Der Maschinenbauer Mikron baut ab. In Agno im Tessin wird der Personalbestand um 60 Vollzeitstellen reduziert. Dies führe zu 47 Entlassungen und tieferen Arbeitspensen bei 57 Mitarbeitenden, teilte das Bieler Unternehmen am Mittwoch mit. Auch in Deutschland werden Stellen gestrichen. Den Standort Berlin gibt Mikron ganz auf.
Als Grund nennt das Unternehmen den «massiven Nachfrageeinbruch» in der Autoindustrie, der «durch die Covid-19-Pandemie noch verschärft wurde». Damit rückt ein Wirtschaftszweig ins Blickfeld, der in der Krise manchmal übersehen wird: Die Schweizer Industrie war nur im Tessin zeitweise vom Lockdown betroffen, muss sich aber wegen ihrer Exportabhängigkeit auf harte Zeiten einstellen.
Die Aufträge sind bei vielen Firmen eingebrochen, nicht nur den Zulieferern der Autoindustrie. Der Maschinenbau leidet laut NZZ ebenfalls unter der schwachen Nachfrage. Das liege auch an Branchen, die bis vor kurzem boomten, wie Flugzeugbau und Medizinaltechnik. Der Basler Zahnimplantatehersteller Straumann etwa will weltweit 660 Stellen streichen.
Beim Branchenverband Swissmem rechnet man mit Massenentlassungen. Präsident Hans Hess verwies in der NZZ darauf, dass nach der Finanzkrise 2008 über 20'000 Jobs verloren gegangen seien. Nun könnte der Branche in den nächsten Jahren ein vergleichbarer Abbau bevorstehen. Damit sind sechs Prozent aller Stellen in Gefahr.
Anfang März hatte Hess noch erklärt, dass es im Industriesektor nicht zu einem grossen Stellenabbau kommen werde. Die Kurzarbeit werde wohl genügen, um ohne Entlassungen durch die Krise zu kommen. Nun geht Swissmem davon aus, dass die Industrie die Folgen der Pandemie erst im zweiten und dritten Quartal richtig zu spüren bekommt.
Bei den kleinen und mittleren Betrieben hat sich das Geschäftsklima wegen der Coronakrise ebenfalls verschlechtert. Laut dem aktuellen Wirtschaftsbarometer des KMU-Verbands Swissmechanic haben 67 Prozent der Firmen Kurzarbeit und 34 Prozent einen staatlichen Überbrückungskredit beantragt. Entlassungen hätten bereits 16 Prozent ausgesprochen.
Dabei wird es kaum bleiben, denn die Branche befinde sich «im Würgegriff» der Coronakrise, heisst es im Wirtschaftsbarometer. Zusätzlich litten die KMU darunter, dass ihre Kunden die Rechnungen teilweise verspätet bezahlen, wie Swissmechanic mitteilte. Die Branche hat in den letzten Jahren einige Krisen durchgemacht, etwa nach dem «Frankenschock» 2015.
Schwierig sieht es schliesslich auch für die Uhrenindustrie aus. Die Exporte gingen von Januar bis März um nicht weniger als 23 Prozent zurück, und da war die Krise primär im wichtigen Absatzmarkt Fernost spürbar. Den Jurabogen, wo viele Uhrenfirmen ansässig sind, wird die Krise laut einer UBS-Studie denn auch besonders stark treffen.
Ein weiterer Trend setzt der Uhrenbranche zu: Der Erfolg der Smartwatch. So hat allein die Apple Watch 2019 einen geschätzten Umsatz von 11,7 Milliarden erzielt, deutlich mehr als die Swatch Group. Noch immer aber glaubten viele in der Schweiz, Smartwatches seien keine wirkliche Konkurrenz für mechanische Uhren, kritisiert die «Handelszeitung».
Das erinnert an frühere Versäumnisse der Uhrenbranche. Überhaupt lebt die Schweizer Industrie derzeit stark vom Prinzip Hoffnung, etwa dass die Pandemie im Sommer nachhaltig unter Kontrolle gebracht wird. In diesem Fall sei 2021 und 2022 «mit überaus starken Aufholeffekten zu rechnen», so das Wirtschaftsbarometer von Swissmechanic.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hingegen geht davon aus, dass sich die Weltwirtschaft nur schleppend erholen wird. Falls weitere starke Pandemiewellen ausblieben, könne sich 2021 die «langsame Wiederbelebung» der Schweizer Wirtschaft fortsetzen, hiess es in der Ende April veröffentlichen Konjunkturprognose des Seco.
Am Dienstag will Swissmem die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage bei den Verbandsmitgliedern veröffentlichen. Dann will der Verband auch politische Forderungen stellen. Dazu dürfte die von Wirtschaftsminister Guy Parmelin beantragte Aufhebung der Industriezölle gehören, über die das Parlament im Juni beraten wird.