In Zeiten wie diesen ist nichts mehr mit Planungssicherheit. Die Programmierung auf weite Sicht ist ausgesetzt, «Anpassung» heisst das Schlagwort. Die durch die Corona-Pandemie bedingten steten Umwälzungen erfordern ein Höchstmass an Improvisation und schnellem Handeln.
In der Formel 1 ist der Kalender im zweiten Jahr in Folge ein Provisorium, erstellt im Wissen, dass das Coronavirus für eine global ausgerichtete Rennsportserie ein fieser Taktgeber ist und Verschiebungen und Änderungen unvermeidbar sind. Schauplätze in Ländern mit potenten Geldgebern sind umso mehr willkommen. Die Scheichs in Katar sollen sich den Besuch der Formel 1 rund 50 Millionen Dollar kosten lassen.
Ein Grosser Preis von Katar stand zunächst nicht im Programm. Nach der Absage des Grand Prix von Australien hatte das Werben der Herrscher im Emirat dann aber doch Erfolg. Die Verhandlungen endeten mit der gegenseitigen Zustimmung für eine langfristige Zusammenarbeit: Die Formel 1 wird ab der übernächsten Saison in Katar zumindest weitere zehn Jahre ihre Aufwartung machen.
Der siebenfache Weltmeister Lewis Hamilton sprach bei der Gelegenheit die Menschenrechtslage in der arabischen Monarchie an. «Da der Sport an diese Orte geht, ist es seine Pflicht, das Bewusstsein für diese Probleme zu schärfen», sagte der Brite bei der BBC. «Diese Orte müssen unter die Lupe genommen werden. Gleiche Rechte für alle ist ein ernstes Thema.»
Hamilton sprach in der Mehrzahl, da nach Katar erstmals auch ein Grand-Prix von Saudi-Arabien ansteht. Ihm sei bewusst, dass man versuche, Fortschritte zu erzielen. Aber Veränderungen würden nicht von heute auf morgen geschehen.
Er wünsche sich, sagte der 36-jährige Engländer weiter, dass mehr Sportler sich zur Problematik äussern würden. «Eine Person kann nur einen kleinen Unterschied machen, aber zusammen können wir eine grössere Wirkung erzielen.» Er hoffe, dass mit der Aufmerksamkeit, die durch Sportereignisse generiert werde, Druck erzeugt werden könne, welcher in den entsprechenden Ländern «hoffentlich eine Veränderung» bewirke.
Katar ist das 33. Land, in dem die Formel 1 zu Gast ist. Der Losail International Circuit, rund 20 Kilometer nördlich der Hauptstadt Doha gelegen und bekannt von der Motorrad-WM, wird zum 74. Schauplatz eines Formel-1-GP. Der 5,4 Kilometer lange Rundkurs ist für 19 der 20 Fahrer Neuland. Einzig Sergio Perez konnte schon Erfahrungen sammeln: Der Mexikaner bestritt 2009 zwei Rennen in der asiatischen GP2-Serie.
Der Grand Prix von Katar ist die dritte Veranstaltung am dritten Wochenende ohne Unterbruch, auf dem dritten Kontinent nach Nord- und Südamerika. Die letzten fünf Rennen der laufenden Weltmeisterschaft werden in gut fünf Wochen durchgepaukt. Durch die Hatz um die Welt bewegen sich die Teams an – oder vielleicht auch über – der Belastungsgrenze.
In der nächsten Saison wird der Fahrplan eng getaktet bleiben. Erneut sind 23 Grands Prix geplant, obwohl das Finale in Abu Dhabi drei Wochen früher als diesmal vorgesehen ist. Berührungspunkte mit der Fussball-WM 2022 in Katar will die Chefetage der Formel 1 tunlichst vermeiden. (ram/sda)