Die Zürcher Anwaltskanzlei Homburger hat ihre zweite Untersuchung zur Beschattungsaffäre bei der Credit Suisse durchgeführt. Sie wurde eröffnet, nachdem die NZZ vergangenen Dienstag enthüllt hatte, dass es nebst der missratenen Überwachung des zur UBS übergelaufenen Starbankers Iqbal Khan einen zweiten Fall gegeben hat: Auch der damalige Personalchef Peter Goerke wurde beschattet.
Das war peinlich für CS-Chef Tidjane Thiam und Verwaltungsratspräsident Urs Rohner, denn sie hatten davor noch beteuert, Khan sei ein «isolierter Einzelfall» gewesen. Gestern Sonntagabend wurden die Express-Untersuchung von Homburger abgeschlossen und der Verwaltungsrat informiert. Das sind die 5 wichtigsten Erkenntnisse:
Der Konzernchef habe von Goerkes Überwachung nichts gewusst, ergaben die neuen Abklärungen von Homburger. Wäre Thiam, der Goerke zur CS geholt hatte, involviert gewesen, wäre es eng geworden für ihn. Dann wären womöglich auch die ausländischen Grossaktionäre, die Thiam bislang unterstützen, gegen ihn gekippt. Nun ist er vorerst aus dem Schneider.
Die Nummer 2 hinter Thiam wird in der Untersuchung als Hauptsünder ausgemacht. Er habe den Auftrag erteilt, Peter Goerke beschatten zu lassen. Wie bei Iqbal Khan sei auch diese Beschattung über einen Mittelsmann durchgeführt worden. «Der Verwaltungsrat hat gegenüber Pierre-Olivier Bouée die fristlose Kündigung ausgesprochen», heisst es in der CS-Mitteilung. Das bedeutet auch, dass er seine Bonus-Ansprüche verliert. Der Wert des zurückgehaltenen Aktienpakets beträgt etwa 4 Millionen Franken. Bouée war bereits nach dem Fall Khan geschasst worden – aber nicht fristlos.
Bei der ersten Befragung durch den Verwaltungsrat und der Untersuchung durch Homburger – unmittelbar nach Auffliegen der Khan-Affäre – haben die verantwortlichen Personen bei der Frage nach weiteren Beschattungen brandschwarz gelogen. Sie seien darauf bedacht gewesen, «bei der Organisation und Durchführung der Beschattung Peter Goerkes keine nachweisbaren Spuren in den Systemen der Bank zu hinterlassen». Dem Vernehmen nach sind es die Lügen eigener Top-Leute – konkret von Bouée –, die den Verwaltungsrat am meisten empört haben. Von «blankem Entsetzen» ist die Rede.
Die Kommunikation der CS gleicht jener nach der ersten Untersuchung. Es bestehe kein generelles kulturelles Problem in der CS. Heute Morgen wird Verwaltungsratspräsident Urs Rohner wie folgt zitiert:
Das heisst aber auch: Wenn jetzt noch einmal etwas ans Tageslicht kommt, das die oberste Führungsebene nicht gewusst hat, dann wird es so peinlich, dass es auch dort Konsequenzen haben müsste.
Zwar haben die Homburger-Anwälte keinen dritten Beschattungsfall auf Ebene Konzernleitung identifiziert. Aber ob es auf unteren Stufen zu fragwürdigen Beschattungen kommt, darüber gibt die CS-Mitteilung keine Auskunft. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Banken (und auch andere Branchen mit sensiblen Daten) mit Detektiven zusammenarbeiten, insbesondere wenn ein Mitarbeiter in gekündigtem Verhältnis steht. Konzernchef Thiam sei hier «schmerzlos», sagt ein Insider. Thiam hat sogar öffentlich, im Westschweizer Fernsehen, gesagt, Überwachungen könnten eine «legitime Waffe» sein für die Bank.
Die Affäre ist vorerst eingedämmt, es rollen keine weiteren Köpfe. Darum hat die CS heute auch nur schriftlich informiert und keine Medienkonferenz abgehalten. Sie will den Ball flach halten. Aber ausgestanden ist sie noch nicht. Zumal eine weitere Untersuchung läuft – jene der Finanzmarktaufsicht des Bundes (Finma). Die CS schreibt dazu: «Credit Suisse wird weiterhin eng mit der Finma und neu auch mit dem durch diese eingesetzten unabhängigen Prüfbeauftragten zusammenarbeiten.»
Egal wie, sie sind die grössten Verlierer.