Der deutsche Satiriker Jan Böhmermann meinte einmal, dass man, «wenn es hart auf hart kommt», mit einem Panzer in 30 Minuten in Salzburg sei. Dieser Satz ist aus gleich mehreren Gründen eine Frechheit.
Denn die Schweiz ist natürlich nicht Österreich, das wissen sogar wir ignoranten Deutschen, und logischerweise haben unsere beiden lieben Nachbarn ein unverletzliches Recht auf ihre Souveränität. Und trotzdem bleibt hierzulande der Eindruck – don't shoot the messenger! –, dass die Schweiz ja irgendwo auch nur der kleine, reiche, schrullige und konservative Bruder Deutschlands ist.
«Wenn Deutschland wieder mal verkackt, dann bin ich für die Schweiz», singt der deutsche Content-Creator Paulomuc in «Füllkrug», einem unserer vielen inoffiziellen EM-Songs, und das Schweizer Exportprodukt Aditotoro antwortet: «Wenn die Schweiz es nicht geschissen kriegt, zieh' ich nach Österreich.» Wir lernen: Potato, potato; tomato, tomato.
Tatsächlich aber, und vielleicht ist das der Grund für unsere Arroganz, sind wir auf manche Sachen von euch einfach nur neidisch. Nicht nur auf die Wes-Anderson-Landschaften und Schokolade. Ihr seid für uns mehr als die billige Pointe eines schlechten Gags über Steuervermeidung.
Hier kommen fünf Dinge, um die wir Deutschen euch Schweizer wirklich beneiden. Auch wenn wir es natürlich nie zugeben würden.
Letztens hat uns ein Video über die binneneuropäische Grenze erreicht, das schon etwas älter ist, aber das braucht hier bei uns manchmal etwas länger wegen Netzausbau und Digitalisierung und so. Dieses Video, das euch bereits hinlänglich bekannt sein dürfte, hat doch einige Fragen aufgeworfen. An der WM 2022 hatte die Schweiz mit 1:6 gegen Portugal verloren und Manuel Akanji, den wir wiederum um sein Kopfrechnen beneiden, verstand die Frage des SRF-Reporters Jeff Baltermia partout nicht. «Erliechterig?» «Ernüchterig?» «Erniechterig?» Ah. «Ernüchterung!» Erst durch den kleinsten gemeinsamen Nenner Deutsch konnte der Basler Dialekt von Baltermia dechiffriert werden.
"Sorry, Basler Dialekt". Grosses Kino! #PORSUI pic.twitter.com/XUVpNJfjHG
— Tom Berger (@TomCBerger) December 6, 2022
Nun könnte man sagen: Warum nicht gleich so? Wir aber sagen: toll! Die beiden sind knapp 100 Kilometer voneinander entfernt geboren, sprechen aber völlig verschiedene Sprachen. Musik für unsere Ohren, die als Dialekte mit hemdsärmeligem Bayerisch oder bräsigem Sächsisch vorliebnehmen müssen. Schweizerdeutsch klingt liebenswert und knuffig. Auch und gerade als Dialekt im Deutschen. Kann man überhaupt auf Schweizerdeutsch schimpfen?
Wir können uns hierzulande einfach nicht darauf einigen, ob unser Torwart Manuel Neuer nun noch Luftschutz oder schon Luftikus ist, und ob nicht vielleicht doch Marc-André ter Stegen, der König Charles unter den Rückhalten, die ewige Nummer Eins entthronen sollte. Wenn sich zwei streiten, freut sich für gewöhnlich der Dritte, allerdings ist der Leistungsabfall dahinter doch zu gross, deswegen würden wir uns gerne Gregor Kobel wünschen, den besten Torwart der Bundesliga. Bei euch spielt er ja sowieso nicht. (Und warum regt sich in der Schweiz niemand deshalb auf?)
Die Schweizer, das entnehmen wir der Lektüre der «NZZ», bei Martin Suter und Christian Kracht, scheinen doch ein recht konservatives Völkchen zu sein, deswegen aber ein tugendhaftes (und obendrein ein zumindest bilinguales).
Wir sind neidisch, manche sprechen hier ja nicht einmal richtig Hochdeutsch (siehe oben). Auch wir würden uns zudem manchmal mehr von dem Selbstverständnis wünschen, das man wohl nur durch direktdemokratische Mitgestaltung bekommt. Ein bisschen mehr Dezenz und protestantische Bescheidenheit, mit einem antiquierten Charme in all der Niedlich- und Beschaulichkeit.
Quadratisch, praktisch, gut. Ein zeitloser Klassiker. Das Rote Kreuz als Gegenstück, gute Sache. Einfach ein grosses Plus.
Gleich zwei deutsche Sehnsüchte werden hier in einem einzigen Werbespot für die Schweizer Tourismusbehörde bedient. Der Kosmopolitismus des ehemaligen US-Talkshow-Host Trevor Noah. Und die Eleganz des Tennis-Gentlemans Roger Federer. Der Oscar-prämierte Regisseur Tom Hooper inszenierte diesen knapp dreieinhalb Minuten langen Film unter dem Titel «The Grand Train Tour of Switzerland – The Ride of a Lifetime».
Auch Anne Hathaway und Robert De Niro hatten zuvor mit Roger Federer für die Schweiz geworben. Wir fragen uns: Warum wollen eigentlich keine Hollywood-A-Lister für Deutschland Werbung machen? Und wieso muss eigentlich noch Werbung für euer so lächerlich schönes Land gemacht werden?
Jetzt ist es raus, wir sind blass vor Neid. Neidisch auf den Reichtum und die Sicherheit. Auf die hohen Löhne, auf die guten Arbeitsbedingungen, die stabile Wirtschaft und die Haare von Yann Sommer. In dem Sinne möchten wir uns auch einfach einmal bedanken, von Herzen. Für Hazel Brugger, die lustigste Frau in Deutschland, für Wilhelm Tell und Heidi, Bruno Ganz und Albert Einstein.
Und für die drei Punkte am Sonntag.
Schliesslich haben wir ja über die Hälfte Söldner aus der Bundesliga im Repertoire.
Zu den Fluchwörtern hatten wir sogar mal einen Troubadour der konnte sogar singend fluchen.
Liebe Miteidgenossen, quatsch drauf los und traut euch Hochdeutsch zu sprechen, die Deutschen lieben es!