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Könnte Jesus bei seiner Wiederkunft die Menschen überzeugen?

24.03.2024, Th
Jesus als Kultfigur bei einer Prozession.Bild: keystone
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Könnte Jesus bei seiner Wiederkunft die Menschen überzeugen, der Sohn Gottes zu sein?

Jesus Christus dürfte bei der Erfüllung seiner göttlichen Mission auf der Erde auf grosse Widerstände stossen.
04.05.2024, 08:0004.05.2024, 14:40
Hugo Stamm
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Jesus Christus ist vermutlich die bekannteste Figur in der Menschheitsgeschichte. Obwohl er laut Bibel schon vor 2000 Jahren gelebt haben soll, kennen ihn die meisten Menschen rund um den Globus. Zwar nicht direkt aus der Bibel, aber immerhin vom Hörensagen.

Diesen überwältigenden Erfolg verdankt er dem Mythos, der Sohn Gottes zu sein. Für gläubige Christen ist er ein Held. Zur Legendenbildung trug aber auch sein asketischer Lebensstil bei. Vor allem sein Märtyrertod: Als Teil der göttlichen Dreifaltigkeit menschliche Qualen am Kreuz zu erleiden, ist ein starkes Stück.

Unerschrocken und rebellisch

Verehrt wird Jesus zudem dank seiner Unerschrockenheit und rebellischen Haltung. Er legte sich mit den Mächtigen an und kämpfte für die Entrechteten und Armen.

Er hatte ausserdem eine gehörige Portion Glück, dass er zum Gründer der grössten Weltreligion wurde. Jesus Christus war zur rechten Zeit am rechten Ort. Als sei es eine göttliche Vorsehung gewesen. Deshalb frage ich mich manchmal, was passieren würde, wenn er heute wiederkehren würde, um sein Werk zu vollenden.

Zuerst müsste er ein Dilemma überwinden. Als Jude sollte er das auserwählte jüdische Volk anführen und die Thora lehren. Das wäre aber in der heutigen Zeit ein heikles Unterfangen, das bei vielen Leuten nicht gut ankommen würde.

Endzeitvisionen christlicher Fundis.Video: YouTube/aus Glauben leben

Man denke an den Gaza-Krieg, den erneut aufflammenden Antisemitismus und die rechtsradikalen Strömungen in der westlichen Welt. In diesen Kreisen zirkulieren Verschwörungstheorien von der angeblichen geheimen jüdischen Weltregierung, die die globale Macht an sich reissen will. Jesus bräuchte bei öffentlichen Auftritten wohl Polizeischutz.

Beim Einzug in Jerusalem müsste er ein noch grösseres Hindernis überwinden. Die Juden betrachten ihn nicht als Sohn Gottes, sondern lediglich als Prophet. Deshalb könnte er nicht damit rechnen, dass die Passanten auf die Knie fallen würden.

Endzeit-Sehnsucht

Abwegig ist das Szenario mit dem Auftauchen von Jesus nicht. Strenggläubige Christen hoffen sehnlichst auf seine prophezeite Wiederkunft. Er soll als Messias das Reich Gottes vollenden und die rechtgläubigen Christen erlösen.

Viele Freikirchen weltweit kultivieren deshalb apokalyptische Visionen. Die aktuellen Kriege, Seuchen und Katastrophen sind für sie jene Zeichen, die in der Bibel als Voraussetzung für seine Wiederkunft genannt werden. Manche entwickelten eine Endzeitsehnsucht und erklären, wir würden in den letzten Tagen leben.

Bei seiner Wiederkunft müsste Jesus über seinen Schatten springen. Aussagen und Hinweise im Neuen Testament deuten klar darauf hin, dass er überzeugt war, der Jüngste Tag werde bald anbrechen. Ein fataler Irrtum, den er zuerst eingestehen und verdauen müsste.

Die Juden würden dem wiedergeborenen Jesus kaum helfen, das Reich Gottes zu vollenden. Muslime, Hindus und Buddhisten liessen sich wohl auch nicht bekehren. Und die Christen der grossen Kirchen, die viele biblische Geschichten als Gleichnisse oder Metaphern betrachten, wären mit Sicherheit überrumpelt. Sie bräuchten klare Beweise, dass es sich tatsächlich um den Sohn Gottes handle.

Es ist fraglich, ob der rebellische Jesus an den Huldigungen der prüden und frömmlerischen Christen aus den Freikirchen Freude hätte.

Gefordert wäre vor allem der Papst, der in theologisch wichtigen Fragen bekanntlich unfehlbar ist. Möglicherweise würde er ein Tribunal veranstalten oder ein Konzil einberufen, um Rückendeckung von den Kardinälen zu bekommen.

Bleiben noch die strenggläubigen Christen, die vor allem in Freikirchen aktiv sind. Bei ihnen würde Jesus offene Türen einrennen. Ob der rebellische Jesus an den Huldigungen der prüden und frömmlerischen Gläubigen Freude hätte, steht auf einem anderen Blatt.

Es gibt viele Christusse

Eine Hypothek für den «echten Jesus» wäre auch der Umstand, dass in den letzten Jahrhunderten immer wieder neue Christusse aufgetreten sind. Ihr Missionserfolg blieb aber stets bescheiden, weil sie radikal, psychisch belastet oder unglaubwürdig waren.

Die Zeit für die Wiederkunft wäre eigentlich so gut wie selten zuvor. Dank der Medien und des Internets könnte Jesus die göttlichen Botschaften in Sekundenschnelle um die Welt schicken.

Es gäbe allerdings ein anderes Hindernis. Heute sind die Leute gebildet und skeptisch, wenn es um überzogene Versprechen wie beispielsweise die Errichtung eines Paradieses geht. Sie wollen plausible Hinweise, wasserdichte Quellen oder gar Beweise.

Schliesslich werden wir überflutet von falschen Versprechungen. Sowohl in der Politik als auch in der Konsumwelt. Und nicht selten auch von Religionen und deren Führer. Ob Jesus mit Wunderheilungen die Christen überzeugen könnte, tatsächlich der Sohn Gottes zu sein, steht in den Sternen. Schliesslich wimmelt es heute von Geistheilern, die ebenfalls Wunder versprechen.

Es besteht also die Gefahr, dass Jesus mit der neuerlichen Mission auf der Erde ein zweites Mal scheitern würde.

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Hugo Stamm, Sektenblog
Bild: zvg
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.

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1080 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Händlmair
04.05.2024 08:18registriert Oktober 2017
Jesus würde nicht nur scheitern, er würde vermutlich verhaftet, weggesperrt oder sogar (je nach Land) hingerichtet. Schon wieder.

Wenn man die unterschiedlichen Kulturen, Ideologien oder Regierinungen in der Welt anschaut, bekommt man das Gefühl, dass ein Teil der Menschheit gar kein Frieden, kein schönes oder glückliches Leben will. Überall sieht man nur Übervorteilung, Unterjochung, Ausnutzung, Verwüstung, Zunichtemachung, und Konflikte und Kriege.

Ich bin mir nicht sicher, ob ein Jesus oder sonst ein, von was auch immer, gesandten Propheten, die Menschheit wirklich retten könnte.
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dimsum guerilla
04.05.2024 09:59registriert Oktober 2021
“ Könnte Jesus bei seiner Wiederkunft die Menschen überzeugen, der Sohn Gottes zu sein?”

Ja, aber nur auf TikTok.
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MALUS
04.05.2024 10:24registriert Januar 2021
Lustig was man sich für Fragen ausdenken kann.

😀«Könnte Jesus seiner Wiederkunft die Menschen überzeugen…?»

😀«Was würde Zahnfee arbeiten, wenn es keine Milchzähne gäbe?»

😀«Was wenn Obelix nicht in den Zaubertrank gefallen wäre?»

Laut einem Dr.Experten wäre hier Bibelkenntnis dringend nötig, bevor man solche Fragen diskutiert.

Wozu, warum konnte er nicht erklären, ich vermute, dass es etwas mit seinem persönlichen Aberglauben / Endzeitglauben zu tun hat. Zum Glück ist der Unsinn nicht verbindlich und andere dürfen hier auch kommentieren.
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Das sind die höchsten Wasserfälle pro Kanton – Basel und Genf werden dich überraschen
Jetzt im Frühling sind Wanderungen zu Wasserfällen schlicht nur eines: spektakulär. Denn jetzt führen die Gewässer viel Wasser und so toben die Kaskaden. Das Beste dabei: Auch von deiner Haustüre ist es nicht weit zum nächsten Wasserfall.

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