Das ging schnell. Im Sommer noch war der vergleichsweise tiefe Benzinpreis eine der wenigen Entlastungen für das ansonsten geplagte Portemonnaie. Jetzt geht es nach oben, und zwar steil. Der Liter Benzin kostet an der Zapfsäule teils wieder mehr als 2 Franken.
Woher kam die abrupte Wende zum Schlechteren? Und wird Benzin noch teurer? Oder kommt bald wieder die Wende von der Wende und die Tankfüllung wird wieder billiger?
An den Weltmärkten für Rohöl hat es eine Kehrtwende gegeben. Im Juni war Rohöl teils noch zu unter 70 Dollar pro Fass zu haben. Inzwischen kostet es leicht mehr oder weniger als 90 Dollar – es ging also um etwa 30 Prozent nach oben.
Das ist nicht mehr ganz so übel wie nach Beginn der russischen Angriffs auf die Ukraine. Damals schoss der Preis hoch auf über 110 Dollar. Zugleich ist Erdöl mit den aktuell 90 Dollar deutlich teurer als den Jahren vor Corona, als der Preis zumeist weit unter 60 Dollar lag.
Das Preishoch ist im Sinne von Saudi-Arabien und Russland, welche beide ihre Produktion gekappt haben. Die Internationale Energieagentur warnte darum kürzlich, die beiden Länder würden so «auf dem Weltmarkt für ein substanzielles Angebotsdefizit sorgen».
Aktuell wird der Erdölpreis stark von Zukunftserwartungen getrieben. Bessere Aussichten für die Wirtschaft in den USA oder in China dienten als Signal für mehr Nachfrage nach Öl. Der Preis stieg an. In den kommenden Tagen und Wochen geht es wohl so weiter: rauf, runter, wieder rauf – je nachdem, ob neue Statistiken oder Umfragen gerade gute oder schlechte Aussichten signalisieren.
Beispielsweise interessiert gerade die Frage brennend, ob es der US-Notenbank FED gelingt, die Inflation wieder unter die Marke von 2 Prozent zu drücken, ohne dabei eine Rezession herbeizuführen.
Solche sanften Landungen sind seit dem 2. Weltkrieg nur ein einziges Mal gelungen. Im «Wall Street Journal» ätzt ein Experte: «Flugzeuge landen sanft, Volkswirtschaften nicht.» Doch wird den USA schon lange eine Rezession vorhergesagt – sie lässt auf sich warten.
Die Schweiz hat sich wie immer dem Auf und Ab an den Weltmärkten nicht entziehen können. Sie ist abhängig vom Import von fertigen Diesel- und Benzin-Treibstoffen. Sie bezieht so rund drei Viertel aller Treibstoffe, die im Strassenverkehr verbraucht werden. Die restlichen 25 Prozent gelangen als Rohöl in die Raffinerie Cressier im Kanton Neuenburg.
Dennoch schlagen Preissteigerungen am Weltmarkt nicht eins zu eins durch auf die Preise an Schweizer Zapfsäulen. Die Folgen werden stark abgemildert, weil auf den Rohölpreis noch andere Kosten drauf kommen, bis der Schweizer Endpreis erreicht ist.
So machen staatliche Steuern einen Grossteil des Endpreises aus. Etwa Gebühren für Mineralöl, Importabgaben und die Mehrwertsteuer. Enthalten sind im Endpreis auch Kosten für Lagerung, Transport zur Tankstelle, Löhne, CO2-Kompensation und Marketing.
Abmilderung hin oder her: Benzin und Diesel kosten wieder mehr. Die Preise sind wieder um die 2 Franken pro Liter herum, je nach Tankstelle etwas drunter oder drüber. Das ist einiges mehr als im Juni und viel mehr als vor Corona.
Davon gehen viele Experten leider aus. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute ist jedoch, dass es nicht mehr allzu viel höher gehen dürfte. So erwartet die Investmentbank Goldman Sachs, der Preis der Ölsorte Brent steige in den nächsten 12 Monaten auf 100 Dollar pro Fass an.
Dann wäre zwar eine wichtige Marke erreicht. Doch liegt der Preis heute schon über 90 Dollar. Allzu viel zusätzlicher finanzieller Schmerz wäre demnach nicht zu erwarten an den Tankstellen.
Es kann natürlich alles noch schlimmer kommen. Ein Analyst bei der US-Bank JP Morgan unkt in einem Research Report von einem neuen «Superzyklus», welcher den Erdölpreise bis 2026 auf 150 Dollar werde ansteigen lassen.
«Schnallen Sie sich an, es wird sehr volatil werden», warnte der Analyst auf Bloomberg TV. Die Preise würden auf Jahre hinaus hoch bleiben. Opec als Kartell der Förderländer werde die Produktion kürzen. Und weil die Energiewende bevorstehe, werde weniger in die Förderung investiert.
Es gibt jedoch auch gute Gründe, sich nicht vor dem Superzyklus zu fürchten. Einer davon ist schlicht die Tatsache, dass bis 2026 noch viel passieren kann, was einen Superzyklus verhindert.
Oder man kann die Beweggründe des Analysten anzweifeln. Sollte er mit seiner Prognose spektakulär danebenliegen, kümmert das in zwei Jahren niemanden mehr. Doch bis dahin sind vielleicht Kunden seiner Prognose gefolgt, haben ihr Portfolio umgeschichtet und so der Bank extra Einnahmen beschert. (aargauerzeitung.ch)
ÖV, Fahrgemeinschaften, dezentrale Arbeitsplätze um nur einige wenige Sparmassnahmen aufzuzeigen.
Ich warte auf weitere Vorschläge.