Er ist zurück. Endlich!
Fast 14 Monate des langen Wartens haben heute um 16:00 Uhr ein Ende. Roger Federer spielt wieder Tennis. Nicht Training, nein, ein Match an einem Turnier. Es ist ein Pflichttermin vor dem Fernseher. Ein Moment der Freude. Aber auch einer der Angst.
Seit 1998 ist Federer Tennis-Profi. 1513 offizielle Spiele hat er bestritten, 1242 davon siegreich, 103 Titel resultierten, 20 davon an Grand Slams. Seit 23 Jahren schon entzückt Federer die Sport-Schweiz – nein, die Welt! Es ist eine gefühlte Ewigkeit. Mit unendlich vielen Emotionen. Aber einer beklemmenden Frage:
Wie lange noch?
Federer und das Alter, es ist wohl die meistverhandelte Frage im Schweizer Sport. 40-jährig wird er im Sommer. Wie viel kann ein Körper in diesem Alter auf höchstem Niveau noch leisten? Erst gerade hat Tom Brady, 43, Tampa Bay zum Super-Bowl-Gewinn geführt. Es sind solche Fakten, an denen ich mich voller Hoffnung festklammere. (Und natürlich klammere ich gerne aus, dass Brady keinen Einzel-, sondern Teamsport betreibt).
Freude. Hoffnung. Sehnsucht. Für all das stand Federer. In einer coronafreien Welt. Und jetzt? Ist es unvernünftig, ernsthaft daran zu glauben, dass ihm noch einmal ein grosser Coup gelingt? «Natürlich nicht!», schreit der Engel im Kopf. Schliesslich hat Federer doch schon einmal, 2017, nach einer komplizierten Knieverletzung direkt beim Comeback das Australian Open gewonnen. «Das ist der füdliblutte Wahnsinn», schrie der SRF-Kommentator nach dem epischen Fünf-Satz-Sieg gegen Rafael Nadal ins Mikrophon, zu Recht!
Oder im Sommer 2019. Wimbledon. Das Drama gegen Novak Djokovic. Matchbälle vergeben. Doch noch verloren. Die schlimmste Niederlage der Karriere. Aber doch so nahe dran an einer weiteren Krönung der Karriere. Sommer 2019? Ist doch noch nicht so lange her!
Die Sehnsucht, noch einmal mit ihm hoffen, bangen und leiden zu können, ist noch immer da. Die Vorstellung, sehr bald auf all dies verzichten zu müssen, ist unerträglich. Ja, vielleicht spielen sich die grossen Dramen nicht mehr immer in den Finals ab – egal. Unvergessen, wie Federer vor einem Jahr an den Australian Open gegen John Millman und Tennys Sandgren zweimal in Extremis siegte. Ich werde nie bereit sein, auf solche Momente zu verzichten.
Aber eben: das Knie. Gleich zwei Operationen hat Federer jetzt hinter sich. Mehr als 13 Monate Wettkampfpause. Wie verkraftet er das? Seine grössten Gegner ab sofort sind nicht menschlich, sondern: die Zeit. Ja, die Angst vor seinem Rücktritt hat sich längst irgendwo in den Gedanken eingenistet. Aber noch hat sie die Sehnsucht und Hoffnung auf die letzten ganz grossen Emotionen nicht verdrängt. Möge es auch heute Abend noch so sein.