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UBS kündigt Garantien vom Bund: Der überraschende Entscheid erklärt

Eine sich fragende Frau vor der Fassade eines UBS-Gebäudes.
Bild: shutterstock/imago/watson

Der überraschende Entscheid der UBS – erklärt in 5 Punkten

Die UBS hat sämtliche Gelder, die sie von der Nationalbank zur Unterstützung bei der Übernahme der Credit Suisse erhalten hat, zurückgezahlt und verzichtet von nun an auf die Risikogarantien des Bundes. Was das genau war und warum die UBS das jetzt tut, erfährst du hier.
11.08.2023, 11:2611.08.2023, 12:40
Lara Knuchel
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Noch bevor die Börse eröffnete, erreichte die Öffentlichkeit am frühen Freitagmorgen eine Nachricht, mit der wohl nur wenige so gerechnet haben: Die UBS und das Finanzdepartement verkündeten, dass die Grossbank per sofort und endgültig die Hilfe, die sie durch den Staat und die Nationalbank erhalten hatte, nicht mehr in Anspruch nehmen wird.

Überraschend war die Nachricht, weil dieser Schritt nicht so früh erwartet wurde. Weil seit März ein bisschen Zeit vergangen ist und – sind wir ehrlich – das Ganze etwas kompliziert sein kann, erklären wir dir in Kürze, was der heutige Entscheid genau bedeutet.

Was hat der Bund damals der UBS zugesichert?

Im März hat der Bundesrat per Notrecht entschieden, dass die UBS bei der Übernahme der CS Unterstützung erhalten sollte. Konkret wurde die Bank unterstützt durch zwei Arten von Garantien durch den Bund:

Ausfallgarantie

Die Credit Suisse (und damit auch die UBS) hat mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) einen Vertrag abgeschlossen: Wenn sie Liquidität benötigt, weil's brenzlig wird, kann sie diese zu guten Konditionen und sofort bei der SNB beziehen – und zwar bis zu 200 Milliarden.

Dazu gehörte, dass davon maximal 100 Milliarden durch eine Ausfallgarantie gesichert waren. Das heisst: Wäre die CS Konkurs gegangen und hätte das Geld, das sie sich geliehen hat, nicht zurückzahlen können, hätte das der Bund für sie übernommen.

Garantie zur Verlustabsicherung – auf «toxischem» Portfolio

Neben der Ausfallgarantie gab der Bund auch der UBS eine Garantie, und zwar zur Absicherung bei einem Verlust, der im Zuge der Übernahme der CS entstehen könnte. Konkret hätte der Bund maximal 9 Milliarden Franken bereitgestellt – allerdings nur, wenn der Verlust mehr als 5 Milliarden betragen hätte.

Und: Das Defizit hätte auf einem «bestimmten Portfolio von schwierig zu bewertenden Aktiven der CS» entstehen müssen, so der Bundesrat damals. Einige sprachen auch von einem «toxischen» Portfolio, von dem es damals für die UBS schwierig war, abzuschätzen, wie viel Wert es tatsächlich hat.

Was wurde heute entschieden?

Wie die UBS und das Finanzdepartement verkündeten, braucht die Grossbank ab jetzt keine Hilfe mehr durch die Nationalbank und den Bund.

Gemäss einer Mitteilung der Nationalbank hat die UBS zeitweise 168 Milliarden Franken (von den maximal 200 Milliarden) von der SNB beansprucht. Inzwischen hat die UBS alle offenen Beträge, die sie nicht schon zurückbezahlt hat, ausgeglichen. Und: Ab jetzt benötigt die UBS keine weiteren finanziellen Sonderhilfen, so die Nachricht.

Ein Mann laeuft zwischen den beiden Logos der Banken UBS und Credit Suisse, aufgenommen am Montag, 12. Juni 2023 in Zuerich. Heute verkuendete die nunmehr einzige Schweizer Grossbank in einem offenen  ...
Mitte März wurde es entschieden: Die Grossbank UBS übernimmt die Grossbank Credit Suisse.Bild: keystone

Ausserdem verzichtet die UBS ab jetzt auf die Verlustgarantie auf dem «toxischen» Portfolio. Die Bank hat diese also nicht in Anspruch nehmen müssen.

Und: Die Credit Suisse hat seit dem 10. August die Darlehen in Höhe von 50 Milliarden Franken, die sie noch vor dem Übernahmeentscheid erhalten hatte, an die SNB zurückgezahlt. Die CS hat der SNB dafür eine sogenannte Risikoprämie von insgesamt 476 Millionen Franken bezahlt.

Was bedeutet dieser Entscheid?

Von nun an trägt der Bund – und somit auch die Steuerzahlenden – kein Risiko mehr bezüglich der Übernahme der CS durch die UBS. Der Staat hat somit keinen monetären Schaden erlitten.

Im Gegenteil: Der Bund hat als Entschädigung für seine finanziellen Garantien über 200 Millionen von der UBS erhalten.

Welches sind die Gründe für den Entscheid der UBS?

Dem Entscheid der UBS dürften mehrere Umstände zugrunde liegen: eine gründliche Prüfung, die kommende Restrukturierung sowie die Angst vor zu starken Regulierungen.

Gründliche Prüfung

Wie sie in ihrer Mitteilung schreibt, habe die UBS sämtliche Vermögenswerte, die durch den Garantievertrag mit dem Bund gedeckt sind, überprüft und «ist zum Schluss gekommen, dass der Garantievertrag nicht mehr erforderlich ist».

Mit anderen Worten: Die UBS ist sich sicher genug, dass sie keine «Ramschpapiere» von der CS übernommen hat, um den Vertrag zu kündigen. Das fragliche Portfolio hat immerhin einen Wert von insgesamt 44 Milliarden Franken – es kommt deshalb auch als Überraschung, dass die UBS bereits alle Vermögenswerte kontrolliert hat.

Allerdings darf man nicht vergessen, dass die UBS auch viel Geld für diese Garantie zahlte – regelmässige Ausgaben, die sie anscheinend nicht mehr bereit ist zu tätigen.

Group Chief Executive Officer of Swiss Bank UBS Sergio P. Ermotti speaks at the Point Zero Forum at the Circle in Zurich, Switzerland on Tuesday June 27, 2023. (KEYSTONE/Michael Buholzer).
Sergio Ermotti hat am 5. April 2023 wieder die Leitung über die UBS übernommen.Bild: keystone

Restrukturierung: Die gute Nachricht vor der schlechten

Der Entscheid könnte aber auch ein strategischer sein, und zwar im Hinblick auf die laufende Restrukturierung. Es wird erwartet, dass die UBS bald kommuniziert, welche Entscheide sie hier getroffen hat und wie es weitergeht. Insbesondere die vielen Entlassungen, die kommen werden, interessieren die Öffentlichkeit dabei – es wird mit Tausenden gerechnet.

Dieser Entscheid lässt sich besser kommunizieren, wenn die gute Nachricht – dass die Steuerzahlenden keine Risiken mehr tragen – zuerst kommt.

So wenig Regulierung wie möglich

Und nicht zuletzt könnte der Beschluss auch im Zusammenhang mit der anhaltenden Skepsis stehen, die der UBS bezüglich ihrer Grösse entgegenkommt: Weil die neue Grossbank so riesig ist, dürften auch die Regulierungen zunehmen. Kann die UBS aber zeigen, dass sie einigermassen «gesund» ist, könnte sie allzu strengen Auflagen ausweichen.

Was sind die Reaktionen?

Am Freitagmorgen hat sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Rahmen einer Pressekonferenz zum Entscheid geäussert. Dabei zeigte sie sich erfreut: Die UBS habe diesen Entscheid von sich aus gefällt. Die Kündigung der Garantien sei aber im «absoluten Interesse der Eidgenossenschaft». Sie habe das «jeweils auch im Gespräch mit der UBS mit Nachdruck thematisiert», so die Finanzministerin.

«Die Kündigung ist im absoluten Interesse der Eidgenossenschaft.»
Finanzministerin Karin Keller-Sutter

Ebenfalls erfreut zeigen sich die Märkte: Kurz vor 9.30 Uhr klettern die Titel um 4,3 Prozent auf 20.24 Franken, wie die Nachrichtenagentur SDA meldet. Im bisherigen Tageshoch waren es sogar über 5 Prozent mehr. Damit übernehmen die UBS gemäss SDA «unangefochten den Spitzenplatz im Schweizer Leitindex SMI». Das Jahreshoch von 20.85 Franken, das Anfang März und damit kurz vor der Übernahme der CS erreicht worden war, sei somit nicht mehr allzu weit entfernt.

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UBS übernimmt Credit Suisse: Die Verordnung
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UBS übernimmt Credit Suisse: Die Verordnung
Die Verordnung zur Übernahme der CS durch die UBS im Originallaut. Die ersten drei Seiten bilden die Verordnung, danach folgen die Erläuterungen.
quelle: keystone / michael buholzer
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90 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Philosoraptor form. Beckham
11.08.2023 10:33registriert August 2015
Für mich bestätigt das eigentlich nur nochmals, dass die CS für die UBS ein Jahrhundert-Schnäppchen war. Auf Kosten der CS-Aktionäre natürlich.
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Popo Catepetl
11.08.2023 11:05registriert September 2014
„Von nun an trägt der Bund – und somit auch die Steuerzahlenden – kein Risiko mehr bezüglich der Übernahme der CS durch die UBS.“

Haha, ja genau..! Wir sehen uns bei der nächsten Krise, die man ja nicht kommen sehen konnte…🤦🏻‍♂️
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Andi Weibel
11.08.2023 11:28registriert März 2018
Bevor jetzt alle erleichtert aufatmen und jubeln: Natürlich wird der Bund der UBS weiterhin allfällige Ausfälle finanzieren, wenn sie in Schieflage gerät. Ab sofort zahl die UBS für diese implizite Staatsgarantie einfach keine Gebühren mehr.
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