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Les Bonbons de Klaus

Schutzmasken, Kondome und die olympische Wollust

Mathias FlĂĽckiger kommt mit einer Maske zum Medientermin.
Mathias FlĂĽckiger kommt mit einer Maske zum Medientermin.
Les Bonbons de Klaus

Schutzmasken, Kondome und die olympische Wollust

Die langen Schatten der Pandemie sind noch nicht ganz verschwunden. In Paris werden nach wie vor Schutzmasken getragen. Aber eigentlich interessiert ein anderes Thema viel mehr: Sex.
28.07.2024, 13:0728.07.2024, 14:37
Klaus Zaugg, Paris
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Zum Einstieg eine Gebrauchsanleitung: Wer gleich zur Sache kommen möchte, bitte mit Lesen nach der Hälfte der Story beginnen.

Mathias Flückiger trägt beim Medien-Termin eine Schutzmaske. Erinnerungen an die schwierigste Zeit in der Geschichte des modernen Sportes werden wach. Steigen aus dem Unterbewusstsein auf. Nichts hat auch den Planeten Olympia so stark erschüttert wie die Pandemie. Die Sommerspiele von 2020 in Tokyo müssen um ein Jahr verschoben werden. Das Winterspektakel 2022 in Peking geht hermetisch abgeriegelt wie in einer Raumstation und praktisch unter Ausschluss des Publikums über die Bühne. Die Erinnerungen an Peking suchen den Chronisten immer noch ab und an im Schlaf heim.

«Es ist eine ganz persönliche Vorsichts- und Schutzmassnahme des Athleten.»
Ralph Stöckli

Seither sind erst zwei Jahre vergangen. In ewiger Erinnerung bleibt aus dieser Zeit: Alle – Athletende, Volontierende, Helfende, Chronistende – müssen zu jeder Zeit und fast überall eine Schutzmaske tragen. Die Schutzmaske ist das Symbol dieser düsteren Zeit. Und jetzt trägt da in Paris wieder ein berühmter olympischer Athlet, ein Kandidat für eine Mountainbike-Medaille, eine Schutzmaske.

Switzerland's Belinda Bencic, right, kisses her silver medal next to teammate Viktorija Golubic on the podium after the women's tennis doubles gold medal match against Barbora Krejcikova and ...
Golubic und Bencic bei der Ăśbergabe der Silber-Medaille im Doppel.Bild: keystone

Ist Corona in Paris zurück? Die offizielle Erklärung von Delegationsleiter Ralph Stöckli klingt erst einmal beruhigend: «Nein, es ist eine ganz persönliche Vorsichts- und Schutzmassnahme des Athleten.» Mathias Flückiger trägt eine Schutzmaske. Sein Rivale Nino Schurter beim gleichen Termin keine. Jeder so, wie er will.

Corona 2024 in Paris: Die australischen Wasserballerinnen haben kurz vor Start der Spiele in Paris mit einer Ausbreitung des Coronavirus zu kämpfen. Die gesamte Delegation ist getestet worden und das Australische Olympische Komitee bestätigt fünf Fälle. Eine Infektion kann alle Anstrengungen der letzten vier Jahre zunichtemachen.

«Masken und Desinfektionsmittel hat es bei den Spielen vor der Pandemie kaum gegeben oder man musste sie suchen und sie sind praktisch nur von asiatischen Delegationen benützt worden.»
Ralph Stöckli

Ralph Stöckli räumt ein, dass die olympische Welt durch die Pandemie eine andere geworden sei. Das sei beispielsweise hier im Alltag des Olympischen Dorfes ersichtlich: «Masken und Desinfektionsmittel hat es bei den Spielen vor der Pandemie kaum gegeben oder man musste sie suchen und sie sind praktisch nur von asiatischen Delegationen benützt worden. Jetzt sind Schutzmasken und Desinfektionsmittel überall und leicht zugänglich.»

Ralph Stöckli hat die «gute alte olympische Zeit» vor der Pandemie an vorderster Front erlebt. Als Athlet (Curling-Bronze Vancouver 2010) und seit Rio 2016 leitet er als umsichtiger «Olympia-General» die Schweizer Delegation bei Sommer- und Winterspielen. «Wenn sich ein Athlet damals unwohl fühlte, dann ist das vor der Pandemie – beispielsweise 2016 in Rio – auf die besonderen Umstände vor Ort, auf das Essen oder durch den Wechsel aus der Hitze in klimatisierte Räume zurückgeführt worden.»

Nino Schurter freut sich mit den Fans bei seiner Ankunft auf dem Flughafen Zuerich, in Kloten, am Dienstag, 23. August 2016. Nino Schurter steht mit 30 Jahren auf dem Hoehepunkt seiner Karriere. Mit d ...
In Rio 2016 waren Masken noch weit weg. Bild: KEYSTONE

An eine Bedrohung durch ein Virus, das Karrieren beenden, das Leben bedrohen und das ganze öffentliche Leben lahmlegen kann, dachte niemand. Konnte sich niemand vorstellen. Die langen Schatten der Pandemie sind also noch nicht ganz verschwunden. Das Thema mag in der Öffentlichkeit nicht mehr dominant präsent sein und ist weitgehend verdrängt worden. Aber es hat sich tief in die DNA auch der Sportwelt eingebrannt.

Es gibt, unter der Oberfläche, immer noch ein leises Unbehagen. Könnte sogar eine Maskenpflicht wieder ein Thema werden? Ralph Stöckli verneint. Es gebe in Paris keine entsprechenden Vorschriften. Weder von oben – vom Organisator – noch von seiner Seite. «Wir empfehlen unseren Athletinnen und Athleten Hygienemassnahmen. Dazu gehört, sich mit einer Maske zu schützen, wenn sich viele Leute in einem engen Raum aufhalten, wie beispielsweise bei einem Medientermin.»

Dem Team ist zum Thema ein Informationsblatt abgegeben worden. «Aber eine Pflicht zum Maskentragen gibt es nicht. Auch nicht im Olympischen Dorf.» Die Geschichte lehrt uns, dass es nach einer Krise wilder, zügelloser und bunter weitergeht, als es vorher war. Es interessiert niemanden, dass Schutzmasken und Desinfektionsmittel im Olympischen Dorf besser zugänglich sind als je zuvor. Was ja immerhin eine Neuigkeit wäre.

Dafür poppt ein anderes Thema wieder auf. Mit der gleichen Verlässlichkeit wie die Geschichte der Auferstehung an Ostern: Sex bzw. Kondome im Olympischen Dorf. Das war früher kein Thema. Olympische Spiele sind eben auch Sensoren des Zeitgeistes. Das erste olympische Dorf ist 1932 in Los Angeles eingerichtet worden. Züchtig. So, wie es sich im bigotten Amerika gehörte. Nur für Männer. Die 1330 Athleten logieren im Vorwort Baldwin Hills auf einem 130-Hektaren-Gelände in 550 Bungalows. Es gibt ein Spital, eine Post, eine Bibliothek und 40 Beizen. Frauen sind nicht zugelassen. Die 125 Athletinnen logieren im Luxushotel Chapman Park am Whilshire Boulevard Nummer 3401. Ob in der Hotelküche nur Köchinnen arbeiten durften, lässt sich nicht mehr feststellen.

Züchtige Nostalgie. In Paris ergötzen sich im Jahre des Herrn 2024 sogar hochseriöse, eigentlich politische Medien wie der «Spiegel» am Thema olympische Wollust. Das «Sturmgeschütz der Demokratie» lässt seine Leserinnen und Leser wissen, dass in Paris im olympischen Dorf 200'000 Präservative für Männer und 20'000 für Frauen bereitliegen. Dazu erstmals in der olympischen Geschichte 10'000 Dental Dams. Es gebe sogar eine Statistik, sozusagen einen Medaillenspiegel der Wollust. Platz 1: Rio 2016 mit 450'000 Kondomen. Ein Rekord für die Ewigkeit.

Wie wild es in Paris, der Stadt des Lichts und der Liebe, zu- und hergeht, wissen wir nicht. Die Betten, weil aus Pappe und nachhaltigen Materialien gebaut, sind eher schmal und wacklig, scheinen eher ungeeignet für wollüstige Tätigkeiten und werden als «Anti-Sex-Betten» verspottet. Die Organisatoren sahen sich angesichts der Diskussionen sogar genötigt, auf den Spitznamen zu reagieren. Man habe die Materialien nur wegen ihrer Umweltfreundlichkeit ausgewählt, und nicht, um die Sportler und Sportlerinnen vom Sex abzuhalten, teilten die Organisatoren nun mit.

Die Geschichte lehrt uns: Nach einer Krise geht es immer wilder und zügelloser weiter als zuvor. Das mag tröstlich oder beunruhigend sein. Und wieder einmal wird eine mehr als hundertjährige Weisheit bestätigt. Seit «Pearl Tabacco» 1871 auf Zigarettenschachteln erstmals leicht bekleidete Frauen abgebildet hat, gilt: Sex sells.

Jedenfalls besser als Schutzmasken und Desinfektionsmittel.

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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Der fromme Helene
28.07.2024 14:41registriert Juli 2024
Ettikettenschwindel!

Jetzt habe ich mich schon auf einen saftigen Bericht ĂĽber das wollĂĽstige Treiben zĂĽgelloser Olympioniken gefreut

und dann waren es bloss safer sex tool Statistiken

das ist ja wie bei Ben
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El_Chorche
28.07.2024 14:23registriert März 2021
Wenn ich nachrechne, wie viel Sex ich in dieser Story erwartet habe und wie viel Sex schlussendlich geliefert wurde, fĂĽhle ich mich an einen Ben-Artikel erinnert.

Der Titel ist somit einerseits irrefĂĽhrend, weil es eigentlich eher um die Pandemie geht, aber dahingehend richtig, weil sex eben sells.

Gruss
Chorche, mässig enttäuscht
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Garp
28.07.2024 13:26registriert August 2018
Ich habe Videos gesehen, in denen Athleten gezeigt haben, dass die Betten alles andere als wacklig sind. Ich nehme nicht an, Klaus, dass die Athleten alle den Kastensprung praktizieren, sollten sie Sex haben 🤣
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