Trump verliert US-Repräsentantenhaus und hält Senat

Trump verliert US-Repräsentantenhaus und hält Senat

07.11.2018, 06:32

Donald Trump hat die Kongresswahlen in den USA überstanden - mit nur moderaten Verlusten. Den wichtigen Senat konnten seine Republikaner halten. Das Repräsentantenhaus geht an die Demokraten - doch die Trendwende bleibt aus.

US-Präsident Donald Trump hat bei den Kongresswahlen in den USA die Mehrheit im Repräsentantenhaus eingebüsst, kommt aber mit vergleichsweise moderaten Verlusten davon. Seine Republikaner konnten die Mehrheit im Senat dank günstiger Voraussetzungen klar halten. Die genau künftig Sitzverteilung in beiden Kammern stand zunächst noch nicht fest.

Im Abgeordnetenhaus werden künftig die Demokraten - erstmals seit acht Jahren - das Sagen haben. Dies wird Trump das Regieren erschweren. Der Präsident resümierte dennoch auf Twitter: «Grossartiger Erfolg heute Abend.»

Die nach der Parteifarbe der Demokraten benannte und von der Opposition beschworene «blaue Welle» ist nach den bisherigen Ergebnissen trotz einer hohen Wahlbeteiligung weitgehend ausgeblieben. Befragungen nach der Stimmabgabe bestätigten, dass die Wahlen in hohem Masse ein Referendum über die Amtsführung des Präsidenten waren. Die bis zum späten Dienstagabend (Ortszeit) vorliegenden Ergebnisse zeigten jedoch, dass die Anti-Trump-Welle offenbar weniger wuchtig ausfiel als von den Demokraten erhofft.

Besonders ermutigend dürfte für den Präsidenten sein, dass in den insgesamt 470 Rennen um Plätze im Repräsentantenhaus und im Senat vor allem Bewerber seiner Partei positiv abschnitten, die er selbst unterstützte. Um dem neuen Senator Mike Braun zu helfen, fuhr Trump allein vier Mal nach Indiana. Im Rennen um das Amt des Gouverneurs in Florida war der glühende Trump-Anhänger Ron DeSantis erfolgreich. Parteiinterne Trump-Gegner wie etwa Carlos Curbelo in Florida taten sich schwer.

Heftiger Wahlkampf

Dem Wahltag am 6. November war ein intensiver und teilweise bis an die Grenze der Fairness reichender Wahlkampf vorausgegangen. Donald Trump, der selbst nicht zur Wahl stand, hatte nach Angaben des Weissen Hauses auf 50 Kundgebungen gesprochen, davon alleine 30 in den letzten beiden Wochen.

Trump hatte vor allem auf das Thema Migration gesetzt und - ohne Belege zu nennen - düstere Szenarien von gewalttätigen Einwanderern gezeichnet. Nachwahlbefragungen des Senders CNN gingen allerdings davon aus, dass für die Wähler besonders das Thema Gesundheitspolitik eine Rolle spielte.

Zu den prominenteren Opfern bei den Demokraten gehörte die Senatorin Heidi Heitkamp in North Dakota. Sie hatte gegen ihren Widersacher Kevin Cramer jedoch schon seit Wochen fast hoffnungslos in Umfragen zurückgelegen. Joe Donelly muss in Indiana nach sechs Jahren im Senat die Segel streichen.

In Texas schaffte es der demokratische Hoffnungsträger Beto O'Rourke um Haaresbreite nicht, den Amtsinhaber und früheren Präsidentschaftsbewerber Ted Cruz aus dem Amt zu hieven. In Utah konnte der frühere Gegenkandidat von Barack Obama, Mitt Romney, den Sitz für die Republikaner erwartungsgemäss locker halten.

Trump im Dauereinsatz

Trumps Sprecherin Sarah Sanders hatte sich in einer frühen Reaktion vorsichtig optimistisch gezeigt. Der Präsident habe eine «unglaubliche» Nacht.

Das Weisse Haus rief die Demokraten dazu auf, bei einem Sieg im Repräsentantenhaus keine Untersuchungen gegen Präsident Donald Trump voranzutreiben. Die traditionelle Abstimmung zur Hälfte der Amtszeit eines Präsidenten ist immer auch ein Referendum über dessen Politik. Bei Trump gilt das in besonderer Weise, weil er das Land so stark polarisiert hat.

Der 72-Jährige war bis zum Schluss des Wahlkampfes im Dauereinsatz gewesen und hatte nach Ansicht vieler Wahlforscher erfolgreich seine Anhängerschaft mobilisiert. Trump geisselte die Demokraten als Gefahr für das Land und warnte vor einer «Invasion» von Migranten. Seine Gegner warfen ihm vor, gesellschaftliche Gräben zu vergrössern und das politische Klima zu vergiften.

Impeachment unwahrscheinlich

Die Mehrheit im Repräsentantenhaus bietet den oppositionellen Demokraten neue Möglichkeiten. So können sie Aussagen erzwingen und sich interne Papiere vorlegen lassen. Somit könnten die Demokraten versuchen, Trump zur Vorlage seiner ausstehenden Steuererklärungen zu zwingen.

Dies wiederum könnte theoretisch die Grundlage für ein Amtsenthebungsverfahren («Impeachment») bilden, das mit der einfachen Mehrheit im Repräsentantenhaus beschlossen werden kann.

Allerdings ist die sich abzeichnende Mehrheit der Demokraten nach Ansicht vieler Experten möglicherweise wegen potenzieller interner Abweichler zu gering. Allgemein wird erwartet dass die inzwischen 78-Jahre alte Nancy Pelosi sich als Führerin der Mehrheitsfraktion noch einmal zur Vorsitzenden der Kammer wählen lassen will. Sie rief in einer ersten Reaktion zur Einigkeit auf. «Wir sind eine Nation», betonte sie. Pelosi kündigte für die nächsten zwei Jahre Initiativen zum Ausbau der Infrastruktur und zum Kampf gegen die Korruption an.

Bernie Sanders wiedergewählt

Zu Siegern im Rennen um Senatsposten auf Seiten der Demokraten zählen unter anderem auch der der parteilose Senator Bernie Sanders, der meist mit den Demokraten stimmt, die mögliche Präsidentschaftskandidatinnen Elizabeth Warren und Kirsten Gillibrand sowie Hillary Clintons Ex-Vizepräsidentschaftskandidat Tim Kaine (Virginia) und Bob Menendez (New Jersey).

Auch bei den auf Bundesstaatsebene zu vergebenen Gouverneursposten, von denen 36 zur Wahl standen, verzeichneten die Demokraten einige Achtungserfolge, etwa in Illinois, Michigan und New Mexico. Allerdings erfüllten sich nicht alle Hoffnungen der Demokraten. So unterlag im Bundesstaat Florida ihr afroamerikanischer Kandidat Andrew Gillum dem Republikaner Ron DeSantis, der ein leidenschaftlicher Trump-Unterstützer ist.

Höhere Wahlbeteiligung

Ähnlich wie die Republikaner hatten es aber offenbar auch die Demokraten verstanden, grosse Teile ihrer Wählerschaften erfolgreich zu mobilisieren. Nicht zuletzt Trumps Amtsvorgänger Barack Obama hatte in den letzten Wahlkampftagen die Werbetrommel für die Kandidaten seiner Partei gerührt.

Die Wahlbeteiligung, bei den sogenannten «Midterms» traditionell gering, lag höher als vor vier Jahren. Genau Zahlen standen jedoch zunächst aus. (sda/dpa/afp)

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