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Bundesverwaltungsgericht hebt Finma-Verfügung zu AT1-Anleihen auf

Es geht um 16,5 Milliarden: Bundesverwaltungsgericht hebt Finma-Verfügung zur CS auf

14.10.2025, 13:0014.10.2025, 14:24

Bei der Übernahme der Credit Suisse duch die UBS im März 2023 spielten sogenannte AT1-Anleihen eine wichtige Rolle. Damals hatte die Finma solche Papiere im Wert von über 16 Milliarden Franken per sofort für wertlos erklärt.

Ursprung des Falls ist das Massnahmenpaket des Eidgenössischen Finanzdepartements, der Finanzmarktaufsicht (Finma), der Nationalbank sowie der beiden Banken bei der Rettungsaktion vom 19. März 2023, wie das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag mitteilte.

AT1 steht für Additional Tier-1. Solche Anleihen sind hybride Bank-Instrumente: Sie gelten als risikoreiches Kapital, das eine Bank in Krisenzeiten heranzieht. Im Gegenzug zahlt sie höhere Zinsen. In den Vertragsbedingungen dieser Papiere ist jedoch meist festgelegt, dass sie bei einem so genannten Viability Event - also wenn die Bank in ernsthafte Schieflage gerät oder staatliche Hilfe benötigt - vollständig auf null abgeschrieben oder in Eigenkapital umgewandelt werden können. Solche Papiere wurden von vielen Schweizer Banken im Nachgang zur grossen Finanzkrise 2008 herausgegeben.

Als die CS im Frühjahr 2023 in gravierende Schieflage geraten war und die UBS als Retter eingesprungen war, ordnete die Finanzmarktaufsicht (Finma) an, sämtliche AT1-Anleihen der CS mit einem Nominalwert von über 16 Milliarden Franken vollständig abzuschreiben. Gleichzeitig übernahm die UBS die CS in einem staatlich arrangierten Notfalldeal mit Unterstützungsmassnahmen von Bund und Nationalbank. Während die Inhaber der AT1-Papiere ihr Geld verloren, erhielten Aktionäre im Rahmen der Übernahme zumindest eine geringe Entschädigung in Form von UBS-Aktien. Kritiker sehen darin eine Verletzung der Hierarchie von Gläubigern und Eigentümern.

Teil davon war die Abschreibung der Additional Tier 1 Kapitalinstrumente (AT1-Instrumente) im Nominalwert von etwa 16,5 Milliarden Franken. In einer Ergänzung der Notverordnung ermächtigte der Bundesrat die Finma zu der entsprechenden Verfügung.

Dagegen klagten 3000 Beschwerdeführer in rund 360 Verfahren. Das Bundesverwaltungsgericht gab ihnen in seinem Teilentscheid recht und hob die Verfügung auf. Über die Rückabwicklung hat das Gericht noch nicht entschieden. Es sistiert die anderen Verfahren, bis die Aufhebung rechtskräftig ist.

Zahlreiche Investoren - darunter Fonds und institutionelle Anleger aus Asien, dem Nahen Osten und den USA - klagten daraufhin gegen die Schweiz und die Finma. In den USA forderten Kläger über 370 Millionen Dollar Schadenersatz. Ein Bundesgericht in New York wies die Klage Ende September 2025 jedoch ab: Die Schweiz könne aufgrund diplomatischer Immunität nicht vor US-Gerichten verklagt werden.

Die Finma nehme den Teilentscheid des BVGer entgegen, erklärte eine Finma-Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. Sie werde diesen nun analysieren. Die UBS kommentiere den Entscheid nicht, hiess es bei der Grossbank. In der Vergangenheit hatten UBS-Vertreter mehrfach betont, dass die Abschreibung der AT1-Anleihen ein sehr wichtiges Element für die Übernahme der CS durch die Konkurrentin UBS gewesen sei.

Auch beim Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) hiess auf Anfrage, man nehme das Urteil zur Kenntnis und werde es analysieren. Das Finanzdepartement verwies darauf, dass der Bund bzw. das EFD in dem Verfahren nicht Partei ist.

Zivilklage scheiterte in den USA

Erst vor zwei Wochen waren Anleihensgläubiger der Credit Suisse in den USA mit einer Zivilklage gegen die Schweiz gescheitert. Das zuständige US-Bezirksgericht in New York wies ihre Forderung im Umfang von 370 Millionen US-Dollar ab. In dem Fall ging es um die Abschreibung von AT1-Anleihen bei der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Das Gericht in New York habe entscheiden, dass die Eidgenossenschaft aufgrund der Staatenimmunität in dieser Angelegenheit nicht seiner Gerichtsbarkeit unterliege. Damit sei es der Argumentation des Bundes gefolgt.

Eine Gruppe internationaler Investorinnen und Investoren hatte die Klage im Juni 2024 eingereicht. Die Kläger wehrten sich gegen eine Anordnung der Finanzmarktaufsicht Finma bei der Notrettung der Credit Suisse durch die UBS vom 19. März 2023. Darin hatte die Finma angeordnet, die AT1-Anleihen der Credit Suisse auf Null abzuschreiben.

«Durch diese Anordnung griff die Schweiz unrechtmässig in die Eigentumsrechte der Kläger ein», monierte die Gruppierung bei Einreichung der Klage. Sie kritisierte namentlich, die Schweiz habe weitere potenzielle Käufer unberücksichtigt gelassen. Darüber hinaus, und um die Übernahme für die UBS so attraktiv wie möglich zu machen, habe die Schweiz die ausstehenden AT1-Anleihen der Credit Suisse in Höhe von rund 17,3 Milliarden Dollar ausgelöscht.

Kernkapital der Bank

AT1-Anleihen sind nachrangige Anleihen, die im Zuge der Finanzkrise 2008 geschaffen wurden, um in Schieflage geratene Banken vor dem Zusammenbruch zu schützen. Sie werden dem Kernkapital einer Bank zugerechnet.

Die Schuldpapiere können in Eigenkapital umgewandelt und abgeschrieben werden. Die Finma hatte am 19. März 2023 erklärt, dass mit der Hilfestellung der öffentlichen Hand für die Credit Suisse ein Ereignis eingetreten sei, das ein solches Vorgehen rechtfertige. (sda/awp)

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