Wie sieht wohl ein Himmel mit drei Sonnen aus? Könnten wir jenen fernen Exoplaneten besuchen, der vermutlich im Dreifachsystem GW Orionis existiert, böten sich unseren Augen bestimmt faszinierende Sonnenuntergänge. Falls es diesen Himmelskörper tatsächlich gibt, ist er der erste von Astronomen entdeckte Planet, der drei Sterne zugleich umkreist.
In unserem Sonnensystem umkreisen sämtliche acht Planeten ein und dieselbe Sonne. Doch dies ist nicht die Regel im Weltraum: Die meisten Sterne entstehen als Teil eines Mehrfachsystems, bleiben indes nicht immer langfristig aneinander gebunden. Doppelsternsysteme sind sehr häufig, und manche von ihnen werden – anders als früher angenommen – von einem oder mehreren Planeten umkreist.
Zwar sind bereits Dreifachsysteme bekannt, in denen es Planeten gibt, beispielsweise KOI-5 im Sternbild Schwan, wo der Exoplanet KOI-5Ab die Sonne KOI-5A umkreist. In diesen Fällen befinden sich die Exoplaneten aber jeweils auf einer Umlaufbahn um eine Sonne, und nicht um alle drei.
Das könnte sich nun ändern. Ein Team von Astronomen um Jeremy Smallwood von der University of Nevada hat Hinweise darauf gefunden, dass ein Planet in dem rund 1300 Lichtjahre von der Erde entfernten Dreifachsystem GW Orionis im Sternbild Orion sich in einem solchen Zirkumtripel-Orbit befindet. Ihre Erkenntnisse haben sie im Fachmagazin «Monthly Notices of the Royal Astronomical Society» veröffentlicht.
GW Orionis besteht aus zwei Sternen, die sich im Abstand von lediglich einer Astronomischen Einheit (AE) – dem Abstand zwischen Erde und Sonne; rund 150 Millionen Kilometer – einmal in 241 Tagen umkreisen, sowie einem dritten, kleineren Stern, der die anderen zwei in grösserem Abstand einmal in 11,5 Jahren umkreist. Interessant ist GW Orionis für die Astronomen aber vornehmlich aus einem anderen Grund: Im vergangenen Jahr zeigten Beobachtungen des Very Large Telescope (VLT), dass gleich drei grosse Staubringe dieses Sternsystem umgeben, die bis zu 338 Astronomische Einheiten weit ins All hinausreichen.
Diese drei enormen Staubringe sind zudem leicht gegeneinander gekippt, wie Aufnahmen des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile zeigten. Die beiden äusseren Ringe sind nur leicht unterschiedlich geneigt, weichen aber um 38 Grad von der Ebene des innersten Rings ab; zudem gibt es eine breite Lücke zwischen diesem inneren Ring und den äusseren Staubgürteln.
Bei diesen Staubringen handelt es sich um eine sogenannte protoplanetare Scheibe, die jedoch auseinandergerissen wurde. In solchen ringförmigen Scheiben aus Gas und Staub, die um einen oder mehrere junge Sterne kreisen, bilden sich in einem noch nicht vollständig verstandenen Prozess Planeten. Genau dies könnte nun auch in der protoplanetaren Scheibe von GW Orionis geschehen sein. Smallwoods Team überprüfte mittels eines astrophysikalischen Modells, ob die Neigung der Ringe und die Lücke zwischen ihnen durch die gravitationsbedingten Scherkräfte des Dreifachsystems entstanden sein könnten – oder durch den Einfluss eines jungen Planeten in einem Zirkumtripel-Orbit.
Die Astronomen kommen zum Schluss, dass die Scherkräfte der drei Sterne allein nicht ausreichend waren, um die protoplanetare Scheibe aufzureissen. Hingegen erwies sich das Modell als stimmig, wenn ein Planet von mindestens der Masse des Jupiters in die Berechnungen miteinbezogen wurde. Ein solcher Gasriese wäre massereich genug, um die Scheibe zu destabilisieren, eine Lücke aufzureissen und diese dauerhaft offenzuhalten, indem er das umliegende Material einsammelt.
Ein solcher Planet – es könnten gar mehrere Planeten sein – wäre erst etwa eine Million Jahre alt und noch stets im Wachstum begriffen. Gefunden haben die Astronomen den oder die Himmelskörper allerdings noch nicht; es besteht daher durchaus die Möglichkeit, dass noch andere Faktoren die beobachteten Anomalien verursacht haben könnten. Klarheit könnten weitere Beobachtungen mit dem ALMA- und dem VLT-Teleskop schaffen. In den kommenden Monaten werden diese Teleskope GW Orionis näher unter die Lupe nehmen.
Der Nachweis dürfte sich allerdings als schwierig erweisen – falls der Planet existiert, befindet er sich in einer Entfernung von mehr als 50 Astronomischen Einheiten von seinen Zentralgestirnen. Dies ist zu weit weg, um noch einen messbaren gravitationsbedingten Effekt auf die drei Sonnen von GW Orionis auszuüben. Zudem erschweren die Staubringe es massiv, den Planeten bei einem Transit vor einem der Sterne zu beobachten. Wir dürfen weiterhin gespannt sein. (dhr)