf eine direkte Qualifikation zu wahren.
Nach dem Spiel vom Sonntag sagt Alon Hazan, der israelische Nationaltrainer, die Niederlage tue ihm leid, und es gehe ihm dabei nicht nur um die verlorenen Punkte. Sondern um das kleine Lächeln, das sein Team den Menschen in Israel in diesen schwierigen Zeiten habe schenken wollen. Das sei nicht gelungen. Doch noch sei nichts verloren.
Ein kleines Lächeln für Israel: Davon war in den letzten Tagen oft die Rede. Stürmer Shon Weissman sagte es so: «Der Fussball ist gerade so unwichtig, aber wenn wir es schaffen, die Leute zum Lächeln zu bringen, dann ist das alles.» Und Mittelfeldspieler Neta Lavi sagte: «Wir sind keine Helden, das sind die Männer und Frauen, die für unser Land kämpfen.» Doch auch die Fussballer wollten ihren Beitrag leisten.
Bei den Terrorangriffen durch die Hamas vom 7. Oktober starben in Israel laut aktuellen Regierungsangaben 1200 Menschen. Mindestens 239 wurden entführt. «Es gibt», sagt der israelische Sportjournalist Joshua Halickman, «keinen Israeli, der nicht einen Freund oder Verwandten verloren hat. Oder der jemanden kennt, der jetzt in die Armee einberufen wurde».
Der Hamas-Terror und der Krieg, den Israel jetzt als Reaktion darauf führt, macht vor niemandem Halt. Auch nicht vor den israelischen Fussballern. Die Schwester von Yossi Benayoun, dem einstigen Liverpool-Spieler und heutigen Sportdirektor im Fussballverband, entkam den Hamas-Angreifern mit ihrer Familie nur knapp. Die Tochter eines Mannschaftsarztes wurde entführt, ein Ex-Profi ermordet. Menashe Zalka, Captain des israelischen Erstligisten Hapoel Hadera, hat das Fussball-Leibchen gegen die Uniform getauscht.
Der Ligabetrieb in Israel ruht seit dem 7. Oktober. Die im Oktober angesetzten EM-Qualifikationsspiele des Nationalteams gegen den Kosovo und die Schweiz wurden verschoben. Darum warten nun vier Spiele in zehn Tagen auf Israel. Die Heimspiele trägt das Team in Felcsut in Ungarn aus; mehr als 2000 israelische Fans werden dabei erwartet.
Der Nahost-Konflikt wirkt schon länger bis auf den Fussballplatz. Das ist auch der Grund, warum Israel am Mittwoch überhaupt auf die Schweiz trifft. Ursprünglich spielten die Israeli beim Asiatischen Fussballverband mit. Doch 1974 wurden sie auf Initiative arabischer Staaten aus dem Kontinentalverband ausgeschlossen. In den Jahren darauf trat Israel bei WM-Ausscheidungen der UEFA und des ozeanischen Verbands OFC an. Seit 1994 ist das Land UEFA-Vollmitglied. Und will jetzt erstmals an einer EM teilnehmen.
Als die israelischen Fussballer sich am Freitag zum Flughafen aufmachten, mussten sie wegen eines Raketenalarms in den Strassengraben flüchten. Es war der Schlusspunkt einer schwierigen Vorbereitung. Während zu Hause der Ligabetrieb stillsteht und mancher Akteur ohne Spielpraxis angereist ist, standen gewisse Legionäre noch Mitte letzter Woche mit ihren Teams im Europacup im Einsatz, reisten dann zum Nationalteam – und mussten am Sonntag bei schlechten Platzverhältnissen im Kosovo auflaufen.
Auch Eran Zahavi steht im Aufgebot, das 30 Namen umfasst, um für jede Eventualität gewappnet zu sein. Der Stürmer war eigentlich aus dem Nationalteam zurückgetreten – nach einem Zerwürfnis mit Sportdirektor Benayoun, das sich an der Frage entzündete, ob Routinier Zahavi Anrecht auf ein eigenes Zimmer hat. Hat er nicht, fand Benayoun. Hat er doch, fand Zahavi. Und trat zurück.
Doch jetzt steht der Stürmer wieder im Kader. Der 36-Jährige begründete seine Rückkehr damit, dass in diesen schwierigen Zeiten jeder seinen Beitrag für das Land leisten müsse. «Sehr wichtig» sei die Rückkehr des Rekordtorschützen, sagt Sportjournalist Halickman, der die israelische Sport-Website SportsRabbi gegründet hat.
Halickman hat in den letzten Wochen verschiedene israelische Sportler beobachtet. Bei den Basketballern von Maccabi Tel Aviv hat er festgestellt, dass sie zuerst «wie Geister» spielten – und dann im nächsten Spiel vor Energie vibrierten. Ähnliches hat er nun bei den Fussballern gesehen. «Bei allem, was derzeit passiert, war das erste Spiel sehr schwierig, gerade emotional», sagt er.
Aber gegen die Schweiz, sagt Halickman, rechne er jetzt mit einem anderen Israel.
Sollen sie versuchen... für uns jedoch gilt:
MACHT SIE FERTIG!!! :D
Hopp Schwiiz! *fahneschwenk
Würde man natürlich niemals so zuegeben, aber Israel als kriegsführende Nation an der EM in Deutschland mit seiner riesigen Araber-Diapora wäre ein sicherheits- und gesellschaftlicher Albtraum für Deutschland.