Wer zum Städtebummel in die norditalienische Trendstadt Bologna fahren will, kann dies seit Sonntag so bequem wie noch nie tun. Mit dem Fahrplanwechsel haben die SBB eine tägliche Direktverbindung von Zürich nach Bologna lanciert. Neben der 2020 eingeführten Eurocity-Verbindung nach Genua bauen die SBB das Streckennetz nach «Bella Italia» Zug um Zug aus. Die Umwelt und die Italien-Fans freut's: Nach Norditalien zu fliegen, ist definitiv überflüssig.
Nur zwei Tage später kündigt die Swiss an, ab Frühling 2022 Bologna neu in ihr Streckennetz aufzunehmen. Viermal pro Woche fliegt Helvetic Airlines künftig im Auftrag der Swiss in die Universitätsstadt.
Das ist gleich aus mehreren Gründen absurd.
In Italien haben die Hochgeschwindigkeitszüge gerade eine Airline gekillt. Weitere dürften folgen. Ein wichtiger Grund für das Aus von Alitalia sind die bei Passagieren sehr beliebten Frecciarossa-Züge, die mit 300 km/h auf der Achse Mailand–Bologna–Florenz–Rom verkehren. Die «roten Pfeile» haben den Fluglinien auf der einst «goldenen» Route die Passagiere abgegraben. Die Verbindungen haben auch die Reisezeit in die Schweiz massiv verkürzt.
Von Zürich nach Bologna benötigt man mit einmal Umsteigen 4 h 51 Minuten. Von Bern sind es 4 h 30 Minuten. Von Stadtzentrum zu Stadtzentrum ist man damit nur minim länger unterwegs als mit der Swiss-Maschine.
Das alles mit Gratis-Wifi, Beinfreiheit und je nach gebuchter Klasse mit Willkommensdrink und Snacks – ohne Warterei an Check-In und Gate, ohne Transfer zum und vom Flughafen.
Nicht nur beim Komfort, auch beim Preis liegt die Bahn vorne. Bei den SBB kostet die Direktfahrt von Zürich nach Bologna (retour / Halbtax) 100 Franken. Mit den Frecciarossa-Zügen (Umsteigen in Mailand) sind es 120 Franken. Bei der Swiss kosten die billigsten Retour-Flüge 140 Franken, das Gepäck kostet aber zusätzlich.
Am meisten profitiert aber die Umwelt. In Zeiten der Klimakrise sind Kurzstreckenflüge in bestens mit dem Zug erschlossene Städte wie Bologna schlicht unnötig und unverantwortlich. Umso mehr, als die Swiss-Flugzeiten (Mittag, Vormittag) auf Touristen ausgelegt sind. Zwar fliegt Helvetic mit dem treibstoffsparenden Embraer E190-E2 nach Bologna. Dennoch werden tausende Liter Flugbenzin verbrannt. Wer von Zürich nach Bologna jettet, stösst laut dem Umweltrechner von myclimate 266 Kilogramm CO2 aus. Dies entspricht rund 110 Litern Benzin.
Am Schluss entscheiden natürlich die Kundinnen und Kunden respektive der Markt, ob die Swiss-Flüge nach Bologna rentieren oder nicht. Aus Klima-Sicht bleibt zu hoffen, dass diese Verbindung so richtig floppt und dass die Swiss mittelfristig zugunsten des Umweltschutzes auf derartige Flüge verzichtet.
Natürlich ist die Swiss angewiesen, ihren Hub in Zürich mit Umsteigepassagieren zu füttern. Passagiere für die Langstreckenverbindungen könnten von Mailand, München, Paris und Co. auch mit dem Zug zum Drehkreuz Zürich-Kloten gebracht werden.
Dazu müsste die Swiss stärker mit Bahnen kooperieren – und die Passagiere von der Zug-Flug-Combo überzeugen. Ganz einfach ist dies nicht: Zwar bietet die Swiss mit der SBB einen «Flugzug» zwischen Genf und Zürich Flughafen an. Trotzdem fliegt die Airline weiterhin mehrmals täglich von der Rhone- in die Limmatstadt. Auch das ist klimapolitisch absolut grotesk.
Ebenso Luft nach oben gibt es im Italienverkehr bei der SBB. Der als Hochgeschwindigkeitszug angepriesene Giruno-Zug von Hersteller Stadler Rail fährt nämlich ab Milano nicht über die Highspeed-Strecke nach Bologna, sondern über die alte Route via Parma und Modena. Dies verlängert die Fahrzeit auf sechs Stunden. Wer in Milano auf den Frecciarossa umsteigt, kommt hingegen 70 Minuten früher in Bologna an.
Es wäre wünschenswert, wenn die SBB auf dieser Route in die «oberste Zugliga» beziehungsweise auf das Topspeed-Trassee vorstossen könnten. Dies obschon der SBB-Giruno nur mit Tempo 250 statt wie die Frecciarossa 300 km/h schafft. Wenn schon unterwegs, sollte die SBB gleich bis Rom weiterbrettern. Diese Pläne gibt es schon: Ab 2024 soll ein Nachtzug von Zürich bis Rom fahren. Eine Hochgeschwindigkeits-Tagesverbindung würde diese Strecke für Touristen wie Geschäftsleute noch attraktiver machen.
Fliegen macht Sinn, nach New York, oder Sidney. Aber nicht für nur zwei Tage!
Und nach Bologna oder Frankfurt, macht der Zug definitiv mehr Sinn.