Venezuelas frühere Staatsanwältin Luisa Ortega hat schwere Korruptionsvorwürfe gegen Präsident Nicolás Maduro erhoben. Beweise dazu will sie den Behörden anderer Länder übergeben.
Dies sagte Ortega am Mittwoch während eines Treffens mit Vertretern regionaler Staatsanwaltschaften in Brasilia. Sie bezichtige auch weitere ranghohe Sozialisten der Korruption.
Ortega war vergangene Woche aus Angst vor Verfolgung per Boot aus ihrem Heimatland Venezuela geflüchtet. Sie galt lange als linientreue Funktionärin, in den vergangenen Monaten brach sie aber mit Maduro und warf ihm autoritäre Tendenzen vor. Zuletzt hatte sie offen vor der Errichtung einer Diktatur in Venezuela gewarnt.
Sie wirft dem Staatschef Verfassungsbruch vor und versuchte vergeblich, mittels mehrerer Beschwerden die verfassunggebende Versammlung zu verhindern. Diese hat sich grosse Teile der Vollmachten des Parlaments angeeignet, das von der Opposition beherrscht wird. Die neue Versammlung hatte Ortega Anfang August entlassen.
Maduro will Interpol einschalten
Die 59-jährige Juristin war am Freitag - gut zwei Wochen nach ihrer Entlassung - zunächst in die kolumbianische Hauptstadt Bogotá gereist. Am Dienstag flog sie weiter nach Brasília. Ortega wurde von ihrem Mann, dem Abgeordneten Germán Ferrer, begleitet. Gegen ihn liegt in Venezuela ein Haftbefehl vor.
«Sie haben Angst, weil sie wissen, dass wir Einzelheiten über die Zusammenarbeit kennen», sagte Ortega in der vergangenen Woche bei einer Videokonferenz mit Staatsanwälten aus Lateinamerika in Mexiko gesagt. Es gehe um zahlreiche Fälle von Bereicherung, die auch Maduro «und sein direktes Umfeld» beträfen.
Der venezolanische Staatschef Nicolás Maduro erklärte, sein Land werde bei Interpol einen internationalen Haftbefehl gegen das Paar wegen Korruption beantragen. Beide seien in «schwere Verbrechen» verwickelt.
Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos teilte am Montag mit, Ortega stehe «unter dem Schutz der kolumbianischen Regierung». Sie werde Asyl bekommen, wenn sie es beantrage.
Chile gewährt Richtern Asyl
Derweil wurde fünf venezolanischen Richtern von Chile Asyl gewährt, die im Vormonat Zuflucht in der chilenischen Botschaft in Caracas gesucht hatten. «Wir haben die Regierung Venezuelas aufgefordert, ihnen freies Geleit für ihre Ausreise nach Chile zu gewähren», sagte am Dienstag der chilenische Aussenminister Heraldo Muñoz.
Die Juristen gehören einer Gruppe von 33 Richtern an, die vom demokratische gewählten Parlament für den Obersten Gerichtshof ernannt worden waren. Die Regierung von Präsident Maduro hat die Vereidigung dieser Richter nicht anerkannt und bereits mehrere von ihnen festgenommen.
Seit Anfang April hält sich auch der venezolanische Oppositionspolitiker Roberto Enríquez in der chilenischen Botschaft in Caracas auf. Der Präsident der christsozialen Partei Copei hatte wegen der politischen Umstände in seinem Land um Schutz gebeten, jedoch bislang kein Asyl beantragt.
In Venezuela tobt seit Monaten ein erbitterter Machtkampf zwischen dem linksnationalistischen Präsidenten Maduro und der Mitte-rechts-Opposition. Die auf Geheiss von Maduro gewählte verfassunggebende Versammlung soll die Verfassung novellieren.
Die Opposition, die die Wahl Ende Juli boykottiert hatte, erkennt die Versammlung nicht an. Mehrere Staaten der Region verweigern ihr ebenfalls die Anerkennung. (sda/afp/dpa)