James Reilly ist 33 Jahre alt. Gelber Blazer, Sitzplatz auf der Nordtribüne, Portal 8, im Forest Hills Stadion. Es ist 21.30 Uhr. Reilly ist einer von 6943 Zuschauern, die an diesem Sonntagabend das Drittrundenspiel des aufstrebenden John McEnroe gegen Eddie Dibbs sehen wollen. Er ist derjenige der 6943 Zuschauer, der das Spiel wie kein anderer in Erinnerung behalten wird.
Die Partie hat noch kaum angefangen, da wird sie unterbrochen. Ein Zuschauer schreit laut auf. Er sitzt auf der Nordtribüne, Portal 8. James Reilly hält sich den Oberschenkel, Blut strömt aus der Wunde. Einen Schuss hat niemand gehört, weder das Opfer noch die Zuschauer um ihn herum.
Die beiden Spieler werden über den Vorfall informiert – und fühlen sich umgehend an einen Film erinnert, der wenige Monate vorher in den Kinos kam. In «Black Sunday» planen palästinensische Terroristen einen Anschlag im Stadion während dem Superbowl in Miami. Nur sieben Jahre nach der Ermordung israelischer Sportler an den Olympischen Spielen in München ist dieser Plot alles andere als eine utopische Vorstellung.
«Ich gehe nicht als Zielscheibe nach draussen», sagt der 18 Jahre junge John McEnroe zum erfahrenen Eddie Dibbs und schlägt vor, unter einem Vorstand in Deckung zu gehen. Nach sechs Minuten geht das Spiel aber weiter – weil man die beiden Akteure anschwindelt. Ein Offizieller erklärt ihnen, auf den Zuschauer sei nicht geschossen worden. Man habe die Information falsch verstanden, er habe einen Schock erlitten: «The fan hadn't been shot, he'd gone into shock.»
25 Jahre nach dem Zwischenfall hat die New York Times versucht, mit dem Opfer von damals zu sprechen. Doch die intensiven Recherchen blieben erfolglos, keiner der 45 vom Blatt kontaktierten James oder Jim Reillys war der Gesuchte. Die Spitalunterlagen wurden in der Zwischenzeit vernichtet. Heute ist der Mann, sofern er noch lebt, über 70 Jahre alt.
Nie geklärt wurde, wer den Schuss abgegeben hat. Die Polizei vermutete, dass das Projektil vom Kaliber 38 ein Querschläger war, der zufällig im Stadion einschlug. Die US Open wurden damals (zum letzten Mal) in Forest Hills im Stadtteil Queens ausgetragen, einer eher zwielichtigen Gegend.
John McEnroe warf den als Nummer 9 gesetzten Eddie Dibbs aus dem Turnier, welches später von Guillermo Villas gewonnen wurde. Doch in Erinnerung bleibt von dieser Drittrunden-Partie vor allem einer: der Tennis-Zuschauer auf der Nordtribüne, Portal 8, der von einer Pistolenkugel getroffen wurde: James Reilly.