Laura García-Caro riss sich die spanische Fahne vom Leib. Die pure Enttäuschung war der 29-Jährigen am Freitagabend in Rom, Sekunden nachdem sie die Ziellinie im Stadio Olimpico überschritten hatte, definitiv anzusehen. Der Grund: Die Bronzemedaille schien ihr beim 20 Kilometer Gehen der Frauen eigentlich sicher. Doch dann beging sie einen folgenschweren Fehler.
Die ersten beiden Plätze waren nach über anderthalb Stunden Laufzeit bereits an die Italienerinnen Antonella Palmisano und Valentina Trapletti vergeben, García-Caro wiederum hatte auf Rang drei auf der Zielgeraden einen deutlichen Vorsprung vor der Viertplatzierten Ljudmyla Oljanowska. Doch die Ukrainerin kam der Spanierin auf den letzten Metern immer näher, was diese aber nicht bemerkte.
Im Gegenteil: García-Caro reckte schon ihre Faust in die Luft, streckte die Zunge vor Freude raus, weil sie sich sicher schien, gleich als Drittplatzierte ins Ziel einzulaufen. In diesem Moment hatte Oljanowska ihre Kontrahentin aber bereits eingeholt. García-Caros siegessicherer Blick verwandelte sich urplötzlich in Schock, als sie realisierte, dass Oljanowska mit ihr auf einer Höhe war. Doch da war es schon zu spät: Sie musste mit weit aufgerissenen Augen und Mund mit ansehen, wie Oljanowska an ihr vorbeizog und Millisekunden vor ihr die Ziellinie überquerte.
NEW: Spanish speed walker 'finds out' after premature celebration during the women’s 20km race walk at the first medal event of the European Championships.
— Collin Rugg (@CollinRugg) June 8, 2024
Oof.
Laura Garcia-Caro was seen smiling, punching the air and sticking out her tongue.
The celebration was short-lived as… pic.twitter.com/y586vfdtBG
Nach dem Rennen gab García-Caro einen Einblick in ihre Gefühlswelt: «100 Meter vor dem Ziel habe ich zurückgeblickt und gesehen, dass ich 40 oder 50 Meter vor ihr lag, und ich dachte, sie würde mich nicht mehr einholen», schilderte sie ihre Eindrücke auf der Zielgeraden. «Ich habe trotzdem noch alles gegeben, aber sie hat mich überholt. Obwohl ich gefeiert habe, bin ich Vollgas gelaufen. Ich bin sehr enttäuscht darüber, was passiert ist.»
Oljanowska wiederum jubelte über ihren unverhofften, aber schwer erarbeiteten Erfolg: «Natürlich war ich auf dem letzten Kilometer und den letzten Metern müde, aber ich wollte diese Medaille unbedingt für mein Land gewinnen», betonte sie. «Das Wichtigste ist, dass ich meiner Mutter, meinem Vater und der ganzen Ukraine ein grosses Dankeschön sagen muss. Es ist ein sehr emotionaler Moment für mich.»
In diesem Zuge kam sie auch auf die schwierige Situation in der Ukraine zu sprechen. Das Land leidet noch immer unter dem russischen Angriffskrieg. «Wir trainieren unter sehr schwierigen Bedingungen, es war eine sehr harte Vorbereitung, aber ich bin sehr froh, dass ich es geschafft habe, eine Medaille mit nach Hause zu bringen», sagte Oljanowska über die Situation in ihrer Heimat. «Das war es, was mich am meisten zum Ziel getrieben hat. Ich habe es für das ganze Land getan.»
(t-online)